Das Flüstern des Windes (German Edition)
Ähnlichkeit mit einem Menschen. Die alten Narben hatten sich rot verfärbt, während der Rest seines Gesichtes fast schwarz wirkte. Karem ging es durch die heilende Salbe besser, aber auch er litt unter seinen schweren Verbrennungen.
Varania hatte etwas zu essen mitgebracht und versuchte, ihn zu füttern, aber erbrach sofort alles wieder. Hastig scharrte sie die Essensreste zusammen und warf sie unter eine Zierhecke.
Als sie zurückkam, war Karem ohnmächtig geworden. Sie betrachtete für einen Moment sein vom bleichen Mondlicht erhelltes Gesicht, dann verschwand sie wieder im Haus.
Karem wurde am Abend des dritten Tages von seinen Qualen befreit. Drei Sklaven gruben ihn unter Farcellus Aufsicht aus. Er war bei Bewusstsein, nahm aber seine Umgebung nur noch durch einen grauen Schleier wahr. Sie mussten ihn stützen, seine Beine waren nicht mehr in der Lage, sein Gewicht zu tragen.
Überall an seinem Körper waren rote Pusteln zu sehen, wo ihn Sandflöhe und Rohrwürmer geplagt hatten. Sein Gesicht war aufgedunsen und dunkelrot verfärbt.
Farcellus trat näher und hob mit der Hand das Kinn des jungen Sklaven an. Karem grinste wie ein Verrückter und begann zu sabbern.
»Schafft ihn in die Unterkunft. Der alte Drulla soll ihn waschen und seine Wunden versorgen.«
Einer der Sklaven, sein Name war Damas, wagte zu fragen: »Was ist mit Muran, Herr?«
Der Römer wandte sich nicht einmal um.
»Der bleibt, wo er ist«, antwortete er und ging zurück in die Kühle des Hauses.
Muran, der Aufseher, starb in der darauffolgenden Nacht.
Zwei Tage und zwei Nächte packte Karem das Rüttelfieber. Drulla wusch seinen geschundenen Körper, wickelte in Öl getauchte Bandagen um die offenen Stellen und flößte ihm Wasser und Nahrung ein.
Dann endlich war es geschafft. Karem war über den Berg. Sein junger Organismus schöpfte neue Kraft und überwand das Fieber.
Am dritten Tag wagte er es zum ersten Mal, von seinem Lager aufzustehen. Drulla musste sich bei ihm unterhaken, damit er nicht stürzte.
Wie ein Kleinkind, das die ersten Gehversuche übte, stolperte er über die eigenen Füße, aber schließlich schaffte er es, zwar bis zum Äußersten erschöpft, aber doch ohne Hilfe, den Raum zu durchqueren.
Drulla erzählte ihm erst jetzt, dass Muran gestorben war. Als Karem die Nachricht hörte, konnte er keine Freude, sondern nur Mitleid für den Aufseher empfinden. Niemand, kein Mensch, hatte es verdient, in einem Loch zu sterben.
Schließlich schob er auch diesen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf seine Genesung.
Als er zum ersten Mal seit einer Woche wieder zur Laufgrube gehen und den Ork besuchen konnte, liefen ihm Tränen über die Wangen.
Drulla hatte ihm aus einem großen Ast eine Krücke geschnitzt, mit deren Hilfe er sich mühsam den langen Weg entlang schleppte, bis er schwitzend am Rand der Grube stand und in die Laufspur hinabklettern konnte.
Crom war außer sich vor Freude. Er schob den quer stehenden Holzbalken mit solcher Wucht an, dass die ganze Konstruktion ächzte. Endlich standen sie sich gegenüber. Die roten Augen des Orks musterten den jungen Mann, sahen die erlittenen Qualen und den geschundenen Körper. Er hob seine mächtige Pranke und legte sie sanft auf Karems Schulter. Die großen Kettenglieder rasselten, als er mit seinen breiten Fingern über Karems Haar fuhr.
»Ich habe dich vermisst, mein Freund«, brummelte er gutmütig.
Karem lächelte. »Ich habe dich auch vermisst.«
»Du viele Schmerzen tragen?«, fragte der Ork und brachte wie stets, wenn er aufgeregt war, die Wörter durcheinander. Durch die Gespräche mit Karem hatten sich seine Sprachfähigkeiten stark verbessert, aber noch immer fiel er oft in das Kauderwelsch seiner Kindheit zurück.
»Crom!«, meinte Karem vorwurfsvoll und lachte dabei. »Sag mir, warum ich mir all die vielen Stunden Mühe gegeben habe, dir unsere Sprache beizubringen, wenn du jetzt wieder wie ein altes, zahnloses Orkweib daherplapperst.«
Croms Oberlippe entblößte sich. Auch er lächelte. Seine große Pranke hob sich nur wenige Zentimeter, bevor sie wieder auf Karems Schulter niederklatschte. Karem sackte fast zusammen.
»Aber meine Kraft ist nicht die eines alten Weibes.«
»Da hast du ausnahmsweise recht!«, ächzte Karem.
»Wo ist mein Essen?«
»Drulla bringt es. Er hat mir erzählt, dass du dich die ganze Zeit geweigert hast, Nahrung zu dir zu nehmen.«
»Essen war nicht gut. Schmeckt mir nicht!«, scherzte der
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