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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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Weg zur Verhaftung. Und mit ihm die halbe Polizei als Verstärkung.
    Den Spaß konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Ich würde in der Sekunde, in der ich ihn sah, sagen können, ob der Kerl schuldig war oder nicht. Ein Privileg der Schnitterin. Problematisch wurde es nur, wenn der, den ich mir vornahm, für andere Verbrechen verantwortlich war. Ich nahm vor allem die Schuldhaftigkeit wahr. Die einzelnen Untaten klar zu unterscheiden war mitunter sehr schwierig. Versuchen musste ich es trotzdem.
    Ich hatte die Adresse, wendete und raste zu einem Wohnblock im Kriegsgebiet im Süden der Stadt, wo ein gewisser Mr Julio Ontiveros residierte.
    Die Einsatzteams bereiteten sich einen Block entfernt auf die Festnahme vor. Anscheinend verfügte die Polizei über einigermaßen tragfähige Hinweise, dass Julio sich in seiner Wohnung schlafen gelegt hatte. Vermutlich war es gestern Abend spät geworden. Ich parkte zwischen Onkel Bobs SUV und einem Streifenwagen und schaltete vor dem Aussteigen mein Handy stumm – es gibt nichts Schlimmeres als ein während einer Verhaftungsaktion klingelndes Handy, weil einen dann alle echt finster anstarren.
    In neunundneunzig Prozent aller Fälle bin ich unbewaffnet – das motiviert mich, meinen Mörderblick zu trainieren. Allerdings tragen heute alle, die was auf sich halten, Schusswaffen; daher kam ich mir immer vor wie ein Mädchen, das zu einem formellen Abendessen in Jeans und Pink-Floyd-T-Shirt aufkreuzt. Vermutlich deshalb, weil ich genau das mal gemacht hatte.
    Als ich Ubie neben einem anderen Streifenwagen entdeckte, sah ich mich gleichzeitig in Rufweite von Garrett Swopes. Ich unterdrückte den bösen Hornissenstich der Eifersucht, als mir klar wurde, dass Ubie ihn zuerst verständigt haben musste. Ich löse seit meinem fünften Lebensjahr Fälle für den Mann, und er ruft erst mal Swopes an? In mir stieg Ärger auf, mir schwoll der Kamm, meine Nackenhaare sträubten sich. War ein wenig Anerkennung denn zu viel verlangt? Hier und da ein wenig Günstlingswirtschaft?
    Onkel Bob telefonierte wie üblich, als Garrett hinter dem offenen Kofferraum des Streifenwagens zu mir aufsah. Kurz sah ich Besorgnis in seinen Augen. Ich fluchte im Stillen, denn mir ging auf, dass ich wegen der Schmerzen in Brustkorb und Hüfte hinkte. Also biss ich die Zähne zusammen, drückte den Rücken durch und ging so normal wie möglich. Dann machte ich mich ein wenig lockerer, da ich fürchtete, mein Gang könnte an gewisse Tanzstile der Achtziger erinnern.
    »Kaum zu glauben, dass Sie sich nicht sämtliche Rippen gebrochen haben«, sagte Garrett, während ich vorwärts stakste.
    »Ich hatte gar nicht mehr sämtliche Rippen.«
    »Sind Sie sich sicher?«, wollte er wissen. Und beäugte meinen Brustkorb. »Besser, ich zähle mal nach.«
    Da ich kitzelig bin, schlang ich schützend die Arme um meinen Leib. »Nur, wenn Sie eine Hand verlieren wollen«, warnte ich, obwohl er in Jeans und T-Shirt und einer umgeschnallten dunkelblauen Schutzweste ziemlich klasse aussah. Sehr männlich. »Aber lassen Sie sich davon nicht abhalten«, fuhr ich fort, »es zahlt sich bestimmt aus, wenn Sie endlich mal zählen lernen.«
    Er grinste ungerührt und checkte sein Magazin. »Bestimmt.«
    »Alles klar, ich geh dann mal hintenrum.«
    »Wieso?«
    »Weil ich’s kann. Und weil Sie da nicht sind.«
    »Oh. Aber lassen Sie sich nicht abknallen.«
    Ich schnaubte – von wegen – und hinkte von dannen.
    »Und dass Sie mir nirgends runterfallen«, rief er mir halblaut hinterher.
    Ein lustiger Kauz.
    Ich hatte kaum mit einem niedlichen Polizisten namens Rupert hinter dem Gebäude Stellung bezogen, als wir aus dem Innern etwas vernahmen, das wie ein Schuss klang. Rupert war sofort hellwach. Er überwand den zwei Meter hohen Maschendrahtzaun, rannte auf den Hintereingang zu und kam mit der Waffe im Anschlag an der Backsteinwand des Gebäudes zum Stehen. Rupert war noch jung.
    Älter und klüger, wie ich war, zog ich die Lücke ein paar Meter weiter hinten vor, wo früher mal eine Zufahrt gewesen war. In Anbetracht der Umstände nahm ich mir Garretts Warnung, mich nicht abknallen zu lassen, zu Herzen, schlich geduckt in den Hinterhof. Zwölf Sekunden später lag ich im Dreck und schnappte nach Luft. Anscheinend hatte der Verdächtige die Lücke im Zaun ebenfalls entdeckt. Und aus irgendeinem Grund dient, wenn einer von schussbereiten Bullen eingekreist ist, meistens die unbewaffnete Braut, ob sie nun klare Kante zeigt oder

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