Das Flüstern der Nacht
garantiere ich Euch!«
»Ich fürchte diese Wüstenratten nicht.« Euchor winkte ab. »Sollen sie ruhig anrücken und sich an meinen Bergen aufreiben! Von mir aus können sie dieses Land aus Eis und Felsen belagern und ausprobieren, ob ihre Sandsiegel sie vor Schneedämonen schützen, während sie vor meinen Mauern verhungern.«
»Und was ist mit Euren Dörfern?«, fragte der Tätowierte Mann. »Wollt ihr die dort lebenden Menschen einfach opfern?«
»Ich kann mein Herzogtum auch ohne Unterstützung verteidigen«, prahlte Euchor. »In meiner Bibliothek befinden sich Bücher über die Wissenschaft der Kriegsführung sowie Pläne für Waffen und Maschinen, mit denen wir diese Wilden zerschmettern können, ohne selbst nennenswerte Verluste zu erleiden.«
»Wenn Ihr mir eine Bemerkung gestattet, Euer Gnaden«, mischte sich nun Fürsorger Ronnell ein. Er verneigte sich tief, und als Euchor nickte, eilte er die Stufen zum Podest hinauf, beugte sich vor und flüsterte dem Herzog etwas zu.
Mit seinem geschärften Gehör verstand der Tätowierte Mann jedes gemurmelte Wort.
»Euer Gnaden, seid Ihr sicher, dass es weise wäre, solche Geheimnisse der Welt zurückzugeben?«, fragte der Fürsorger. »Die Kriege der Menschen waren es doch, die den Fluch erst über uns brachten.«
»Würdest du eine Heimsuchung durch die Krasianer vorziehen?«, zischte Euchor zurück. »Was wird mit den Fürsorgern des Schöpfers geschehen, wenn die Evejaner sich hier einnisten?«
Ronnell zögerte. »Euer Einwand ist berechtigt, Euer Gnaden.« Unter Verbeugungen zog er sich zurück.
»Ihr wollt also kein Bündnis eingehen«, fuhr der Tätowierte Mann fort. »Aber wie lange kann Miln ohne Getreide, Fische und Holz aus dem Süden überleben? Die Herzoglichen Gärten mögen ja Euren Palast versorgen, aber wenn der Rest der Stadt hungert, wird man Euch hinter Euren Wällen hervorzerren.«
Euchor bleckte die Zähne, aber er ließ sich Zeit mit der Antwort. »Nein«, verkündete er schließlich, »ich werde keine Milneser Soldaten in den Süden schicken, damit sie sterben, nur um Rhinebeck zu retten. Wenn ich mich zu diesem Schritt entschließe, dann verlange ich eine angemessene Gegenleistung von ihm.«
Der Tätowierte Mann kochte innerlich angesichts dieser kurzsichtigen Einstellung, aber damit hatte er rechnen müssen. Jetzt kam es auf geschicktes Verhandeln an.
»Herzog Rhinebeck hat mich ermächtigt, gewisse Zugeständnisse zu machen. Er wird seine Leute nicht aus der Hälfte von Flussbrücke entfernen, die ihm seiner Ansicht nach zusteht; aber solltet Ihr ihm Hilfe gewähren, ist er bereit, Euch über einen Zeitraum von zehn Jahren fünfzig Prozent seiner Zölle abzutreten.«
»Was? Nur die Hälfte, und das lediglich ein Jahrzehnt lang?«, höhnte Euchor. »Davon kann man ja kaum die Verpflegung für die Soldaten bestreiten.«
»Es gibt da noch einen gewissen Verhandlungsspielraum, Euer Gnaden«, versicherte der Tätowierte Mann.
Euchor schüttelte den Kopf. »Das reicht nicht. Das reicht bei weitem nicht. Wenn Rhinebeck auf meine Unterstützung Wert legt, will ich eine großzügige finanzielle Entschädigung und noch mehr.«
Der Tätowierte Mann legte den Kopf schräg. »Wenn Ihr die Güte hättet, Euch näher zu erklären, Euer Gnaden …«
»Rhinebeck hat immer noch keinen männlichen Erben zustande gebracht, ist es nicht so?«, fragte Euchor unverblümt. Mutter Jone sackte das Kinn herunter, und den anderen Männern im Raum war bei diesem peinlichen Thema sichtlich unbehaglich zumute.
»In der Tat geht es ihm genauso wie Euch, Euer Gnaden.« Der Tätowierte Mann wollte weitersprechen, doch mit einer Handbewegung schnitt Euchor ihm das Wort ab.
»Ich habe Enkelsöhne«, trumpfte er auf. »Meine Blutlinie ist gesichert.«
»Ich bitte um Vergebung, aber was hat das mit einer Allianz zu tun?«, wunderte sich der Tätowierte Mann.
»Nun, wenn Rhinebeck so erpicht darauf ist, sich mit mir zu verbünden, dann muss er eine meiner Töchter heiraten«, erklärte Euchor und schaute über die Schulter auf die drei hässlichen Frauen, die hinter seinem Thron standen. »Und die Brückenzölle sind sein Verlobungsgeschenk.«
»Aber sind Eure Töchter nicht alle Mütter?« Der Tätowierte Mann konnte seine Verwirrung nicht verbergen.
»Allerdings«, versetzte Euchor stolz, »ihre Fruchtbarkeit ist erwiesen, alle haben Söhne in die Welt gesetzt, und trotzdem stehen sie noch in der Blüte ihrer Jugend.«
Wieder betrachtete der
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