Das Flüstern der Stille
nach draußen und überlege, bei wem ich unterkommen könnte. Wer will schon in dieses ganze Chaos hineingezogen werden? Vielleicht Mrs. Norland, unsere ältliche Nachbarin. Sie könnte ich am ehesten als eine Art Freundin bezeichnen, auch wenn unser Kontakt sich meistens auf ein Winken über den Gartenzaun beschränkt. Mein Blick schweift über meinen Garten, in dem dringend mal wieder Unkraut gezupft werden müsste, und ich beschließe, erst noch ein Weilchen auf irgendwelche Neuigkeiten zu warten, bevor ich Mrs. Norland anrufe. Ich lasse mich doch nicht von einem Fremden aus dem Haus treiben. Ich gehe zum Schuppen, um meine Gartenhandschuhe, die Harke und einen Eimer zu holen. Ich habe die Pflanzen schon seit Tagen nicht mehr gegossen, weiß aber, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist. Die gleißende Sonne würde das Wasser sofort verdunsten lassen, und die Pflanzen könnten nicht trinken.
In dem dämmrigen Schuppen, einem windschiefen, knorrigen Gebäude, greife ich mir meine Gartenutensilien und bemerke zwischen den Spinnweben vier große Eimer mit alter Farbe; ein sanftes, cremiges Gelb. Vor Jahren sind meine Brüder weggezogen, und mein Vater ist ihnen bald gefolgt. Das Haus ist zu einsam, sagte er, ohne deine Mutter. Nachdem Griff und ich geheiratet hatten, reichte mein Dad mir die Schlüssel zu dem weißen Haus, dessen Farbe bereits abblätterte, und wünschte uns viel Glück dort. Ich war achtzehn.
Ich wollte immer noch in einem gelben Haus wohnen. Stunden hatte ich im Baumarkt verbracht, auf die Farbtafeln gestarrt und versucht, mich für die perfekte Farbe zu entscheiden. Nach der Hochzeit habe ich die vier Eimer nach Hause geschleppt; Griff hatte gelächelt und sagte, er würde sich gleich an die Arbeit machen. Er hat es nie getan. Ich war damals achtzehn. Heute bin ich einunddreißig und habe immer noch kein gelbes Haus.
Ich trete hinaus ins blendend helle Sonnenlicht und unterziehe meine Blumenbeete einer kritischen Betrachtung. Wo am besten anfangen? Sie sind alle vernachlässigt; in den letzten Wochen war es zu heiß gewesen, um sich nach draußen zu wagen. Mein Gemüsegarten quillt über mit überreifen Tomaten und Zucchini. Erd-Efeu überwuchert meine Blumenbeete, von Rehen angeknabberte Blüten und verwelkte Stiele. Mein Blick fällt auf einen Erdfleck direkt hinter meinem Gemüsegarten. Anfang des Sommers hatte ich dort Rasen gesät, aber er ist nicht angegangen. Stattdessen scheint es, als hätte sich die Stelle auf ein Stück von anderthalb mal einen Meter ausgedehnt. Ich steige über einen übergroßen Rhabarber und untersuche die Erde. Zwei perfekte Abdrücke von Kinderfüßen haben sich in dem Staub verewigt. Die Zehen sind perfekt umrissen. Größere Abdrücke von Männerstiefeln stehen den kleineren Abdrücken gegenüber, beinah Zeh an Zeh. Ein paar Schritte weiter sind nur noch die Stiefelabdrücke zu sehen, leicht verwischt, als sei etwas darübergezogen worden. Mein Magen tut mir weh. Die Abdrücke könnten alt sein, versuche ich mir einzureden, aber ich weiß es besser. Ich beuge mich hinunter, berühre sanft den Staub und zerreibe ihn zwischen meinen Fingern. Schnell stehe ich auf und renne zum Haus, um dem Officer davon zu erzählen und Louis anzurufen.
Martin
Bevor Fitzgerald und Louis gehen, ermutigen sie uns, bei Freunden oder Verwandten unterzuschlüpfen, bis das alles vorbei ist. Sie sagen, es wäre tröstlich, die Familie und Freunde in der Nähe zu haben, und dass wir so auch keine Spuren beschädigen würden, die für die Untersuchung wichtig werden könnten.
„Aber was ist, wenn Petra nach Hause kommt?“, fragt Fielda. „Dann muss ich für sie hier sein.“
Sie versichern ihr, dass immer jemand im Haus sein und uns über alles auf dem Laufenden halten wird.
Ich fahre Fielda zum Haus von Fieldas Mutter. Mrs. Mourning begrüßt uns mit Tränen in den Augen und flattert nervös um Fielda herum. Fielda sieht krank aus, und wir beide überreden sie, sich eine Weile hinzulegen.
Sie hat Kopfschmerzen, und ich suche im Medizinschränkchen im Bad nach einer Kopfschmerztablette, damit sie sich entspannen kann. Ich vermute, dass sie mehr braucht, aber ich würde ihr niemals etwas Stärkeres geben. Ich bringe die Tabletten und ein Glas Wasser in das Zimmer, in dem Fielda zusammengekauert unter dem Quilt liegt, den ihre Großmutter angefertigt hat. Sie sieht so zerbrechlich aus und alt. Das überrascht mich. Wenn Fielda in Bewegung ist, wirkt sie so handfest und
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