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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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dem Bewusstsein, dass sie selbst jetzt noch eine Frau von unvergleichlicher Schönheit war. Ein Strudel aus Hass und Erregung durchströmte Jardir, zwei gegensätzliche Gefühle, die um die Vorherrschaft rangen.
    »Hör auf, dich wie ein Narr zu benehmen!«, schnauzte sie.

    »Von dir lasse ich mir nichts mehr sagen!«, brüllte Jardir. »Meinetwegen brenne den ganzen Palast nieder, ich werde dieses fette Schwein trotzdem töten und dich auf seinem Leichnam besteigen!« Der Andrah wimmerte, aber Jardir brachte ihn mit einem zornigen Laut zum Schweigen.
    Inevera zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern öffnete ihre andere Hand, in der ein kleiner Gegenstand lag. Er sah aus wie ein Brocken Kohle, bis das darauf eingeritzte Siegel ein jähes Licht abstrahlte, und Jardir erkannte, dass auch dies ein alagai hora war. Das geschwärzte Knochenstück knisterte, und silberne Magie zuckte daraus hervor, um wie ein Blitzstrahl auf Jardir einzuschlagen.
    Er wurde vom Boden hochgerissen und noch einmal gegen die Wand geschmettert, wobei unvorstellbare Schmerzen seinen Körper packten. Er versuchte, sich den Qualen zu öffnen, sie von sich abgleiten zu lassen, doch die Schmerzen klangen so plötzlich ab, wie sie gekommen waren, und zurück blieb blankes Entsetzen. Er wollte sich an Inevera wenden, aber sie hob abermals den Stein, ein zweiter Blitzstrahl traf ihn und gleich darauf noch einer, während er darum kämpfte, auf die Füße zu kommen. Auch ein drittes Mal versuchte er, aufzustehen, aber seine Beine gehorchten ihm nicht mehr, und sämtliche Muskeln in seinem Körper zuckten wie in einem Krampf.
    »Endlich verstehen wir einander«, sagte Inevera spöttisch. »Ich bin Everams Wille, und du solltest lieber aufhören, dich mir zu widersetzen. Wenn ich mich von einem fetten Schwein beschlafen lassen muss, damit du den weißen Turban tragen darfst, solltest du mir dankbar sein, weil ich dieses Opfer bringe, und nicht alles daran setzen, das Erreichte zu zerstören.«
    »Fettes Schwein?!«, wiederholte der Andrah , der sich endlich aufrappelte. »Ich bin …«
    »… du bist noch am Leben, weil ich es so will«, versetzte Inevera kalt und hob den Dämonenschädel in die Höhe. Flammen züngelten aus den Kiefern, und der Andrah erbleichte.

    »Ich brauchte solange deine Unterstützung, bis er die Sharum und die Damaji der anderen Stämme auf seine Seite gezogen hatte«, erklärte sie, »nun jedoch, da Qasha schwanger ist, sehen die Sharum , dass er nicht nur in der Nacht ihr aller Bruder ist, sondern auch bei Tag. Jetzt kannst du dich seiner nicht mehr entledigen.«
    »Ich bin der Andrah !«, brüllte der Mann. »Ein Wink meiner Hand, und dieser Palast wird dem Erdboden gleichgemacht!«
    Inevera lachte. »Dann löst du einen Bruderkrieg aus. Und selbst wenn du Ahmann töten würdest, was geschähe mit seinen dama’ting -Gemahlinnen? Würdest du sie schänden und abschlachten lassen, wie es der Brauch verlangt? Der Evejah lässt keinen Zweifel daran, welches Schicksal einem jeden Mann droht, der es wagt, einer dama’ting ein Leid anzutun.«
    Der Andrah funkelte sie erbost an, doch er verzichtete auf eine Antwort.
    »Die Pforten des Paradieses sind geschlossen«, bemerkte sie und schlang sich ein Seidentuch um die Schultern, um ihre Blöße zu bedecken. »Vielleicht öffnen sie sich noch einmal, wenn ich wieder eine Ernennung oder einen Aufruf von dir brauche, aber es kann auch sein, dass ich Jardir zu dir schicke, der sie dann mit deinem Blut schreibt. Bis es so weit ist, bring deinen verdorrten alten Speer in deinen Palast zurück.«
    Ohne sich die Mühe zu geben, sich anzukleiden, raffte der Andrah seine Gewänder vom Boden auf und trippelte aus dem Zimmer.
    Inevera näherte sich Jardir und sank neben ihm auf die Knie. Der Klumpen aus Dämonenbein, mit dem sie die fürchterlichen Blitze geschleudert hatte, zerbröselte, und nachdenklich wischte sie die Asche von ihrer Hand. »Du bist stark«, meinte sie. »Nur wenige Männer können nach dem ersten Schlag wieder aufstehen, geschweige denn, dass sie drei aushalten. Ich muss einen größeren Knochen nehmen, wenn ich heute Nacht einen neuen schnitze.«

    Sie streckte die Hand nach ihm aus, glättete sanft sein Haar und streichelte sein Gesicht. »Ah, mein Geliebter«, sagte sie traurig, »ich wünschte mir, du hättest das nicht gesehen.«
    Jardir kämpfte mit seiner Zunge, die sich geschwollen anfühlte und seinen ganzen Mund auszufüllen schien. »Warum?«, krächzte er

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