Das Flüstern der Nacht
…«, setzte Leesha an.
»Sie werden kostenlos an alle weitergegeben, die sie haben möchten«, fiel der Tätowierte Mann ihr ins Wort und zog die schockierten Blicke aller auf sich.
»Die Horclinge sind die Feinde der gesamten Menschheit, Minister«, fuhr er fort. »In dieser Hinsicht stimmen die Krasianer und ich überein. Ich werde niemandem die Siegel verweigern, der sie zum Kampf gegen die Dämonen einsetzen will.«
»Sofern sie überhaupt Wirkung zeigen«, knurrte Thamos.
Der Tätowierte Mann drehte sich zu ihm um, bis er ihm voll ins Gesicht sehen konnte, und selbst ein Prinz hielt diesem harten Blick nicht lange stand. Thamos senkte die Lider und der Tätowierte Mann nickte.
»Wonda«, sagte er, ohne die junge Frau dabei anzusehen, die bei der Nennung ihres Namens zusammenzuckte, »gib mir einen
Pfeil aus deinem Köcher.« Wonda zog einen Pfeil heraus und legte ihn in die Hand, die der Tätowierte Mann ihr über die Schulter entgegenreckte. Der Tätowierte Mann legte den Pfeil auf seine flachen Hände und bot ihn dem Prinzen als Geschenk an; aber er verbeugte sich dabei nicht, sondern blieb aufrecht stehen wie ein Ebenbürtiger.
»Probiert die Kampfsiegel aus, Euer Hoheit«, riet er. »Stellt Euch heute Nacht auf die Mauerkrone und lasst diesen Pfeil von einem Bogenschützen auf den größten Dämon abschießen, der sich blickenlässt. Dann entscheidet selbst, ob die Siegel wirkungsvoll sind oder nicht.«
Thamos wich ein wenig zurück, doch rasch straffte er wieder die Schultern, als wolle er auf keinen Fall furchtsam erscheinen. Er nickte und nahm den Pfeil entgegen. »So soll es geschehen.«
Der Erste Minister stemmte sich von dem Sessel hoch und Pawl sauste herbei, um die feuchte Tinte auf den Blättern zu trocknen und die Papiere wieder in der Ledermappe zu verstauen. Während er die Schreibutensilien einsammelte und die Tischplatte abwischte, trat Janson zu Prinz Thamos.
»Ich denke, das wäre vorläufig alles«, stellte Janson fest. »Seine Gnaden wird euch morgen in seiner Residenz empfangen, eine Stunde nach Sonnenaufgang. Aber ich lasse euch mit einer Kutsche abholen, um … Unannehmlichkeiten vorzubeugen«, sein Blick streifte den Tätowierten Mann, »solltet ihr auf der Straße gesehen werden.«
Der Tätowierte Mann verbeugte sich. »Das ist sehr großzügig von Euch, Minister«, bedankte er sich. Leesha knickste und Rojer machte eine Verbeugung.
»Minister!« Leesha rückte näher an ihn heran und senkte die Stimme. »Ich habe gehört, dass Seine Gnaden … bis jetzt noch keinen Erben gezeugt hat.«
Prinz Thamos klappte den Mund auf und wollte zu einer barschen Entgegnung ansetzen, aber mit einer Handbewegung gebot
Janson ihm Einhalt. »Es ist kein Geheimnis, dass es für den Efeuthron keinen Erben gibt, Meisterin Leesha«, bestätigte er ruhig.
»Meisterin Bruna verfügte über ein umfangreiches Wissen, wenn es darum ging, Unfruchtbarkeit zu heilen, und auch ich bin auf diesem Gebiet sehr bewandert. Ich würde es als Auszeichnung sehen, wenn man mir gestatten würde, mit meinen Kenntnissen zu dienen.«
»Mein Bruder ist durchaus imstande, auch ohne deine Hilfe einen Erben in die Welt zu setzen«, fauchte Thamos ärgerlich.
»Selbstverständlich, Hoheit«, lenkte Leesha ein und sank in einen tiefen Knicks. »Ich dachte nur, es könnte vielleicht nicht schaden, die Herzogin zu untersuchen, für den Fall, dass die Schwierigkeiten bei ihr liegen.«
Janson runzelte die Stirn. »Hab Dank für das freundliche Angebot, aber Ihre Hoheit wird von Ihren eigenen Kräutersammlerinnen behandelt und ich möchte dir dringend ans Herz legen, dieses Thema vor Seiner Gnaden nicht anzuschneiden. Ich werde deinen Vorschlag an angemessener Stelle unterbreiten.«
Es war eine vage Antwort, aber Leesha nickte, erwiderte nichts darauf und knickste noch einmal. Janson sah sie noch einmal prüfend an, dann steuerten er und Thamos auf die Tür zu. Ehe er ging, wandte der Minister sich noch einmal an Rojer: »Kann ich mich darauf verlassen, dass du die Jongleurgilde aufsuchst, um deinen Status zu klären und deine noch ausstehenden Schulden zu tilgen, bevor du die Stadt wieder verlässt?«, fragte er.
»Das ist doch selbstverständlich«, nuschelte Rojer mit düsterer Miene.
»Die Geschichten über deine jüngsten Abenteuer dürften für die Gilde sicher von hohem Wert sein und vermutlich zum Begleichen der vollen Summe ausreichen. Aber ich hoffe, du lässt die gebührende Vorsicht walten, wenn es darum
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