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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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sie dem Sharum Ka vor ihm nie vergönnt gewesen waren.
    »Die Stämme in der achten Ebene haben immer noch keinen Ruhm geerntet«, bemerkte Ashan. »Wir haben überlegt, ob wir die Tore zum Labyrinth heute Nacht länger auflassen sollten, damit genug alagai für alle hereinkommen.«
    Jardir nickte. »Zusätzliche zehn Minuten«, bestimmte er. »Wenn das nicht reicht, gebt ihr morgen noch einmal zehn Minuten dazu. Heute Nacht werde ich auf der Mauer sein und die neuen Skorpione und Steinschleudern inspizieren.«
    Ashan verneigte sich. »Wie der Sharum Ka befiehlt.«
    Nach dem Essen begaben sie sich in den Sharik Hora , wo die Damaji ihre Erfolge rühmten und die bevorstehende Schlacht segneten. Als die Krieger den Tempel verließen, um in das Labyrinth zu gehen, hielt Jardir seine beiden Leutnants zurück.
    »Heute Nacht trägst du den weißen Turban, Hasik«, erklärte er.
    Ein wilder Glanz trat in Hasiks Augen. »Wie der Sharum Ka befiehlt«, erwiderte er mit einer Verbeugung.
    »Das kann nicht dein Ernst sein!«, protestierte Ashan. »Wenn ein dal’Sharum sich für den Sharum Ka ausgibt, ist das ein Verstoß gegen unsere heiligen Eide!«
    »Unsinn«, widersprach Jardir. »Im Evejah wird berichtet, dass Kaji sich häufig solcher Listen bediente, wenn er seine Vorhaben verheimlichen wollte.«
    »Vergib mir, Erster Krieger«, entgegnete Ashan, »aber du bist nicht der Erlöser.«
    Jardir schmunzelte. »Das mag ja sein. Aber hat der Shar’Dama Ka uns den Evejah nicht eigens zu dem Zweck hinterlassen, dass wir daraus lernen sollen?«
    Ashan runzelte die Stirn. »Und wenn Hasik entlarvt wird?«
    »Das wird nicht geschehen«, meinte Jardir. »Wenn er den Nachtschleier über das Gesicht zieht, können die Katapultmannschaften
ihn nicht erkennen, denn wenn sie mich bis jetzt überhaupt gesehen haben, dann nur von weitem. Steht Hasik jedoch auf der Mauerkrone, kann er von jedem beobachtet werden, und die Sharum müssen glauben, dass ich heute Nacht im Labyrinth war.«
    »Falls du dich irrst, wird man ihn töten«, warnte Ashan.
    Jardir zuckte gleichmütig die Achseln. »Hasik hat Hunderten von alagai die Sonne gezeigt. Sollte ihm der Tod bestimmt sein, wird er im Paradies aufwachen.«
    »Ich habe keine Angst, Sharum Ka «, betonte Hasik.
    Ashan stieß ein Schnauben aus. »Narren fürchten sich nur selten«, murmelte er. »Aber wohin gehst du«, wandte er sich an Jardir, »wenn andere denken sollen, du stündest auf der Mauer?«
    »Ah«, seufzte Jardir, nahm Hasiks schwarzen Turban und umwickelte ihn mit dem Schleier, »das weiß nur ich allein.«

    In der Nacht waren die Straßen von Fort Krasia verwaist. Die wahren Männer zogen alle in die Schlacht, und die gemeinen khaffit , Frauen und Kinder verbarrikadierten sich in der Unteren Stadt. Wie alle Paläste in der Stadt, so war auch der Palast des Sharum Ka durch eine eigene Mauer und Siegel geschützt, und in den tiefer gelegenen Etagen gab es an mehreren Stellen Verbindungen zu dem Gewirr aus Tunneln und Kavernen, das sich unter Fort Krasia ausbreitete. Der Palast war vor alagai sicher, falls es einem Dämon überhaupt gelänge, an Krasias äußeren Mauern vorbeizukommen, was, soweit Jardir wusste, noch nie passiert war.
    Jardir hielt sich in den Schatten, und seine schwarze dal’Sharum -Tracht machte ihn in der Dunkelheit unsichtbar. Selbst wenn sich jemand draußen aufgehalten hätte, wäre er unbemerkt geblieben.

    Die Tore seines Palastes waren geschlossen, aber in seiner Zeit als nie’Sharum hatte er gelernt, Mauern mühelos zu überwinden. Es dauerte nicht lange, und er sprang in die Finsternis an der Innenseite hinein.
    Nichts erschien ihm anders als sonst, als er die freie Fläche vor dem Palast überquerte. Die Fenster waren dunkel, und in dem Gebäude regte sich kein Leben. Doch Qashas Worte nagten an ihm. Nachts geht es im Palast des Sharum Ka nicht immer still zu.
    Wie ein Dieb stahl sich Jardir durch die dunklen, stillen Flure seines eigenen Hauses, wobei er sämtliche Finessen anwandte, die ihm durch seinen allnächtlichen Kampf mit den alagai in Fleisch und Blut übergegangen waren. Hinter ihm bewegte sich nicht einmal ein Vorhang, während er in einen Audienzsaal und einen Warteraum nach dem anderen hineinspähte. Er ließ keinen Winkel aus, in dem sich Menschen verstecken konnten, die kühn genug waren, um sich der nächtlichen Ausgangssperre zu widersetzen - aber er entdeckte niemanden.
    So muss es auch sein, sinnierte er. Alle halten sich in den

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