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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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nicht«, widersprach ich, schlug den Vorgang noch mal auf und blätterte darin. »An dem Abend hatte er eine Schwester.«
    »Hast du sie gesehen?« Neils Stimme klang äußerst hoffnungsvoll. Er wollte ebenso wenig, dass Reyes starb, wie ich.
    Als mir klar wurde, dass in der Akte nichts über seine Schwester stehen konnte, klappte ich den Ordner wieder zu. »Nein«, antwortete ich und versuchte, mich nicht von der Enttäus chung überwältigen zu las sen. »Die Vermieterin h at mir von ih r erzählt.«
    Neil ließ sich enttäuscht seufzend in den Sessel neben mir plumpsen. »Dann hat sie sich sicher geirrt.«
    Während ich zu der Langzeitpflegeeinrichtung in Santa Fe fuhr, in der Reyes untergebracht war, versuchte ich, diese Fülle von Informationen, die ich in Erfahrung gebracht hatte, säuberlich zu verarbeiten. Reyes hatte seine Ausbildung fortgesetzt und ein Jahr nach seiner Verurteilung den Abschluss in Kriminologie gemacht. Dann sattelte er überraschend auf Computer um und machte seinen Master in Informatik. Er besserte sich und hätte das Gefängnis als produktives, Steuern zahlendes Mitglied der Gesellschaft verlassen können.
    Und jetzt wollte man ihn nicht länger am Leben lassen. Neil hatte mir erklärt, dass sich der Staat allenfalls durch eine Einstweilige Verfügung aufhalten ließe, doch dafür würde ich einen verflucht guten Grund anführen müssen. Wenn ich nur seine Schwester finden könnte …
    Als ich nach meinem Handy griff, um Cookie anzurufen, erklang auch schon ihr persönlicher Klingelton, Rod Stewards »Do Ya Think I’m Sexy?«.
    Ich klappte das Gerät auf und hörte Cookie fragen: »Und?«
    »Er liegt im Koma.«
    »Scheiße, das kann nicht wahr sein.«
    »Scheiße, ist es aber. Und in drei Tagen werden die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt, Cook. Was soll ich denn jetzt bloß machen?« Nun wollten sich alle Gefühle Bahn brechen, die ich in Neils Büro unterdrückt hatte. Ich gab mir alle Mühe, sie mithilfe der Atemtechniken, die ich von meiner Yoga Boogie -DVD hatte, zurückzudrängen.
    »Was kann man denn machen? Hat Mr Gossett dazu etwas gesagt?«
    »Ich muss Reyes’ Schwester finden. Sie ist die Einzige, die das noch aufhalten kann. Was nicht heißen soll, dass ich aufgebe. Ich werde Onkel Bob unter Druck setzen. Vielleicht kann er etwas tun.« Ich war nicht bereit, Reyes kampflos aufzugeben. Dass ich ihn nach all den Jahren gefunden hatte, musste einen Grund haben.
    »Druck ist prima«, meinte sie.
    Die Welt wurde grün, als ich auf einen Parkplatz fuhr, der wie ein englischer Garten gestaltet war. Bevor ich das Gespräch beendete, erteilte ich Cookie einen weiteren Auftrag. Einem der Artikel zufolge, den ich am vorigen Abend gelesen hatte, war Reyes drei Monate lang auf der Yucca High gewesen. Seine Schwester vielleicht auch. Ich benötigte die Zeugnisse.
    Cookie nahm sich die Zeugnisse vor, während ich die Pflegeeinrichtung aufsuchte, die sicher besser war als das Gefängniskrankenhaus. Vermutlich hatte man ihn dorthin verlegt, weil man sich im Knast nicht um einen komatösen Patienten kümmern konnte. Neil hatte mich bereits angekündigt und dem Vollzugsbeamten, der Reyes bewachte, mitgeteilt, dass ich ihm einen Besuch abstatten würde.
    Als ich den Korridor zum Schwesternzimmer entlangging, sah ich den Mann in einer Nische stehen, wo er mit einer Krankenschwester flirtete. Was ich ihm nicht verdenken konnte. Einen Patienten zu beaufsichtigen, der im Koma lag, war bestimmt nicht der Hit, während Flirten echt Spaß machte.
    Als ich mich näherte, straffte er sich, während die Schwester davoneilte, um ihren Pflichten nachzugehen. »Ma’am«, grüßte er und tippte sich an den unsichtbaren Hut. »Sie sind sicher Ms Davidson.«
    »Bin ich. Ich nehme an, Mr Gossett hat Sie unterrichtet?«
    »Ja, hat er. Der Junge ist da drin«, sagte er und deutete zur anderen Flurseite auf eine gläserne Schiebetür mit einem hellblauen Vorhang, der zugezogen war.
    Etwas überrascht, dass der Beamte keinen Ausweis sehen wollte, hielt ich auf die Tür zu. Na ja, jedenfalls der größte Teil von mir, meine Stiefel waren im Boden einzementiert. Worauf würde ich nach dem Eintreten stoßen? Würde er noch genauso aussehen? Oder hatte er sich in den zehn Jahren, die seit der Aufnahme für die Verbrecherkartei vergangen waren, sehr verändert? Oder in den zwölf Jahren, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte? Würde man ihm den Knast ansehen? Die Härte von Menschen, die einen beträchtlichen Teil

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