Das Flüstern der Nacht
seinen Blicken - drei Krieger waren nötig gewesen, um es an seinen Platz zu wuchten.
So unwahrscheinlich es auch schien, aber der Dämon fing den Brocken in der Beuge seines unversehrten Armes auf und schleuderte ihn mit einer gewaltigen Kraft zurück.
Der Stein knallte gegen das große Tor und riss ein Loch hinein; von der Aufschlagstelle ausgehend liefen Risse wie ein Spinnennetz
durch das Portal. Der Felsendämon stürzte sich auf diese Lücke und hämmerte mit seiner Pranke wie besessen immer auf dieselbe Stelle ein. Magie flackerte auf und Blitze entluden sich, doch die Siegel waren zu stark beschädigt, um noch eine echte Wirkung zu erzielen. Bei jedem Schlag schwankte das Tor, ein Flügel wurde aus den Angeln gerissen und kippte nach innen.
Der Felsendämon schob sich durch die Öffnung und rannte brüllend ins Labyrinth hinein. Hinter ihm strömten andere Dämonen durch die Bresche.
Eine flammende Hitze schoss Jardir ins Gesicht, doch gleich darauf überlief ihn ein Gefühl eisiger Kälte. Seit Menschengedenken war das große Tor von Krasia nicht gesprengt worden. Die im Labyrinth gefangenen dal’Sharum würden gejagt werden wie Tiere, und es war seine Schuld, denn er hatte dem Nordländer nicht zugehört.
Ich habe mein Volk vernichtet, schoss es ihm durch den Kopf, und einen Moment lang konnte er nichts weiter tun als in dumpfer Ergebenheit zuzusehen, wie die alagai in das Labyrinth hineinfluteten.
Umarme die Angst, du Narr!, befahl er sich selbst. Noch ist die Nacht nicht verloren!
»Skorpione!«, brüllte er. »Ändert die Positionen und gebt uns Feuerschutz, wenn wir die Bresche schließen! Katapultmannschaften! Schleudert Steine herunter, um jeden hereinkommenden alagai zu zerquetschen und den nachfolgenden den Weg zu versperren!«
»Auf diese kurze Distanz können wir die Katapulte nicht einsetzen«, schrie ein Krieger. Andere nickten, und auf ihren Gesichtern spiegelte sich dasselbe Grauen, das Jardir noch vor wenigen Augenblicken gelähmt hatte. Er musste den Männern einen gehörigen Schreck versetzen, um sie aus ihrer Erstarrung zu reißen.
Er verpasste dem Krieger, der ihm widersprochen hatte, einen Hieb ins Gesicht, der ihn flach auf die Mauerkrone warf. »Und
wenn ihr die Steine von Hand werfen müsst!«, donnerte er. »Meine Befehle werden befolgt!«
Der Schleier des Mannes war mit Blut durchtränkt und seine Antwort war unverständlich, aber er schlug sich mit einer Faust gegen die Brust, kam torkelnd auf die Beine und beeilte sich, das Kommando auszuführen. Auch die anderen Mehnding fingen an, sich mit den massigen Gesteinsbrocken abzuquälen, und ihre Furcht ging unter in einer hektischen Betriebsamkeit.
Er suchte nach dem nie’Sharum . »Gib das Signal für eine Bresche«, forderte er ihn auf, und als der Junge das Horn an die Lippen setzte, überschwemmte ihn eine Welle aus Schuld und Scham, weil ein solcher Alarm gegeben wurde, während er das Kommando hatte.
Doch das Gefühl hielt nicht lange vor. Es gab zu viel zu tun. Er wandte sich an Hasik. »Trommle so viele Männer und Bannzeichner zusammen wie du kannst und bring sie hierher ans Tor. Wir müssen die Bresche schließen.«
Hasik stieß einen Schlachtruf aus und hetzte los, offenbar begeistert von der Aussicht, mitten in einen Sturm aus alagai hineinzuspringen. Auf der Mauerkrone rannte Jardir dorthin, wo seine persönliche Einheit unter Shanjat kämpfte. Für das, was bevorstand, musste er seine eigenen Leute hinter sich haben. Die anderen Kaji nahmen es ihm vielleicht immer noch übel, weil er ihren Stamm verraten hatte, doch auf die Treue der Männer, die seit Jahren Nacht für Nacht an seiner Seite kämpften, konnte er sich bedingungslos verlassen.
Der Nordländer lief mit ihm mit. Jardir wünschte sich, er hätte die Worte, um ihn wegschicken zu können, oder die Zeit würde für eine Erklärung reichen, damit er überhaupt verstand, was sich anbahnte. Selbst wenn er helfen wollte, wäre ein untrainierter Krieger seiner fest zusammengeschweißten, perfekt aufeinander eingespielten Truppe nur im Weg.
Von oben erscholl ein Kreischen, und der Fremde rief: »Alagai!«
Dann prallte er gegen Jardir, und beide fielen auf der Mauerkrone hin. Jardir fühlte den scharfen Luftstrom, als ledrige Schwingen knapp über ihnen hinwegrauschten.
Fluchend rollte er von dem Nordländer weg und sah sich nach einem Netz um, aber natürlich konnte er keines finden. Der Fremde kam noch schneller auf die Beine als er und stand in
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