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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Tätowierte Mann die Frauen. Sie kamen ihm eher ziemlich verblüht vor, aber diese Meinung behielt er für sich. »Euer Gnaden, ich meinte, sind sie nicht alle verheiratet?«

    Euchor zuckte die Achseln. »Schon, allerdings mit Angehörigen des niederen Adels. Mit einem Fingerschnippen kann ich ihre Gelöbnisse rückgängig machen, und jede von ihnen wäre hocherfreut, den Platz neben Rhinebecks Thron einzunehmen und ihm einen Sohn zu gebären. Er darf sich sogar aussuchen, welche meiner Töchter er haben will.«
    Eher würde Rhinebeck sterben, dachte der Tätowierte Mann. Es wird nie eine Allianz geben.
    »Ich bin nicht ermächtigt, in derlei heiklen Angelegenheiten eine Entscheidung zu treffen«, entgegnete er.
    »Natürlich nicht«, stimmte Euchor zu. »Noch heute lasse ich dieses Angebot schriftlich niederlegen und schicke meinen Herold zu Rhinebecks Hof, damit er ihm meinen Vorschlag persönlich unterbreitet.«
    »Euer Gnaden«, quiekte Keerin, der wieder blass geworden war. »Ihr braucht mich doch sicher an Eurer Seite, um …«
    »Du wirst nach Angiers gehen«, schnauzte der Herzog. »Andernfalls werfe ich dich von meinem Turm!«
    Keerin machte eine Verbeugung und bemühte sich, seine Jongleurmiene aufzusetzen, doch seine Panik ließ sich nicht ganz verbergen. »Selbstverständlich ist es mir ein große Ehre, nach Angiers zu reisen, sofern Ihr mich von meinen Pflichten hier entbindet.«
    Euchor gab ein Knurren von sich, dann wandte er sich wieder dem Tätowierten Mann zu. »Du hast mir immer noch nicht den Preis für deine Kampfsiegel genannt.«
    Der Tätowierte Mann lächelte, griff in seine Tasche und zog ein Grimoire aus handvernähten, in Leder gebundenen Seiten heraus. »Diese hier?«
    »Sagtest du nicht, du hättest sie nicht mitgebracht?« Euchor kniff argwöhnisch die Lippen zusammen.
    Lässig zuckte der Tätowierte Mann mit den Schultern. »Ich habe gelogen.«
    »Was willst du dafür haben?«, drängte der Herzog noch einmal.
    »Ich möchte, dass Bannzeichner und Vorräte nach Flussbrücke geschickt werden, während dein Herold nach Angiers reist. Außerdem will ich einen herzoglichen Erlass, der besagt, dass sämtliche Flüchtlinge von der anderen Seite des Grenzflusses die Brücke zollfrei passieren dürfen, und eine Garantie, dass sie den ganzen Winter über Verpflegung, Unterkunft und Schutz erhalten.«
    »Und das alles für ein Buch voller Siegel?«, empörte sich Euchor. »Lächerlich!«
    Der Tätowierte Mann zuckte die Achseln. »Wenn Ihr die übernehmen wollt, die ich Rhinebeck verkauft habe, solltet Ihr lieber schnell mit ihm verhandeln, bevor die Krasianer seine Stadt niederbrennen.«
    »Die Bannzeichnergilde wird natürlich für die Kosten aufkommen, Euer Gnaden«, versicherte Ragen auf dieses Stichwort hin.
    »Es steht außer Frage, dass die Kuriergilde sich beteiligt«, fügte Malcum rasch hinzu.
    Aus schmalen Augen musterte Euchor die Männer, und da wusste der Tätowierte Mann, dass er gewonnen hatte. Euchor war klar, dass die Gildemeister die Siegel selbst ergattern würden, sollte er sie ausschlagen; dann hätte er die Kontrolle über den größten Fortschritt in der Magie verloren, der seit dem Ersten Dämonenkrieg gemacht worden war.
    »So etwas würde ich von meinen Gilden nie verlangen«, wehrte der Herzog ab. »Die Krone trägt die Kosten.« Er nickte dem Tätowierten Mann zu. »Und Flüchtlinge, die es so weit nach Norden geschafft haben, sollen bei uns Aufnahme finden. Das ist schließlich das mindeste, was Miln tun kann. Vorausgesetzt, diese Leute leisten einen Treueeid.«
    Der Tätowierte Mann runzelte die Stirn, doch er nickte, und auf ein Zeichen von Euchor hin trat Fürsorger Ronnell eilig vor, um ihm das Buch abzunehmen. Malcum starrte mit gierigen Blicken darauf.

    »Möchtest du im Schutz der Karawane nach Angiers zurückreisen?«, fragte der Herzog, bestrebt, sich nicht anmerken zu lassen, dass er den Tätowierten Mann möglichst schnell wieder loswerden wollte.
    Der Tätowierte Mann schüttelte ablehnend den Kopf. »Ich danke Euch, Euer Gnaden, aber ich kann mich selbst schützen.« Er verbeugte sich und verließ ohne Aufforderung den Saal.

    Es war ein Kinderspiel, die Männer abzuschütteln, die Euchor ihm als Beschatter hinterherschickte. In der Stadt hatte der morgendliche Trubel begonnen, und die Straßen waren vollgestopft mit Menschen, als der Tätowierte Mann auf die Bibliothek des Herzogs zusteuerte. Jeder, der ihn sah, wie er die Marmortreppe zum

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