Das Flüstern der Nacht
Umgebung betörte. So wie Rojer die Dämonen mit seiner Fiedel beeinflusste, verführte die Damajah Männer mit ihrem Körper. Er merkte, wie er steif wurde, und war dankbar für den lockeren Sitz seiner weit geschnittenen, knallbunten Hose.
Sie stand im Empfangsraum, hinter sich zwei Mädchen, die nach der krasianischen Tradition, von der Inevera sich selbst losgesagt hatte, verhüllt waren; allerdings bestanden ihre Gewänder aus edler Seide. Ein Mädchen trug die weiße Robe einer dama’ting , das andere war in Schwarz gekleidet. Unter ihren Kopftüchern fielen lange, schwarze Zöpfe mit eingeflochtenen goldenen Bändern
über ihre Rücken. Hinter den Schleiern blitzten ihm ihre Augen entgegen.
»Rojer asu Jessum am’Schenk am’Brücke«, begann Inevera mit ihrem starken Akzent, der Rojer vor Erregung erschauern ließ. Er versuchte sich daran zu erinnern, dass sie seine Feindin war, doch es wollte ihm nicht gelingen. »Es ist mir eine Ehre, dich zu sehen«, fuhr die Damajah fort und verneigte sich so tief, dass Rojer fürchtete, ihre Brüste könnten aus ihrem Gewand herausrutschen. Er fragte sich, ob es ihr überhaupt etwas ausmachen würde, wenn das passierte. Die Mädchen hinter ihr verbeugten sich noch tiefer.
Rojer machte seinen besten Kratzfuß. »Damajah«, erwiderte er schlicht, da er die korrekte Form der Anrede nicht kannte. »Ich fühle mich geehrt, weil du hierhergekommen bist, um einen so unbedeutenden Menschen wie mich aufzusuchen.«
»Trag nicht zu dick auf, Rojer«, murmelte Leesha.
»Ich bin hier auf Wunsch meines Gemahls«, erklärte Inevera. »Er sagte mir, du hättest sein Angebot, dir Bräute auszusuchen, angenommen, damit deine Magie an künftige Generationen weitervererbt wird.«
»Habe ich das?« Rojer war baff. Er erinnerte sich zwar an den Wortwechsel damals im Tal des Erlösers, doch er hatte das alles für einen Scherz gehalten. Sie glaubten noch nicht etwa …
»Aber ja«, bekräftigte Inevera. »Mein Gemahl bietet dir seine älteste Tochter, Amanvah, als deine Jiwah Ka an.« Das Mädchen in Weiß trat vor, kniete auf dem dicken Teppich nieder und drückte das Gesicht auf den Boden. Die Seidenrobe straffte sich über ihrem Körper und ließ die frauliche Figur erahnen, die sich unter dem Gewand verbarg. Rojer riss sich von dem Anblick los, bevor man ihn beim Gaffen ertappte, und sah die Damajah wie ein erschrockenes Kaninchen an.
»Es muss ein …« Er wollte sagen, dass ein Missverständnis vorliegen müsse, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken, als
Inevera das zweite Mädchen nach vorn winkte. »Das ist Amanvahs Dienerin, Sikvah«, erklärte sie, als auch dieses Mädchen auf die Knie sank. »Tochter von Hanya, einer Schwester des Shar’Dama Ka .«
»Seine Tochter und seine Nichte?«, stammelte Rojer.
Inevera neigte das Haupt. »Mein Gemahl ist zu der Überzeugung gelangt, dass Everam zu dir spricht. Nur Frauen, in denen sein eigenes Blut fließt, sind würdig, deine Gemahlinnen zu sein. Sikvah wäre für dich eine passende Nebenfrau, wenn es dir genehm ist. Amanvah käme dann die Aufgabe zu, dir weitere Bräute nach deinem persönlichen Geschmack auszusuchen.«
»Beim Schöpfer, wie viele Frauen braucht denn ein Mann?«, entschlüpfte es Leesha.
Eifersüchtig?, dachte Rojer voller Genugtuung. Schön. Geschieht dir ganz recht, so was am eigenen Leib zu erfahren.
Inevera sah Leesha herablassend an. »Ein Mann sollte so viele Frauen haben, wie er will, wenn er ihrer würdig ist und umgekehrt. Vorausgesetzt, er kann für sie sorgen und mit ihnen Kinder zeugen. Aber es gibt Frauen«, sie gönnte Leesha ein gehässiges Lächeln, »die es nicht wert sind, von einem solchen Mann auch nur beachtet zu werden.«
»Wer ist Amanvahs Mutter?«, fragte Elona, bevor Leesha etwas entgegnen konnte.
Inevera wandte sich ihr zu und wölbte eine Braue. Elona spreizte ihre Röcke und sank in einen anmutigen, respektvollen Knicks, der gar nicht zu der Frau passte, als die Rojer Leeshas Mutter kennengelernt hatte. »Elona Papiermacher aus dem Tal des Erlösers. Leeshas Mutter«, stellte Elona sich artig vor.
Ineveras Augen weiteten sich bei dieser Neuigkeit, sie setzte ein breites Lächeln auf, ging zu Elona und schloss sie in die Arme. »Natürlich, es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen. Wir beide haben viel zu besprechen, aber das heben wir uns für ein anderes Mal auf. Man gab mir zu verstehen, dass die Mutter des Sohns
von Jessum zu Everam heimgegangen ist. Würdest du sie
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