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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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hinübergeht, an der vor wenigen Stunden die Kriminaltechniker so beschäftigt waren. Ich erwarte, dass Toni sich umdreht und wegfährt, aber das tut sie nicht. Sie fängt an, in Richtung Wald zu gehen. In dem Moment wird mir eine andere Chance geboten, eine, die das Leben mehrerer Menschen unwiderruflich verändern wird. Wofür soll ich mich entscheiden? Antonia zu warnen oder das Kommende nur schweigend zu beobachten?

Antonia
    Ich fahre die vertraute Straße nach Hause. Unsere Nachbarschaft sieht verlassen aus, jetzt, wo die Presse und – bis auf einen Streifenwagen – auch alle anderen fort sind. Es gibt keine Straßenlaternen auf diesem Stück, und im Haus der Gregorys brennt kein Licht, genau wie in meinem. Hatte ich es nicht heute Nachmittag angeschaltet, bevor ich mit Martin und Louis losgezogen bin? Vielleicht hat einer der Officer es ausgeknipst, als sie gegangen sind. Ich schicke ein stummes Gebet für ein glückliches Ende zu den Gregorys. Ich hoffe, dass Fielda und Martin in diesem Moment neben Petra sitzen, ihre Hand halten. Ich habe so ein Glück, dass ich meine beiden sicher wieder zurückhabe; verletzt, ja, aber nicht lebensbedrohlich. Ich hoffe immer noch, dass Callis einzelnem Wort bald eine ganze Reihe von Sätzen folgen wird. Einen Augenblick sitze ich hinter dem Steuer von Roses Auto und betrachte mein Zuhause, als ob ich eine Fremde wäre, eine, die nicht dazugehört. Es ist so dunkel, ich kann wenig sehen, also schließe ich meine Augen und stelle mir das Haus, das schon als Kind mein Zuhause war, vor, wie es im Hellen aussieht. Es ist klein, zweistöckig, einfach, aber solide gebaut. Ich sehe vor meinem inneren Auge die weiße Farbe, die abblättert und Blasen wirft und in spröden Stücken auf dem Rasen liegt. Die Blumenbeete sind wunderschön, sie sehen gut gepflegt aus. Ich liebe mein Haus; egal, was für dunkle Tage ich hier erlebt habe, es ist mein Zuhause. Ich frage mich, was Ben und Calli über das Haus denken. Sind alle ihre Erinnerungen traurig? Sie müssen doch auch gute Erlebnisse gehabt haben. Wenn das alles vorüber ist, muss ich sie danach fragen. Wollen sie irgendwo anders ganz neu anfangen oder hierbleiben?
    Ich gleite vom Fahrersitz und mache mich auf den Weg zu dem Streifenwagen. Der Officer steigt aus und kommt mir ein paar Schritte entgegen.
    „Ich bin so froh, dass Ihre Kinder in Sicherheit sind, Mrs. Clark“, sagt er.
    „Ich auch“, erwidere ich. „Und danke für alles, was Sie getan haben. Ist es in Ordnung, wenn ich ins Haus gehe und ein paar Sachen für die Kinder hole?“
    „Sicher“, antwortet er. „Wir haben alles, was wir brauchen. Soll ich mit Ihnen kommen?“
    „Nein, danke, das ist nicht nötig. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“
    Der Officer lächelt mich an und geht zurück zu seinem Wagen. Ich steige die Treppe zur Haustür hinauf. Ich bin so müde. Ich öffne die Tür und gehe schnell nach oben. Als Erstes suche ich Callis Zimmer auf und schalte das Licht ein. Es ist schwer, mir vorzustellen, dass noch vor wenigen Stunden Fremde hier durchgelaufen sind, Fingerabdrücke genommen, Beweise gesammelt und nach irgendwelchen Spuren von Gewalt gesucht haben. Es erstaunt mich, wie ungestört ihr Zimmer aussieht; die Kriminaltechniker waren sehr gewissenhaft und haben hinter sich aufgeräumt, die Spielzeuge und Bücher wieder an ihren rechten Platz geräumt. Nur Callis Bett sieht irgendwie nicht richtig aus, die Bettwäsche abgezogen, nackt. Ich packe ein paar Kleidungsstücke zusammen und stecke sie in Callis Rucksack. Dann nehme ich ihren Stoffaffen und ihre gelbe Decke. Das Gleiche mache ich in Bens Zimmer und laufe dann die Treppe hinunter. Als ich meine Hand auf die Klinke der Haustür lege, halte ich inne. Ich drehe mich um und wende mich in Richtung Küche. Ich schalte das Licht über der Hintertür an, öffne die Tür und trete nach draußen. Während ich den Blick über meinen großen, schönen Garten schweifen lasse, verschwimmen Bilder der Ereignisse des Tages vor meinen Augen. Werde ich diesen Wald jemals wieder betrachten können, ohne an heute zu denken? Werde ich mich je wieder heimisch fühlen an einem Ort, der meine Kinder verschluckt und zerbrochen wieder ausgespuckt hat? Ich gehe näher an die dunkel aufragenden Bäume heran, bis ich spüre, wie eine starke Hand meinen Arm umfasst; vor Schreck bleibt mir beinah das Herz stehen. Aber schnell erkenne ich Martins sanfte, kultivierte Stimme, die er zu einem Flüstern gesenkt

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