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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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kommt. Ich bin nicht den ganzen Weg bis hierher gelaufen, um das Schicksal eines Feiglings vorherzusehen.«
    Die Worte verletzten Jardir. Er war kein Feigling. »Wie hast du mich gefunden?«, wollte er wissen.
    »Psst!«, zischelte sie und wedelte mit der Hand. »Ich wusste schon vor Jahren, das ich dich hier finden würde.«
    Jardir sah sie zweifelnd an, aber alles an ihrem Auftreten zeigte, dass seine Meinung ihr völlig gleichgültig war. »Komm her zu mir, Junge, damit ich dich besser sehen kann«, forderte sie ihn auf.
    Jardir gehorchte und die dama’ting griff nach seinem Gesicht und drehte es hierhin und dorthin, damit das Mondlicht darauf fiel. »Jung und stark«, bemerkte sie. »Aber das sind alle, die es so weit geschafft haben. Du bist jünger als die meisten, aber das geht selten gut aus.«
    »Bist du hier, um mir meinen Tod vorherzusagen?«
    »Und vorlaut ist er auch«, murmelte sie. »Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für dich. Knie nieder, Junge.«
    Er tat, was sie von ihm verlangte, und die dama’ting sank mit ihm auf die Knie; zuvor breitete sie ein weißes Tuch aus, um ihre makellosen Gewänder vor dem Staub des Labyrinths zu schützen.
    »Was kümmert mich dein Tod?«, erwiderte sie. »Ich bin hier, um deinen Lebensweg zu sehen. Der Tod ist eine Angelegenheit zwischen dir und Everam.«
    Sie griff in ihre Gewänder und zog einen kleinen Beutel aus dickem schwarzem Filz heraus. Dann löste sie die Zugbänder und kippte den Inhalt mit leisem Rasseln in ihre freie Hand. Jardir sah mehr als ein Dutzend Gebilde, schwarz und glatt wie Obsidian,
in die Siegel eingeritzt waren, die in der Dunkelheit rötlich glühten.
    »Die alagai’hora «, erklärte sie und streckte ihm die Gebilde entgegen. Bei dem Wort schnappte Jardir nach Luft und wich erschrocken zurück. Sie hielt polierte Dämonenknochen in der Hand, die zu vielseitigen Würfeln geschnitzt waren. Auch ohne sie zu berühren konnte Jardir das dumpfe Pochen ihrer bösen Magie spüren.
    »Bist du schon wieder feige?«, fragte die dama’ting milde. »Besteht der Sinn und Zweck der Siegel nicht darin, die Magie der alagai umzukehren und zu unserem eigenen Vorteil zu nutzen?«
    Jardir fasste sich ein Herz und beugte sich wieder nach vorn.
    »Streck deinen Arm aus«, befahl sie, legte den Filzbeutel in ihren Schoß und verteilte darauf die Würfel. Noch einmal griff sie in ihre Gewänder und förderte eine scharfe, gekrümmte Klinge mit eingeätzten Siegeln zutage.
    Jardir hielt ihr seinen Arm hin und musste seine gesamte Willenskraft aufbringen, damit er nicht zitterte. Ein schneller Schnitt, dann drückte die dama’ting auf die Wunde und beschmierte ihre Hand mit Blut. Mit beiden Händen ergriff sie die alagai hora , um sie zu schütteln.
    »Everam, Spender von Licht und Leben, ich flehe dich an, schenke deiner unwürdigen Dienerin das Wissen um die Zukunft. Erzähle mir von Ahmann, Sohn des Hoshkamin, der letzte Nachkomme aus dem Geschlecht des Jardir, des siebenten Sohns von Kaji.«
    Während sie die Würfel schüttelte, verstärkte sich deren Schein und leuchtete durch ihre Finger, bis es schien, als hielte sie glühende Kohlen in den Händen. Endlich warf sie die Knöchelchen vor sich auf den Boden, wo sie sich verteilten.
    Die Hände auf die Knie gestützt, duckte sie sich tief hinunter, um die glimmenden Zeichen zu studieren. Ihre Augen weiteten sich und sie stieß ein Zischen aus. Auf einmal schien es der dama’ting egal zu sein, dass der Dreck ihre blütenweiße Robe beschmutzte, denn in gespannter Haltung kroch sie hin und her, bemüht, das
Muster zu deuten, während der pulsierende Schimmer, der von den Siegeln ausging, allmählich verblasste. »Diese Knochen müssen dem Licht ausgesetzt gewesen sein«, flüsterte sie und sammelte die Würfel wieder ein.
    Wieder machte sie einen Schnitt in Jardirs Haut und rief Everam an, wobei sie heftig zitterte, und wieder flackerten die Würfel in einem unheimlichen Schein, ehe sie sie erneut warf.
    »Das kann nicht sein!«, schrie sie, raffte schnell die Würfel zusammen und warf sie ein drittes Mal. Sogar Jardir erkannte, dass das Muster immer dasselbe blieb.
    »Was hat das zu bedeuten?«, wagte er zu fragen. »Was siehst du?«
    Die dama’ting sah zu ihm hoch, und ihre Augen verengten sich. »Du darfst die Zukunft nicht wissen, Junge«, erklärte sie ihm, und bei ihrem wütenden Tonfall zuckte Jardir zusammen. Er war sich nicht sicher, ob sie sich über seine Dreistigkeit aufregte oder über

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