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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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bekommen.“
    „Oh.“ Ein kleiner Stich fuhr mir in den Magen. „Du ziehst weg.“
    „Vielleicht. Gab ja vorher auch nicht viel, für das es sich gelohnt hätte zu bleiben.“
    „Vor was?“
    „Bevor dieses kleine Mädchen sich an mich drangehängt hat.“
    „Ich bin nicht klein.“
    „Ach ja? Beweis es.“
    Und das tat ich. Gleich dort hinter der Sporthalle.
    Danach war Griff sehr still. Der erste seiner stillen Wutausbrüche, den ich erdulden musste.
    „Was?“, fragte ich. „Was ist los?“
    „Wer war er?“
    „Was? Wer?“, fragte ich verwirrt.
    „Mit wem hast du dich vor mir getroffen ?“ Er sagte es, als wäre es ein Schimpfwort.
    „Mit niemandem. Also schon mit jemandem, aber es war nichts Besonderes.“
    Er grub seine Finger in mein Haar und hielt sie fest, aber er zog nicht. Es tat nicht weh. „Halte dich von ihm fern. Sprich nicht mal mehr mit ihm.“
    „Werde ich nicht. Ich meine, wir reden schon länger nicht mehr miteinander.“
    „Gut.“ Er entspannte sich und lächelte mich an.
    Dann brachte er mich zu meinem Auto zurück, gab mir einen Gutenachtkuss und schickte mich nach Hause.
    Danach haben wir uns jeden Tag gesehen und im Herbst darauf geheiratet.
    Ich bedaure meine Ehe nicht. Immerhin habe ich zwei wundervolle Kinder. Doch ab und zu überlege ich, was passiert wäre, wenn ich Griff nicht geheiratet hätte. Hätte ich jemand anderes geheiratet? Vielleicht Louis? Würde ich immer noch in Willow Creek wohnen oder irgendwo am Meer, in einem gelben Haus? Aber ich möchte das, was ich habe, gegen nichts eintauschen.

Deputy Sheriff Louis
    Mary Ellen McIntire ist so ziemlich die traurigste Frau, die ich je gesehen habe. Tiefe Falten haben sich in ihr Gesicht gegraben, und es ist schwer, ihr in die geschwollenen, müden Augen zu blicken. Der Schmerz bohrt sich geradezu in einen hinein. Ich bitte sie in mein kleines Domizil. Ich wünschte, Fitzgerald wäre hier, aber er ist es nicht, also biete ich Mrs. McIntire einen Stuhl an.
    Die ganze Sache mit Jenna McIntire war eine fürchterliche Tragödie. Egal, wie man es betrachtete. Mitten in der Nacht verschwindet ein wunderhübsches zehnjähriges Mädchen aus seinem Elternhaus. Niemand weiß, warum. Sie war vorher nie weggelaufen. Jenna liebte es, mit Puppen zu spielen, sie hatte eine ganze Sammlung Barbiepuppen. Ich habe ihr Zimmer gesehen. Überall Puppen, jede in einem anderen Outfit. Keine Anzeichen für einen Einbruch, für einen Kampf. Nur ein kleines Mädchen, das verschwunden war. Ihr Dad schwor, dass er die Hintertür am Abend zuvor abgeschlossen hatte, aber am nächsten Morgen war sie offen.
    Immer sind die Eltern die ersten Verdächtigen, scheint es. Sogar wenn alles darauf hindeutet, dass sie es nicht waren. Die meisten Fälle von Kindesentführung werden von Familienmitgliedern oder engen Freunden begangen. Das Erniedrigendste für die Eltern ist es zu wissen, dass die Polizei sie niemals vollständig als Verdächtige ausschließt, obwohl sie selbst doch liebend gern sterben, sich die Pulsadern aufschneiden, langsam und schmerzvoll verbluten, einfach alles tun würden, um ihr Kind heil wieder nach Hause zu bringen.
    Jenna McIntire wurde sechs Tage später in einer waldigen Gegend drei Kilometer von ihrem Haus entfernt gefunden. Man sammelte massenhaft Beweise. Jede furchtbare, unaussprechliche Handlung, die an Jenna begangen worden war, wurde detailliert aufgezeichnet. Aber trotzdem kamen wir zu keinem Ergebnis. Wir wissen nicht, wer es getan hat. Warum er es getan hat? Weil er irgendein kranker Hurensohn ist. Nein, nicht einmal krank, bösartig ist das richtige Wort.
    Und jetzt sitzt Mary Ellen McIntire vor mir, tochterlos. Wenn die Gerüchte stimmen, haben sie und ihr Mann sich getrennt. Sie hat noch einen älteren Jungen, ich glaube, er ist vierzehn. Ich frage sie nach ihm.
    „Jacob geht es gut, glaub ich“, antwortet sie. „Sie wissen ja, wie Teenager so sind. Müssen immer irgendwo sein, irgendwas tun. Ich freu mich darauf, wenn die Schule wieder anfängt. Dann weiß ich wenigstens, wo er ist.“
    Ich höre Stimmen und Schritte vor der Tür und recke meinen Hals, um zu sehen, was da vor sich geht. Ich sehe zwei Reservisten, die einen benommenen, zerzausten Mann hereinbringen.
    „Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, Mrs. McIntire“, sage ich und stehe auf. Der Mann ist groß und dünn. Er überragt die Polizisten, aber er sieht zerbrechlich aus, wie ein verwitterter Stock. Sein Haar ist weiß, und es scheint, dass

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