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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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die Jahre herauszufinden versucht, was sie am Tag ihres Ablebens getrieben hatte. Mir fiel allerdings nichts ein, wozu Muumuus und Liebesperlen erforderlich gewesen wären. Es sei denn irgendeine schräge Nummer auf LSD.
    »Hey, Kürbiskopf«, sagte sie jetzt mit ihrem uralten strahlenden, wenngleich zahnlosen Lächeln. »Ich hab dich ins Bad stolpern hören, also dachte ich, ich verdiene mir meinen Lebensunterhalt und setz Kaffee für uns auf. So wie du aussiehst, kannst du welchen gebrauchen.«
    Ich verzog das Gesicht. »Echt? Wie süß.« Mist. Tante Lillian konnte gar keinen Kaffee kochen. Doch ich setzte mich an den Tresen und tat, als würde ich eine Tasse trinken.
    »Ist er zu stark?«, wollte sie wissen.
    »Kein Gedanke, Tante Lil, deiner ist der Beste.«
    Nur zum Schein Kaffee zu trinken und einen Orgasmus vorzutäuschen hatte beides dasselbe Manko: Da fehlte der Genuss. Andererseits war Koffeinentzug mein geringstes Problem. Bei diesem Gedanken beschäftigte mich wieder, warum Reyes sich neuerdings rar machte. Vielleicht hatte ich irgendwas falsch gemacht. Oder etwas unterlassen, was ich hätte tun sollen. Vielleicht sollte ich im Bett mehr Initiative ergreifen. Dazu wäre natürlich ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung nötig. Das Wort Selbstbeherrschung würde allerdings nicht vorkommen, wenn ich Cookie das Zusammensein mit ihm schildern wollte.
    »Du wirkst … abgelenkt, Honigtöpfchen.«
    Na ja, schließlich galt ich nicht umsonst als besonders leicht abzulenken.
    »Hast du vielleicht Temperatur?«
    Ich erwiderte ihren Blick. »Mit meiner Temperatur ist bestimmt alles in Ordnung, Tante Lil. Aber danke der Nachfrage.«
    Ich hab versäumt, das zu erwähnen, ja, ich habe tatsächlich Temperatur. Jedes Lebewesen auf Erden hat eine Temperatur. Sogar Tote. Keine besonders Erwähnenswerte, aber immerhin.
    »Und danke für den Kaffee.«
    »Oh, jederzeit gern, Schätzchen. Wie wär’s mit Frühstück?«
    Nicht, wenn ich den Tag überstehen wollte. »Oh, nein, das kann ich unmöglich von dir verlangen. Und ich muss dringend unter die Dusche. Wird ein anstrengender Tag.«
    Sie beugte sich vor und grinste verschwörerisch. Ich hatte mich schon oft gefragt, ob ihr Haar im richtigen Leben schon so blau gewesen war oder ob das ein Nebeneffekt des körperlosen Daseins war. »Gehst du Schurken jagen?«
    Ich kicherte. »Du weißt ja, die übelste Sorte.«
    Sie holte träumerisch Luft. »Ach, wenn ich noch mal so jung und draufgängerisch sein könnte. Aber ehrlich, Kürbiskopf«, sagte sie ernüchtert und fasste mich mit ernster Miene ins Auge, »du musst aufhören, dich ständig verdreschen zu lassen. Du siehst grässlich aus.«
    »Danke, Tante Lil«, gab ich zurück und rutschte grimassierend von meinem Hocker. »Ich werde es beherzigen.«
    Sie lächelte, offenbarte dabei eine leere Mundhöhle, die früher mal ihre Beißer beherbergt hatte. Anscheinend hatten die es nicht auf die andere Seite geschafft. Mir war nie klar geworden, ob Tante Lillian wusste, dass sie tot war, oder nicht, und ich habe es nie übers Herz gebracht, es ihr zu sagen. Vielleicht sollte ich das mal tun. Da hatte ich endlich eine funktionierende Kaffeemaschine, und schon beschloss meine verstorbene Urgroßtante, sich damit nützlich zu machen.
    »Wie war’s übrigens in Nepal?«, erkundigte ich mich.
    »Ach«, antwortete sie und hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Feucht und heißer als ein Junikäfer im August.«
    Da den Verstorbenen das Wetter nichts ausmacht, musste ich mir ein Grinsen verkneifen.
    In dem Moment platzte Cookie in ihrem himmelblauen verrutschten und zerknitterten Schlafanzug in die Wohnung. »Ich bin eingeschlafen«, verkündete sie atemlos.
    »Macht man das nicht üblicherweise nachts?«
    »Nein«, konterte sie und musterte mich mit fürsorglichem Blick. »Das heißt, ja, sicher, aber ich wollte schon vor Stunden nach dir schauen.« Damit beugte sie sich vor und sah mir tief in die Augen. Keine Ahnung, warum. »Geht’s dir gut?«
    »Ich lebe noch«, sagte ich. Und ich meinte jedes Wort ernst.
    Halbwegs überzeugt glättete sie ihr Oberteil und blickte sich um. »Ich setze lieber mal Kaffee für uns auf.«
    »Wieso?«, fragte ich vorwurfsvoll. »Damit du mir noch eine Rohypnol einflößen kannst?«
    »Wie bitte?«
    »Außerdem«, sagte ich und deutete mit einem nonchalanten Nicken auf Tante Lillian, »hat Tante Lil schon Kaffee gekocht.«
    Ich sah zu – und gab mir alle Mühe, nicht loszuprusten – , wie Cookies

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