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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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uns und all diejenigen, welche in dieser Nacht nicht an einer gedeckten Tafel sitzen dürfen.«
    »In diesem Jahr kann von üppiger Fülle wohl kaum die Rede sein«, murrte Elona und nahm sich einen der harten Kekse, während sie angewidert die Nase rümpfte. Plötzlich zuckte sie heftig zusammen, und an der Art, wie sie Leesha wütend anfunkelte, erriet Jardir, dass ihre Tochter sie unter dem Tisch getreten hatte.
    »Es tut mir leid, dass wir euch keine bessere Kost anbieten können«, sagte Leesha, als Jardirs und ihre Blicke sich kreuzten, »aber der Krieg hat unser Dorf hart getroffen. Wir mussten Tausende von Flüchtlingen aufnehmen, denen sinnloserweise ihr gesamter Besitz geraubt wurde. Noch schlimmer ist, dass die meisten von ihnen viele Angehörige verloren haben, Menschen, die sie lieben und die ihnen alles bedeuteten.«
    »Sinnloserweise?«, knurrte Ashan auf Krasianisch. »Diese Barbaren beleidigen dich und deinen Heiligen Weg, Erlöser!«
    »Nein!«, zischte Abban. »Das ist eine Provokation. Überlege dir deine Antwort gut!«
    Ashan sah aus, als wolle er ihn mit Blicken töten.

    »Schweigt still, alle beide!«, fauchte Jardir. Er wandte sich von Leesha und ihrer Mutter ab und nickte dem Fürsorger zu.
    »Euer Tischgebet ist ähnlich wie das unsere«, erklärte er. »In Krasia betet man sogar über einer leeren Schüssel, denn mit Everams Willen kann sie einem in gewisser Weise Stärke verleihen, wie eine volle es niemals könnte.«
    Er schaute wieder zu Leesha. »Man sagte mir, noch vor einem Jahr sei euer Dorf klein gewesen und hätte sich von anderen Weilern kaum unterschieden. Nun jedoch ist diese Ansiedlung groß und mächtig. Auf euren Straßen sehe ich keine Menschen, die Hunger leiden. Niemand bettelt oder klagt, es gibt keine Krüppel. Stattdessen bietet ihr der Nacht die Stirn und kämpft gegen Hunderte von Dämonen. Meine Ankunft hat euer Dorf gestählt und es stärker gemacht.«
    » Du hast es nicht stärker gemacht«, begehrte Gared auf. »Es war der Tätowierte Mann, zu einer Zeit, als ihr noch draußen in eurer Wüste Sand gefressen habt.«
    Hasik erstarrte. Jardir bezweifelte, dass er den vollen Wortlaut verstanden hatte, doch der Tonfall des Riesen sprach für sich. Er wackelte mit den Fingern und gab Hasik ein Zeichen, Ruhe zu bewahren.
    »Ich wüsste gerne mehr über diesen Tätowierten Mann«, erwiderte Jardir. »In Everams Füllhorn habe ich viel von ihm gehört, aber kein einziger dieser Berichte stammte von jemandem, der ihm persönlich begegnet ist.«
    »Er ist der Erlöser, mehr brauchst du nicht zu wissen«, grummelte Gared. »Brachte uns die Magie zurück, die vor langer Zeit verlorenging.«
    »Kampfsiegel gegen die alagai «, ergänzte Jardir. Gared nickte.
    »Kann ich eine Waffe sehen, die diese Siegel trägt?«, bat Jardir.
    Gared zögerte und sah hilfesuchend zu Leesha. Jardir folgte seinem Blick, und wieder drohte er in den verborgenen Tiefen ihrer
blauen Augen, die kühlem Wasser glichen, zu ertrinken. Als sie lächelte, durchlief ihn ein Schauer.
    »Wir werden dir eine zeigen«, schlug Leesha mit kokettem Lächeln vor, »wenn wir eine eurer Waffen sehen dürfen. Vielleicht deinen Speer?«
    Selbst Abban verschlug es angesichts ihrer Kühnheit die Sprache, aber Jardir erwiderte ihr Lächeln. Als er nach seinem Speer greifen wollte, hielt Ashan seine Hand fest.
    »Erlöser, nein!«, zischte Ashan. »Der Speer des Kaji darf von keinem chin berührt werden!«
    »Er ist nicht mehr der Speer des Kaji, Ashan«, gab Jardir auf Krasianisch zurück. »Er ist der Speer des Ahmann, und ich mache mit ihm, was ich will. Es wäre nicht das erste Mal, dass er in den Händen eines chin liegt, und dennoch hat er nichts von seiner Kraft eingebüßt.«
    »Und wenn sie versuchen, ihn zu stehlen?« Hasik ließ nicht locker.
    Seelenruhig sah Jardir ihn an. »In diesem Fall töten wir jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Dorf und machen die Siedlung dem Erdboden gleich.«
    Nachdem diese Frage geklärt war, hielt er den Speer waagerecht vor sich. Als Antwort darauf fasste Gared an seinen Gürtel und zückte eine lange Klinge. Hasik und Shanjat spannten jede Faser ihres Körpers an, zum Zuschlagen bereit, doch der Hüne drehte die Waffe um und hielt sie an der Klinge, damit er Jardir den Griff reichen konnte. Gleichzeitig tauschten sie die Waffen aus.
    Danach war jede Form von Etikette und Zurückhaltung vergessen, als die des Bannzeichnens Kundigen auf beiden Seiten herbeistürzten, um

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