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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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erkannte Drew den harten Zug um den Mund, die kalten blauen Augen und den kaum verhohlenen Groll in ihren Zügen. Ihr Körper war zu fleischig. Mit zunehmendem Alter würde sie dick werden, und ihr Schmollmund würde seinen Liebreiz verlieren.
    »Ich heiße Nelly Porter«, sagte sie mit einem unverkennbaren West-Country-Dialekt. »Was wollt Ihr von mir?«
    »Stimmt es, dass Ihr in diesem neuen Drama die Violenta spielt?«
    »Es ist eine ›beschwingte Komödie‹«, verbesserte sie spöttisch. »Und wenn schon? Ich habe im französischen Theater schon viele Rollen gespielt.«
    »Wie gut kanntet Ihr Bertrando?«
    Nelly lachte barsch. »So gut wie jedes Mädchen, das auf diesen Brettern stand und diesem Schwein in die Hände fiel!«
    »Ich höre da Hass in Eurer Stimme, junge Frau«, bemerkte Topcliff tadelnd.
    »Das mag schon sein«, entgegnete das Mädchen. Konstabler Topcliffs Missbilligung schien sie nicht zu beeindrucken.
    »Habt Ihr ihn genug gehasst, um ihn zu töten?«, fragte Hardy Drew.
    »Ja, das habe ich. Ich will es nicht abstreiten. Ich hätte dieses Schwein, das junge Mädchen vernaschte, sie schwängerte und dann ihrem Schicksal überließ, ohne weiteres töten können!«
    »Hat er Euch das angetan?«
    »Jawohl, das hat er. Vor zwei Jahren. Das Kind ist gestorben.«
    »Habt Ihr ihn aus Rache ermordet?«
    »Nein, ich war es nicht! Das schwöre ich bei Gott. Aber ich weine ihm keine Träne nach, noch verurteile ich in Gedanken den Mörder. Wenn das ein Verbrechen ist, mag man mich dafür bestrafen.«
    »Ihr macht jedenfalls keinen Hehl aus Euren Gefühlen. Wo ward Ihr, als die Generalprobe begann?«
    »Ich kam aus meiner Wohnung und habe mich verspätet, weiter nichts.«
    »Hat Euch jemand gesehen, als Ihr ins Theater kamt?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Ich bin schnurstracks auf die Bühne gegangen.«
    »Verstehe. Bitte geht zurück in den Bühnenbereich und schickt uns den Schauspieler, der den Parolles spielt. Wenn ich mich nicht irre, heißt er Fulke.«
    Nelly ging wortlos davon. Beide Männer blickten ihr hinterher und tauschten vielsagende Blicke.
    »Sie trauert nicht gerade um ihren ehemaligen Geliebten«, bemerkte Topcliff überflüssigerweise.
    Fulke hatte eine vornehme Haltung und hätte als Gentleman durchgehen können. Allerdings wurde seine Attraktivität dadurch geschmälert, dass sein Gesicht zu rund, seine Haut zu glatt und sein Lächeln zu einschmeichelnd war.
    »Nun, Herr Fulke …« setzte Drew an.
    »Ihr wollt sicher wissen, wo ich war, ehe ich mich zu den Kollegen auf die Bühne gesellte?«, kam ihm Fulke leicht atemlos zuvor.
    »Mir scheint, ihr könnt Gedanken lesen«, sagte Drew ernst.
    »Es ist schwer, in so einer kleinen Truppe etwas geheim zu halten«, erwiderte der Schauspieler leutselig. Er zuckte die Achseln. »Ich wurde aufgehalten und bin mit Verspätung im Theater eingetroffen …«
    »Woher kamt Ihr?«
    »Aus Potters Fields. Ich habe in der ›Bell Tavern‹ ein Zimmer mit Blick auf den Fluss.«
    »Das ist ein Spaziergang von höchstens zehn Minuten.«
    »Stimmt.«
    »Warum habt Ihr Euch dann verspätet?«
    Der Mann verdrehte vielsagend die Augen und lächelte selbstgefällig. »Ein Rendezvous.«
    »Aufgrund dieses Rendezvous habt Ihr Euch also verspätet? Seid ihr jemandem begegnet?«
    »Dieser junge Möchtegern, Will Painter, ging an mir vorbei.«
    »Bertrando habt ihr nicht gesehen?«
    Fulke feixte höhnisch. »Bertrando, wenn ich das schon höre! Jawohl, ich habe
Meister Herbert Eldred
gesehen. Auch er hatte ein Rendezvous … Er marschierte in seine Garderobe, dicht gefolgt von einer anderen Person. Das alles ging mich nichts an, also begab ich mich unverzüglich auf die Bühne. Nachdem wir fünfzehn Minuten geprobt hatten, begann sich Burbage um Eldred zu sorgen.« Fulke grinste höhnisch. »Ich sagte ihm, wo der Gute vermutlich anzutreffen war.«
    Topcliff versuchte vergebens, seiner Erregung Herr zu werden. »Gütiger Himmel!«, rief er, »wollt Ihr etwa sagen, Ihr hättet den Mörder gesehen?«
    »Nein, Herr, ich sagte lediglich, dass jemand nach Eldred die Garderobe betrat. Ob es sein Mörder war, weiß ich nicht. Ich habe mich nicht weiter aufgehalten, sondern bin geradewegs zur Probe gegangen.«
    »Beschreibt die Person, die Ihr gesehen habt! Wer sonst sollte es sein als der Mörder?«
    »Es war ein Mann, klein und drahtig, soweit ich mich erinnere. Er hatte langes, dunkles Haar und trug einen Hut mit einer Feder, sowie einen kurzen Umhang und Stiefel. Die

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