Das Flüstern der Stille
viele verschiedene Arten von Familien sehen. Alleinerziehende Mütter, die an der Hand ihrer Kinder die große Führung durch das Gebäude bekamen, und Väter, die von strahlenden Kindergartenkindern von Klasse zu Klasse gezogen wurden.
Petra erklärte Fielda und mir gerade, dass sie in ihrem Klassenraum Experimente dazu durchführten, wie weit diese kleinen Plastikautos – ich glaube, sie heißen Hot Wheels – fahren können, als wir auf die Clark-Familie stießen, die sich in einer kleinen, abgelegenen Ecke des Schulgebäudes aneinanderdrängte. Griff Clarks Gesicht war rot vor Zorn, während er Calli und Antonia beschimpfte.
„Wisst ihr eigentlich, wie peinlich es für mich ist, hierherzukommen und zu hören, dass Calli immer noch nicht spricht?“, zischte er. Calli starrte mit gesenktem Kopf auf ihre Füße, während Antonia vergeblich versuchte, Griff zu beruhigen.
„Hör auf mit deinem ewigen ‘Pst’, Toni“, knurrte er, seine Stimme kaum mehr als ein tiefes Flüstern, aber nichtsdestoweniger bedrohlich. Er packte Calli am Oberarm. „Sieh mich an, Calli.“ Calli schaute zu ihrem Vater auf. „Bist du zurückgeblieben? Du kannst sprechen, das weiß ich. Also hör mit dem verdammten Unsinn auf, und fang endlich an zu reden.“
„Und du“, wandte er sich an Antonia, „du lässt ihr das einfach durchgehen. Schleichst auf Zehenspitzen um sie herum. ‘Oh, wir dürfen sie nicht unter Druck setzen, wir können sie nicht zwingen zu reden’„, machte er sie mit hoher Stimme nach. „Das ist hirnverbrannter Blödsinn!“
In diesem Augenblick erblickte Calli Petra, und ich sah den schicksalsergebenen, hilflosen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Keine Verlegenheit, keine Wut, nichts als pure Akzeptanz. Petra schenkte Calli ein dünnes, halbherziges Lächeln und winkte mit den Fingern, dann zog sie mich von der traurigen Szene fort.
Später, im Mourning Glory Café, brachte Lucky Thompson uns turmhoch garnierte Eisbecher. Er zerzauste Petras Haar und fragte, was es zu feiern gebe.
„Wir feiern die tollen Noten meiner genialen Tochter“, sagte ich, und Petra wurde ganz rot vor Stolz.
„Warum setzen Sie sich nicht zu uns, Lucky“, lud Fielda ihn ein.
„Oh, ich weiß nicht“, sagte er und warf einen Blick über die Schulter. „Ich habe sehr viel zu tun.“
„Bitte“, bettelte Petra. „Ich teile auch mein Eis mit dir. Das ist sowieso viel zu groß.“
„Na gut“, ließ Lucky sich überreden und glitt neben Petra auf die Bank. „Wie könnte ich so einer Einladung widerstehen.“
„Meinst du, dass es Calli immer so geht“, fragte ich meine Tochter.
Petra wusste genau, was ich meinte. „Wenn ihr Dad da ist, glaub ich schon. Wenn er weg ist, ist es okay. Ihre Mom ist wirklich nett“, erklärte sie, den Mund voller Eiscreme.
„Ich möchte nicht, dass du zu den Clarks hinübergehst, wenn ihr Vater da ist. Hast du das verstanden, Petra?“, sagte ich ernst.
Sie nickte. „Ich weiß. Aber manchmal denke ich, dass Calli mich noch viel mehr braucht, wenn ihr Vater zu Hause ist, weißt du? Es ist so ungerecht, dass ich ausgerechnet dann nicht bei ihr sein darf. Dann ist sie nämlich am traurigsten – wenn er da ist.“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Sprechen Sie über Griff Clark?“, fragte Lucky.
Fielda nickte. „Kennen Sie ihn?“
„Nein, nicht wirklich. Ich habe ihn nur ein paarmal gesehen. Als ich mit den Jungs weg war. Er ist ein ziemlich harter Typ.“
„Glaubst du, dass ihr Vater ihr etwas tut? Sie schlägt, wenn er böse wird?“, fragte Fielda besorgt. Ich betete, dass Petra Nein sagen würde, dass Griff Calli nicht schlug oder Ben oder ihre Mutter. Mir schoss durch den Kopf, wie es wäre, wenn ich das Jugendamt anrufen und sie über die Kindesmisshandlung informieren müsste; keine besonders angenehme Vorstellung.
Petra zuckte wieder mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Sie spricht nicht, weißt du. Sie scheint nur trauriger zu sein, wenn er da ist.“
„Fühlst du genauso, was mich angeht?“, fragte ich sie. „Bist du traurig, wenn ich daheim bin?“ Ich zog einen Schmollmund.
„Nein.“ Grinsend schüttelte sie den Kopf. „Ich bin froh, wenn du zu Hause bist.“
Lucky betrachtete uns sehnsüchtig. Ich wusste, dass er kein einfaches Leben hatte. Fragen zu seiner Familie war er immer ausgewichen. Ein paarmal hatte er mir jedoch erzählt, wie sehr er sich später einmal eine Familie wie meine wünschte. Ich habe ihm gestanden, dass ich diese Familie beinah auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher