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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Silbershilling genommen, mehr nicht«, stammelte der Schiffer. »Das schwöre ich beim Leben meiner Mutter.«
    »Das Geld ist konfisziert«, befand der Konstabler und streckte die Hand aus. »Dafür bin ich bereit zu vergessen, was ich gerade gehört habe. Diebstahl bleibt Diebstahl, und der Lohn des Diebes ist der Strick. Merkt Euch das! Ich werde jetzt gehen und Euch nicht weiter bei Eurem ehrlichen Tagewerk stören.«
    Er stieg hinauf auf den Kai, wo er bereits ungeduldig erwartet wurde. »Herr Drew«, sagte einer der Wachleute und legte ehrerbietig die Finger an die Stirn, »mir iss so, als hätt’ ich diesen Burschen schon mal irgendwo gesehen.«
    »Und?«, entgegnete Drew mürrisch. »Wo glaubt Ihr, ihn gesehen zu haben?«
    »Ich zerbrech’ mir ja schon den Kopf, aber…«
    Der andere Wachmann blickte dem Toten prüfend ins Gesicht. »Er hat recht. Der hier ist so ’n Schauspieler, wenn Ihr mich fragt. Keine Ahnung, woher ich den kenne.«
    Drew sah ihn scharf an. »Ein Schauspieler?« Er warf einen kurzen Blick auf das Theaterprogramm, das er noch immer zwischen den behandschuhten Fingern hielt, und schürzte nachdenklich die Lippen.
    »Bringt ihn in die Leichenhalle. Ich muss noch ins Blackfriars-Theater.«
    Am Kai wartete ein einsamer Fährmann auf Kundschaft, schien aber nicht erfreut, als Drew sich näherte.
    »Ich brauche Eure Dienste«, sagte der Konstabler knapp. Der Mann entspannte sich sichtlich ein wenig. Nach seiner Erfahrung bedeutete es meistens Ärger, wenn der Konstabler am Hafen auftauchte.
    »Bringt mich zu Blackfriars Steps.«
    Hardy Drew stieg in die kleine Jolle. Der Mann begann zu rudern, und das Boot tanzte über das Wasser, das von einem rauhen Ostwind zu Wellen gepeitscht wurde. Während sie sich dem rechten Themseufer näherten, zeigte der Konstabler keinerlei Interesse am Anblick der London Bridge mit ihren schmalen Bögen, die einen Engpass bildeten und somit dem Strom anschwellen ließen. Hinter der Brücke befand sich der große Hafen. Dort legten Schiffe aus aller Welt an und löschten im Schatten des grimmigen, grauen Towers ihre Ladungen.
    Am rechten Themseufer lag das Stadtzentrum, das nicht zu Konstabler Drews Revier gehörte, aber dieser Umstand bereitete ihm wenig Sorge, da er zu den Kollegen der Stadtwache gute Beziehungen pflegte.
    Die Jolle schrammte am Kai entlang. Sie hatten Blackfriars Steps erreicht. Drew warf dem Bootsmann einen Halfpenny zu und begab sich gemessenen Schrittes in Richtung St. Pauls Kathedrale. Der Kirchturm war umwölkt von dichten Rauchschwaden, die aus Hunderttausenden von Schornsteinen stiegen und einen beißenden Geruch verbreiteten. Bis zum Blackfriars-Theater war es nicht weit.
    Kaum war er eingetreten, kam ihm ein hochgewachsener Mann entgegen, der nervös mit den Händen fuchtelte und rief: »Hinaus, mein Freund, fort mit Euch! Das Theater öffnet erst in drei Stunden seine Pforten!«
    Ohne eine Miene zu verziehen, musterte Drew sein Gegenüber. »Ich bin nicht gekommen, um mir eine Vorstellung anzusehen«, sagte er, »sondern, um Auskünfte einzuholen.« Er griff in die Tasche und förderte seine Dienstmarke zutage.
    »Ein Konstabler?« Der andere verzog das Gesicht zu einer Maske der Bestürzung. »Was führt Euch her, verehrter Herr Konstabler? Unsere Papiere sind in Ordnung, der Oberkammerherr persönlich hat unsere Lizenz unterzeichnet. Was gibt es also zu bemängeln?«
    »Mit wem habe ich die Ehre?«, fragte Drew.
    »Mit Page Williams. Ich bin stellvertretender Leiter der Theatertruppe ›Children of the Revel‹, der Gruppe ›Kinder der Ausgelassenheit‹«, erklärte der Mann und reckte voller Stolz das Kinn.
    »War eines Eurer ausgelassenen Kinder heute Nachmittag auf Abwegen?«
    »Auf Abwegen? Wie meint Ihr das, mein guter Herr Konstabler?«
    »Ich habe mich deutlich ausgedrückt. Ist Euer Ensemble heute vollzählig?«
    »In der Tat. Wir proben gerade für die nächste Vorstellung. Bei den Proben ist allgemeine Anwesenheitspflicht.«
    »Es fehlt also niemand?«
    »Nein. Warum fragt Ihr?«
    Hardy Drew beschrieb ausführlich den jungen Mann, den man tot aus der Themse geborgen hatte. Page Williams blickte betrübt drein.
    »Ich glaube, ich bin ihm gestern Abend begegnet. Ein ungestümer Jüngling. Er erschien hier im Theater, sagte, er sei Stückeschreiber und behauptete, man habe ihm ein Theaterstück gestohlen.«
    »Nannte er seinen Namen?«
    »Wenn ja, ist er mir leider entfallen. Dieser junge Mann – sofern wir von derselben

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