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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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anderen bereit, sollte der Herzog sie in seine Gemächer beordern. Leesha schätzte sie auf höchstens sechzehn Sommer.
    »Melny, das ist Meisterin Leesha vom Tal der Holzfäller«, stellte Araine ihre Begleiterin vor.
    »Vom Tal des Erlösers«, berichtigte Leesha. Araine warf ihr einen halb nachdenklichen, halb duldsamen Blick zu.
    »Meisterin Leesha besitzt große Sachkenntnis, was das Problem der Unfruchtbarkeit betrifft, und wird dich jetzt untersuchen. Zieh dein Kleid aus«, bestimmte Araine.
    Das Mädchen nickte, fasste hinter sich und löste ohne zu zögern die Bänder des Mieders. Es bestand kein Zweifel daran, wer über die Frauen des Herzogs herrschte. Melnys Zofen eilten sofort herbei, um ihr beim Ausziehen zu helfen, und bald lag das Gewand der Herzogin säuberlich gefaltet neben dem Bett.

    »Untersuche sie, wie du es für richtig hältst«, murmelte Araine, während die Zofen noch beschäftigt waren. Dabei sprach sie so leise, dass niemand außer Leesha sie verstehen konnte. »Das Mädchen wurde öfter begrapscht und befingert als eine billige Schenkenhure.«
    Leesha schüttelte den Kopf und empfand Mitleid mit dem armen Ding, doch sie bückte sich, öffnete ihren Kräuterbeutel und verteilte eine Anzahl von Fläschchen und Tupfern auf der Spiegelkommode der Herzogin. Sie hatte auf diese Gelegenheit gehofft und sich mit den erforderlichen Utensilien ausgerüstet.
    Die junge Herzogin stand still und ergeben da, als Leesha die Untersuchungen vornahm, doch als sie ihr Herz abhorchte, merkte sie, dass es aufgeregt hämmerte. Wahrscheinlich hatte das Mädchen Angst, fürchtete sich vor dem, was mit ihr passieren würde, wenn auch sie keinen Erben gebar, so wie ihre Vorgängerinnen. Leesha fragte sich, ob sie überhaupt eine Wahl gehabt hatte, als sie diese Verbindung einging, oder ob die Ehe, wie es in ganz Thesa gang und gäbe war, von den Eltern arrangiert wurde, ohne die geringste Rücksicht auf ihre Wünsche zu nehmen.
    Sie nahm eine Urinprobe, machte Abstriche von den Scheidensekreten, vermischte die Proben mit verschiedenen Chemikalien und wartete die Ergebnisse ab. Geschickt betastete sie den Leib des Mädchens und ging sogar so weit, mit einem Finger in sie einzudringen, um den Gebärmutterhals zu prüfen. Zum Schluss lächelte sie die Herzogin an. »Es scheint alles in Ordnung zu sein, Euer Hoheit. Ich danke Euch für Eure Mithilfe. Ihr könnt Euch wieder anziehen«
    »Danke, Meisterin«, erwiderte die Herzogin. »Hoffentlich findest du heraus, was mit mir nicht stimmt.«
    »Ich glaube nicht, dass mit Euch etwas nicht stimmt, meine Liebe«, entgegnete Leesha. »Aber sollte da etwas sein, das behandelt werden muss, dann seid versichert, dass ich Euch helfen werde.« Die Herzogin lächelte matt und nickte. Vermutlich hatte
sie dasselbe schon von einem Dutzend anderer Kräutersammlerinnen gehört. Sie hatte keinen Grund, anzunehmen, dass Leesha sich von ihnen unterschied.
    Die Herzogin stellte sich wieder ans Fenster, während Leesha zur Spiegelkommode ging, um zu prüfen, inwieweit sich die Proben verändert hatten. Die Herzoginmutter gesellte sich zu ihr.
    »Dem Mädchen fehlt gar nichts«, erklärte Leesha. »Mit diesem Körper kann sie eine ganze Armee gebären.«
    Araine reichte ihr ein kleines Netz mit getrockneten Kräutern. »Hieraus braut die Herzogliche Kräutersammlerin ihren Fruchtbarkeitstee.«
    Leesha schnupperte an dem Inhalt des Beutels. »Das Übliche. Es richtet keinen Schaden an, aber ich könnte etwas Wirksameres … obwohl das ohnehin keine Rolle spielt.«
    »Du glaubst, es liegt an meinem Sohn.«
    Leesha zuckte die Achseln. »Der nächste sinnvolle Schritt wäre natürlich, den Herzog zu untersuchen, Euer Gnaden.«
    Araine schnaubte abfällig. »Dieser sture Esel erlaubt es kaum einer Kräutersammlerin, in seinen Hals zu sehen, wenn er erkältet ist und sich die Eingeweide aushustet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dich an seine Männlichkeit heranlässt …« Sie musterte Leesha von oben bis unten und lächelte spöttisch, »… es sei denn du wolltest ihn auf die altmodische Art untersuchen und Proben von seinem Samen nehmen.«
    Leesha verzog wütend das Gesicht und Araine lachte.
    »Das dachte ich mir!«, gackerte sie. »Soll das Mädchen die Aufgabe übernehmen. Wozu ist eine junge Herzogin sonst gut?«

    Minister Janson blieb in dem Wartezimmer, als die Herzoginmutter sich mit Leesha und Wonda entfernte. Er zog ein schmales
Kästchen aus glattem, lackiertem Eichenholz

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