Das Flüstern der Nacht
in dieser Angelegenheit vertreten?«
»Nichts wäre mir lieber«, gab Elona selbstzufrieden zurück und fing sich damit einen bitterbösen Blick ihrer Tochter ein.
»Was bedeutet das?«, erkundigte sich Rojer verdattert.
Inevera lächelte kokett. »Sie soll gewährleisten, dass du dich korrekt benimmst, wenn die Mädchen ihre Schleier lüften, und sie wird ihre Jungfräulichkeit überprüfen.«
Rojers Gesicht fing wieder an zu glühen, und er schluckte an einem Kloß in seiner Kehle.
»Ich …«, stammelte er, aber Inevera nahm keine Notiz mehr von ihm.
»Amanvahs Mutter bin ich«, erklärte sie Elona. »Findet das deine Billigung?«
»Natürlich«, erwiderte Elona ernst, als gäbe es eine andere Antwort, die ein vernünftiger Mensch auszusprechen gewagt hätte.
Inevera nickte, dann drehte sie sich zu den anderen Anwesenden um. »Lasst uns jetzt bitte allein.«
Keiner rührte sich, bis Elona forsch in die Hände klatschte. »Seid ihr taub? Alle Mann raus hier! Nein, du nicht, Rojer, du bleibst hier!« Sie hielt ihn am Arm zurück, als auch er sich in Bewegung setzte.
Leesha blieb ebenfalls stehen.
»Du hast hier nichts zu suchen, Tochter des Erny!«, erklärte Inevera. »Du gehörst weder zur Familie der Braut noch zu der des Bräutigams!«
»Oh, das sehe ich aber anders, Damajah «, widersprach Leesha. »Wenn meine Mutter Rojer beisteht, dann darf ich, als ihre Tochter, den Platz von Rojers Schwester einnehmen.« Lächelnd beugte sie sich näher an Inevera heran. »Der Evejah drückt sich in diesem Punkt sehr klar aus«, fügte sie selbstgefällig hinzu.
Inevera verzog wütend das Gesicht und öffnete den Mund, aber Rojer kam ihr zuvor. »Ich will, dass sie bleibt!« Die Worte endeten
mit einem Quieken, als Inevera herumwirbelte und ihn anstarrte; doch dann legte sie ein honigsüßes Lächeln in ihre Züge und verbeugte sich. »Wie du wünschst.«
»Verriegle die Tür, Leesha«, forderte Elona ihre Tochter auf. »Ich möchte nicht, dass Gared unter dem Vorwand, er hätte seine Axt vergessen, hier hereinstolpert.«
Inevera lachte, und die offenkundige Erheiterung der beiden Frauen erschreckte Rojer mehr als alles andere. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl; Elona schien viel besser über das Ganze im Bilde zu sein als er selbst.
Leesha wirkte ebenfalls ein wenig angespannt, doch ob auch sie sich über dieses merkwürdige Lachen Gedanken machte oder ob es sie nur fuchste, dass ihre Mutter sie wie selbstverständlich herumkommandierte, konnte er nicht sagen. Auf jeden Fall ging sie zu der vergoldeten zweiflügeligen Tür und legte den Riegel mit einem Knall vor, der Rojer zusammenzucken ließ. Er fühlte sich als würde man ihn einsperren, anstatt Gared und die anderen auszuschließen.
Inevera schnippte mit den Fingern, worauf beide Mädchen den Rücken strafften, ohne sich jedoch aus ihrer knienden Stellung zu erheben.
»Amanvah ist eine dama’ting .« Inevera legte dem weiß gewandeten Mädchen eine Hand auf die Schulter. »Heilerin, Hebamme und von Everam auserwählt. Sie ist jung, aber sie hat ihre Würfel geschnitzt und alle Prüfungen bestanden.«
Sie sah Leesha an und lächelte. »Vielleicht kann sie die Kratzspuren in deinem Gesicht behandeln«, schlug sie vor und deutete auf die roten Male, die von Ineveras scharfen Fingernägeln stammten.
Leesha erwiderte das Lächeln. »Mir scheint, dass du überaus häufig blinzelst, Damajah . Brennen deine Augen? Wenn du es wünschst, kann ich dir eine lindernde Tinktur zubereiten.«
Gespannt beobachtete Rojer Inevera und rechnete mit einer boshaften Entgegnung; doch die behielt ihr Lächeln bei und fuhr
ungerührt fort: »Ich selbst habe meinem Gemahl acht Söhne und drei Töchter geschenkt. Alle Frauen in meiner Familie sind ebenfalls sehr fruchtbar, und die Gebeine sagen voraus, dass Amanvah viele Kinder gebären wird.«
»Gebeine?«, stutzte Leesha.
Inevera runzelte die Stirn. »Das geht dich nichts an, chin !«, versetzte sie schnippisch.
Im nächsten Moment kehrte ihr scheinbar unbekümmertes Lächeln zurück. »Wichtig ist, dass Amanvah dir Söhne schenken wird, Sohn des Jessum. Sikvahs Mutter hat ihre Fruchtbarkeit ebenfalls bewiesen. Auch deine Nebenfrau wird ständig guter Hoffnung sein.«
»Gut, aber können sie singen?«, fragte Rojer, in dem peinlichen Bemühen, sein Unbehagen zu zerstreuen. Das war die Pointe eines beliebten zotigen Witzes, den Arrick gern erzählte. Die Geschichte drehte sich um einen Mann, der niemals Befriedigung
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