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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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war die Andeutung einer Verbeugung, kaum ein Kopfnicken, und in seinen Augen lag ein mörderischer Glanz, weil der fette Händler ihn blamiert hatte. »Bitte, khaffit , lass uns an deiner Weisheit teilhaben«, säuselte er.
    Abban erwiderte die Verbeugung, wenn auch nur flüchtig, denn selbst mit seiner Krücke hätte er sich tiefer verneigen können. »Bedingt durch das Abbrennen der Kornspeicher kann die zentrale Stadt nicht alle Krasianer ausreichend versorgen, mein Prinz. Aber im Umkreis von Fort Rizon gibt es Hunderte von kleinen Dörfern, die angeordnet sind wie die Speichen eines Rades. Wir werden den Herzog der Grünen Länder auffordern, uns Listen mit den Namen dieser Ortschaften anzufertigen, die wir dann unter den Stämmen verteilen.«
    »Um unsere Stellung halten zu können, ist dieses Gebiet viel zu groß.«
    Abban zuckte mit den Schultern. »Gegen wen sollten wir das eroberte Territorium verteidigen? Keine Armee bedroht uns, und wie mein Prinz selbst sagt, sind die chin die idealen Sklaven. Es wäre das Beste, wenn der Shar’Dama Ka die Truppen aufteilt, bis sie wieder gebraucht werden, denn das enthebt ihn der Verpflichtung, für die Leute sorgen zu müssen. Stattdessen sollte jede Einheit ein bestimmtes Areal zugesprochen bekommen, das dann für ihre Verpflegung zuständig ist und Steuern zahlt. Als Gegenleistung jagen die Krieger in der Nacht die alagai , die die ansässigen Menschen terrorisieren. Sie können in den Grünen Ländern sharaji gründen und die einheimischen Knaben ausbilden. Den Frauen und alten Leuten bleibt es dann überlassen, im Frühjahr die Äcker zu bestellen und das Saatgut auszubringen. In einem Jahr werden die Stämme reicher sein als je zuvor, und es wird Tausende von nie’Sharum aus den Grünen Ländern geben. Lass die Stämme im Wohlstand schwelgen, anstatt ihnen Not und Entbehrungen zuzumuten, und wenn die Neulinge erst ihre Mündigkeit erreichen, befehligt
der Shar’Dama Ka die größte Armee, die die Welt je gesehen hat. Eine Truppe, die ihm so loyal ergeben ist, dass sie ihm bis in den Tod folgen würde. Und das Beste daran wird sein, dass sie für sich selbst aufkommt.«
    Jardir ließ seinen Blick auf seinen beiden Söhnen ruhen. »Versteht ihr jetzt, wie sehr der khaffit uns nützen kann?«, fragte er.
    »Ja, Vater«, antworteten sie und verbeugten sich in perfekter Übereinstimmung.

    Damaji Ashan betrat das Thronzimmer, ließ sich geschmeidig auf Händen und Knien nieder und berührte mit der Stirn den Fußboden. Seine weißen Gewänder waren mit Blut befleckt, und die Augen unter dem schwarzen Turban blickten grimmig drein.
    »Erhebe dich, mein Freund«, forderte Jardir ihn auf. Ashan war immer sein treuester Ratgeber gewesen, sogar noch vor seinem Aufstieg an die Macht. Nun sprach er für die Gesamtheit der Kaji, dem mächtigsten Stamm in Krasia, und seinen ältesten Sohn Asukaji, den er mit Jardirs Schwester Imisandre gezeugt hatte und der demzufolge der Neffe des Shar’Dama Ka war, hatte er zu seinem Nachfolger bestimmt. Nach Jardir war Ashan der zweitmächtigste Mann der Welt.
    » Shar’Dama Ka, es hat sich etwas ereignet, das deiner Aufmerksamkeit bedarf«, begann er.
    Jardir nickte. »Dein Rat ist mir immer willkommen, mein Freund. Sprich.«
    Ashan schüttelte den Kopf. »Das Beste wird sein, wenn du dir einen persönlichen Eindruck verschaffst, Erlöser.«
    Jardir wölbte eine Augenbraue, aber er nickte und folgte Ashan nach draußen auf die vom Frost überzogenen Straßen der Stadt. Nicht weit von Jardirs Palast entfernt lag eines der Andachtshäuser der chin . Verglichen mit dem großartigen Sharik Hora war es
schmucklos und schäbig, doch nach den Maßstäben des Nordlandes galt es als imposantes Bauwerk - drei Etagen aus wuchtigen Steinquadern und mit kraftvollen Siegeln geschützt.
    Ashan ging als Erster hinein, und Jardir sah, dass der dama mehr getan hatte als das Haus einfach nur in Besitz zu nehmen. Man schmückte es bereits mit den gebleichten und lackierten Gebeinen der dal’Sharum , die seit dem Aufbruch aus dem Wüstenspeer im Kampf gefallen waren. Wenn die Geister der Krieger, die eines ehrenvollen Todes gestorben waren, hier wachten, war es das am besten gesicherte Haus im ganzen Norden.
    Sie stiegen eine Steintreppe hinunter, die in ein Labyrinth aus kalten Katakomben führte, das sich unter dem Haus erstreckte.
    »Hier bestatteten die chin ihre Toten«, erklärte Ashan, als Jardir die leeren Nischen in den Wänden betrachtete. »Wir

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