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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Blick zu –, »haben wir zugelassen, dass sich Fulke selbst zum Köder machte, indem er vorgab, mehr zu wissen, als wirklich der Fall war. Der Täter ließ sich aus der Reserve locken und schlug zu, bevor wir eingreifen konnten. Zum Glück war Fulke nicht sofort tot. Er konnte uns, bevor er verstarb, noch sagen, wer der Täter ist.«
    Er sah Hester Eldred an. Sie erkannte an seinem Blick, dass sie entlarvt war. Mit einem Fluch erhob sie sich und stürzte von der Bühne. Auf ein Handzeichen von Meister Topcliff erschien an der Tür ein untersetzter Wachmann und ergriff sie.
    Die Schauspieler begannen alle durcheinanderzusprechen. Burbage hob die Stimme und forderte sie auf, Ruhe zu geben.
    Nelly Porter trat nach vorn. »Ich glaubte, Ihr würdet mich verdächtigen. Schließlich war ich Bertrandos Geliebte, und durch seine Schuld ist mein Kind gestorben. Ich hatte mehr Grund als sie, ihn zu hassen und töten zu wollen.«
    Hardy Drew lächelte diskret. »Ich hatte Euch tatsächlich kurz als Täterin in Betracht gezogen«, gestand er.
    »Und warum …«
    »Warum ich meinen Verdacht gegen Euch verwarf? Nun, als wir eintrafen, war Hester bereits auf der Bühne und trug ihr Kleid. Bei der Lektüre des Stücks stellte ich fest, dass Helena in Männerkleidern auftritt. Sie sagte uns, dass sie gemeinsam mit Bertrando zum Theater ging, wo sie sich trennten, weil sich beide umziehen wollten. Will Painter aber berichtete, sie sei bereits kostümiert ins Theater gekommen.
    Daraus schließen wir, dass sie in Männerkleidern ihren Gatten tötete und bevor sie sich zu ihren Kollegen auf der Bühne gesellte, in ihr Kleid schlüpfte.«
    »Aber was hatte sie für ein Motiv? Wenn sie ihn so leidenschaftlich liebte, warum hat sie ihn dann getötet?«
    »Ihr Motiv ist alt wie die Welt: Liebe, die in Hass umschlägt. Verheiratet oder nicht, Bertrando war derselbe Schürzenjäger wie eh und je. Als seine Ehefrau konnte Hester seine Untreue nicht länger ertragen. Das können die wenigsten Frauen. Sie wollte ihn eben nicht mit anderen teilen. Hätte sie die Tat im Affekt begangen, hätte ich sogar ein gewisses Maß an Verständnis für sie aufbringen können, aber sie hat den Mord kaltblütig geplant und hier im Theater inszeniert. Hinzu kommt, dass sie auch Fulke tötete, weil sie glaubte, er habe sie erkannt …«
    »Wer weiß«, mischte sich Topcliff ein. »Vielleicht hat er sie wirklich erkannt. Erwähnte Will Painter nicht, dass sie Fulkes Geliebte war, ehe sie Bertrando kennenlernte? Womöglich liebte er sie noch immer und konnte es nicht über sich bringen, Euch ihren Namen zu verraten, sondern beschränkte sich darauf, Euch verschlüsselte Hinweise zu geben.«
    »Eines habe ich jedenfalls daraus gelernt«, unterbrach Burbage. »Ich werde fortan keine Frauen mehr engagieren. Es ist viel zu riskant.«
    Drew lächelte Topcliff matt zu. »Wenn Ihr gestattet, werde ich mich jetzt schlafen legen. Dieser Exkurs in die Welt des Dramas war ein wenig anstrengend.« Er hielt inne, schmunzelte und fügte ironisch hinzu: »›Der König wird zum Bettler nach dem Spiel.‹«

Ein nahes Übel
     
    »… doch ich könnt’ Euch Winke geben
    Von einem nahen Übel …«
    William Shakespeare, Heinrich VIII.,
    Zweiter Akt, Erste Szene
     
    »Es ist ein Toter, Konstabler.«
    Hardy Drew, Konstabler der Bankside-Wache, sah den Bootsmann geringschätzig an. Habe Augen im Kopf«, entgegnete er. »Sagt mir nur, wo Ihr ihn gefunden habt.«
    Der untersetzte Schiffer kratzte sich am Hinterkopf, als wäre dies seinem Erinnerungsprozess dienlich.
    »Es war, als wir in der Strommitte beidrehten, um hier am Kai anzulegen«, berichtete er. »Wir transportieren Kohle aus Greenwich. Gerade, als ich den Lastkahn in Richtung Ufer lenken wollte, haben wir die Leiche gesichtet und an Bord geholt.«
    Konstabler Drew blickte auf das nasse Bündel, das vor ihm auf dem verschmutzten Deck des Schleppers lag.
    Wasserleichen in der Themse waren nichts Ungewöhnliches. London, insbesondere der Uferbereich zwischen London Bridge und Bankside, war eine Senkgrube des Elends und des Lasters. Im Laufe seiner dreijährigen Tätigkeit als Konstabler hatte er sich daran gewöhnt, dass in seinem Revier immer wieder Tote aus dem Wasser gefischt wurden. Straßenräuber, Meuchelmörder und der übrige kriminelle Abschaum Londons entledigten sich gern ihrer Opfer, indem sie die Leichen in den Fluss warfen. Aber nicht nur jene, die eines gewaltsamen Todes gestorben waren, fanden ihren Weg in die

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