Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
Vom Netzwerk:
Hoffnungen auf einen Koffeinrausch an den Klippen meiner Ironie zerschellten. Prompt ließ sie den Kopf hängen und nahm mir die Tasse ab, die ich hinstreckte. »Danke, Tante Lillian, du bist die Beste.«
    Das Mädel ist echt ’ne treue Seele.
    Ich betraute Cookie mit der beschwerlichen Aufgabe, Mark Weirs Gerichtsprotokolle durchzusehen – die Onkel Bob auf meinem Schreibtisch liegen gelassen hatte – und von Barbers USB-Sticks den richtigen herauszufinden. Hoffentlich war Barber kein Fetischist. Und wenn doch, gehörte er hoffentlich nicht zu der Sorte, die einschlägige Beweise dafür auf einem Datenstick speicherten, den jeder einsehen konnte. Dergleichen hob man besser in einer passwortgeschützten Datei auf, tief im Innern der Festplatte und unter einem unverdächtigen Dateinamen. So was wie Heiße Feuerwehrleute zum Beispiel.
    Mein Handy spielte das Hauptthema von Beethovens Fünfter, und ich suchte nach der Nadel im Heuhaufen, während ich mit neunzig durch Siebzigmeilenzonen rauschte und nur so staunte, wie sich ein Handy in einer vergleichsweise winzigen Handtasche meinen Fingern derartig entziehen konnte.
    »Hey, Ubie«, sagte ich nach dreistündiger Suche.
    »Musst du mich so nennen?«, fragte er mit erschöpfter Stimme. Er schien seine Dosis Koffein ebenso nötig zu haben wie ich.
    »Ja. Ich habe die Unterlagen, die du auf deinem Schreibtisch liegen gelassen hast. Cookie geht gerade alles durch.«
    »Und was machst du?«
    »Meine Arbeit«, antwortete ich und tat beleidigt. So dringend ich ihn auch über Reyes’ Verurteilung ausquetschen wollte, zog ich es doch vor, ihn persönlich danach zu fragen, damit ich sein Mienenspiel beobachten konnte. Oder um in sein Mienenspiel hineinzulesen, was mir gerade in den Kram passte. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass er die Ermittlungen im Fall Reyes geleitet hatte. Wie wahrscheinlich war das denn?
    »Oh, gut«, sagte er. »Man hat am Ellery-Tatort ein Stück Patronenhülse gefunden.«
    »Echt?«, fragte ich hoffnungsvoll. »Irgendeine Übereinstimmung?«
    »Wir sind hier nicht bei CSI , Kleines. So schnell geht das nicht. Wir werden erst heute Nachmittag wissen, ob uns das irgendwie weiterbringt.« Er gähnte laut, dann fragte er: »Sitzt du in deinem Jeep?«
    »Klar. Ich bin auf dem Weg ins Gefängnis von Santa Fe, um mich über einen Insassen zu erkundigen.«
    »Über wen denn?«, hakte er nach, seine Stimme klang plötzlich misstrauisch.
    »Es … geht um einen anderen Fall, an dem ich arbeite.«
    »Oh.«
    Das war leicht.
    »Hey, was bedeutet eigentlich bombázó ?«
    »Onkel Bob«, sagte ich vorwurfsvoll, »warst du wieder in dem ungarischen Chatroom?« Ich gab mir echt alle Mühe, nicht zu kichern, aber der Gedanke an ein Mädel aus Ungarn, das Onkel Bob mit »Bombe« titulierte, war einfach zu viel. Ich lachte hemmungslos drauflos.
    »Vergiss es«, sagte er verärgert.
    Ich lachte noch lauter.
    »Ruf mich an, wenn du wieder zurück bist.«
    Nachdem er den Hörer aufgeknallt und ich mein Handy zugeklappt hatte, versuchte ich, mich durch den Tränenschleier auf die Straße zu konzentrieren. Meine Reaktion war taktlos und unangemessen, dachte ich, während ich mich vor Lachen über dem Lenkrad krümmte und mir die schmerzenden Rippen hielt.
    Ich brauchte ein paar Minuten, um mich zusammenzunehmen, doch es war immerhin besser, mich auf Onkel Ubies Kosten zu amüsieren, als mich wie schon den ganzen Morgen vor Sehnsucht nach Reyes zu verzehren. Leider hatte mir die stundenlange Dusche – die mir deutlich die Entwicklung meiner blauen Flecke vor Augen führte – auch nicht verraten, wieso er sich in der vergangenen Nacht nicht hatte blicken lassen. Doch meine Zuversicht wuchs mit jedem Meter, den ich der Strafvollzugsanstalt von New Mexico näher kam. Bestimmt würde ich dort etwas Entscheidendes erfahren. Aber beim Anblick der Tore des Hochsicherheitsgefängnisses verwandelte sich meine Zuversicht in angstvollen, schweißtreibenden Pessimismus.
    Einmal mehr musterte ich meine Klamotten: weite Hosen, lange Ärmel, hochgeschlossener Kragen, verhüllt vom Hals bis zu den Kniescheiben. Dabei fragte ich mich, ob mir ein möglichst maskulines Aussehen in einem Hochsicherheitstrakt von Nutzen sein würde. In Anbetracht der Umstände.
    Nachdem ich dreißig Minuten im Wartezimmer gesessen hatte und zwei ältere italienische Damen zankend durch mich hinübergegangen waren, wurde ich in das Büro des stellvertretenden Direktors Neil Gossett geführt. Es war klein,

Weitere Kostenlose Bücher