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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Rojer vor. »Kräutersammlerin vom Tal des Erlösers.« Leesha breitete ihre Röcke aus und sank in einen Knicks. Jardir starrte ihr in den tiefen Kleiderausschnitt, bis sie sich wieder erhob. Er konnte den Blick nicht von ihrem Busen abwenden. Dann schaute sie ihm kühn ins Gesicht, und es traf ihn wie ein Schock, als er sah, dass ihre Augen blau waren wie der Himmel.
    Einem spontanen Impuls folgend nahm Jardir ihre Hand und küsste sie. Er war sich über die Dreistigkeit dieser Geste im Klaren, vor allen Dingen, weil sie Fremde waren, aber Everam begünstigte die Tapferen. Leesha sog hastig den Atem ein und ihre blassen Wangen röteten sich ein wenig. In diesem Moment kam sie ihm womöglich noch schöner vor.
    »Habt Dank für eure Hilfe«, sagte Leesha und deutete mit einem Kopfnicken auf die toten alagai , die zu Hunderten auf der Lichtung lagen.
    »In der Nacht sind alle Männer Brüder«, erwiderte Jardir und verbeugte sich noch einmal. »Dann stehen wir vereint zusammen.«
    Leesha nickte. »Und bei Tag?«
    »Es scheint, als könnten die Frauen des Nordens mehr als nur kämpfen«, murmelte Ashan auf Krasianisch.
    Jardir lächelte. »Ich denke, bei Tag sollten alle Menschen genauso vereint zusammenstehen.«
    Leesha kniff leicht die Augen zusammen. »Vereint unter deiner Herrschaft?«
    Jardir spürte, wie Ashan und die Männer des Nordens sich verspannten. Es war, als würde niemand sonst auf der Lichtung etwas zählen. Nur auf sie beide kam es an, ob das schwarze Dämonenblut auf dem Schlachtfeld sich bald mit rotem Menschenblut vermischen würde.
    Aber Jardir hegte keinerlei Befürchtungen; er hatte das Gefühl, als sei diese schicksalhafte Begegnung seit langem vorbestimmt. In
einer hilflosen Geste spreizte er die Hände. »Eines Tages vielleicht, wenn Everam es will.« Er verneigte sich wieder.
    An Leeshas Mundwinkeln zupfte ein Lächeln. »Wenigstens bist du ehrlich. Die Nacht ist noch jung. Werden du und deine Ratgeber den Tee mit uns teilen?«
    »Die Einladung ehrt uns. Dürfen meine Krieger auf dieser Lichtung ihre Pferde anpflocken und Zelte aufschlagen, während sie warten?«
    »Am hinteren Ende«, erklärte Leesha. »An dieser Seite haben wir noch zu arbeiten.«
    Jardir maß sie mit einem neugierigen Blick; dann bemerkte er die Nordländer, die sich nach dem Ende der Schlacht hinausgewagt hatten. Es waren kleinere, schwächere Männer als die Äxte schwingenden Krieger, und sie fingen an, glitzernde Objekte vom Schlachtfeld aufzusammeln.
    »Was tun sie da?«, fragte er, mehr, um wieder ihre Stimme zu hören als aus aufrichtigem Interesse an dem Treiben der nördlichen khaffit .
    Leesha sah sich um, dann bückte sie sich und hob eine Glasflasche auf, die sie Jardir gab. Die Flasche besaß eine elegante Form, war schön in ihrer Schlichtheit.
    »Zertrümmere sie mit dem Griff deines Schwerts«, forderte sie ihn auf.
    Jardir runzelte die Stirn; er verstand nicht, warum er etwas so Schönes zerstören sollte. Vielleicht war es ein Freundschaftsritual. Er zog den Speer des Kaji aus dem Gurt und kam ihrer Bitte nach, doch der Knauf prallte mit einem Klirren von der Flasche ab, ohne dass sich auch nur der feinste Riss im Glas zeigte.
    »Bei Everams Bart«, murmelte Jardir. Noch mehrere Male versuchte er, die Flasche zu zersplittern, aber es gelang ihm nicht. »Unglaublich!«
    »Das Glas trägt Siegel«, erklärte Leesha, hob die Flasche vom Boden auf und reichte sie ihm.

    »Ein fürstliches Geschenk«, meinte Ashan auf Krasianisch. »Zumindest behandeln sie dich respektvoll.«
    Jardir nickte.
    »Unsere Völker könnten viel voneinander lernen, wenn wir nicht nur bei Nacht, sondern auch tagsüber Frieden hielten«, sagte Leesha.
    »Ich stimme dir zu.« Jardir sah ihr fest in die Augen. »Lass uns auch das beim Tee ausführlich besprechen.«

    »Hast du seine Krone gesehen?«, zischelte Leesha.
    Rojer nickte. »Und seinen Metallspeer. Er ist der, über den Marick und der Tätowierte Mann sprachen.«
    »Offensichtlich. Aber ich meinte noch etwas anderes in Bezug auf die Krone. Dieselben Siegel trägt der Tätowierte Mann auf seiner Stirn.«
    »Tatsächlich?« Rojer war baff.
    Leesha nickte und senkte die Stimme, damit nur er sie verstehen konnte. »Ich glaube, Arlen hat uns nicht alles erzählt, was er über diesen Mann weiß.«
    »Ich kann es nicht fassen, dass du ihn zum Tee eingeladen hast«, mischte sich Wonda plötzlich ein.
    »Hätte ich ihm lieber ins Gesicht spucken sollen?«, gab Leesha zurück.
    Wonda

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