Das Flüstern des Windes (German Edition)
Ork.
»Und du glaubst, heute magst du es?«
Crom packte Karem mit beiden Pranken und hob ihn hoch, bis dessen Füße in der Luft strampelten.
»Ich bin mir sicher!«, lachte das Riesenwesen dröhnend.
5.
Karem kam nicht mehr dazu, sich bei Varania für ihre Hilfe zu bedanken. Vier Tage später marschierte ein fünfzig Mann starkes Kommando der Prätorianer auf das Gut. Der Kaiser selbst hatte sie geschickt.
Die Soldaten waren in tiefschwarze, glänzende Rüstungen gekleidet und trugen lange, rote Umhänge. Ihr Anführer, ein groß gewachsener Tribun mit harten Gesichtszügen, der einen herrlichen grauen Hengst ritt, hielt direkt auf den Haupteingang der Villa zu, in deren Tür jetzt Farcellus mit seiner Familie erschien.
Farcellus schritt dem Mann entgegen, als der Offizier abstieg.
»Kann ich dir etwas anbieten, Tribun?«, fragte er höflich, aber in seinen Augen stand die Angst geschrieben.
»Mein Name ist Lurenius Sacrus. Ich komme im Auftrag des Imperators!«
In Farcellus breitete sich Panik aus. Sein Magen verkrampfte sich, und er hatte das schreckliche Gefühl, sich jeden Augenblick erbrechen zu müssen.
»Aber was ...«
»Schweig, Bürger!«, donnerte der Offizier. Ohne sich umzudrehen, hielt er die geöffnete Hand nach hinten, in die sein Adjutant eine gold verzierte Pergamentrolle legte. Sacrus zerbrach das kaiserliche Siegel und las vor: »Luvon, Sohn des Farcellus, du bist angeklagt und verurteilt, Verrat gegen den Kaiser und das Römische Reich verübt zu haben.« Sein Blick suchte Farcellus Sohn, der erbleichte.
»Verurteilt?«, stammelte Farcellus ängstlich. »Wie kann er verurteilt sein, ohne eine Anhörung vor dem Senat?«
Sacrus zog in einer einzigen geschmeidigen Bewegung sein Kurzschwert und rammte es dem dicklichen Gutsbesitzer in den Unterleib. Verblüfft starrte Farcellus auf seinen Bauch, aus dem seine Därme quollen, als der Tribun sein Schwert wieder herauszog.
Luvon war im ersten Augenblick wie erstarrt, aber dann stürzte er sich mit einem wilden Schrei auf den römischen Offizier. Bevor er ihn erreichte, wurde er niedergeschlagen und an Händen und Füßen gefesselt. Bewegungslos, mit wild rollenden Augen hörte Luvon zu, wie Sacrus ungerührt weiter vorlas, während sein Vater im Sand verblutete.
»Die Strafe für diesen Verrat ist der Tod durch Kreuzigung, die vor den Augen des Kaisers vollzogen wird. Farcellus ...« Er blickte kurz auf den Leichnam des Gutsbesitzers herunter. »All deine Güter und dein Besitz fallen dem Reich zu. Deine Gemahlin und deine Tochter werden in die Sklaverei verkauft.«
Adesthe war leichenblass geworden. Sie bemühte sich, nicht die Fassung zu verlieren, aber ihre Lippen bebten. Varania schluchzte leise hinter ihre vor das Gesicht gehaltenen Hände.
Zum ersten Mal lächelte der Offizier. »Da schwerer Verrat gegen den Kaiser verübt wurde und mit weiteren Mitverschwörern gerechnet werden muss, werden die Frauen von mir und meinen Männern verhört werden. Schafft sie in die Scheune dort drüben!« Seine Hand deutete auf das Gebäude, in dem das Futtermittel für das Vieh gelagert wurde.
Mehrere Männer traten vor. In ihren Gesichtern stand die Gier geschrieben, als sie Varania und ihre Mutter packten und wegschleiften. Varania wimmerte wie ein verletztes Tier, aber keiner der Männer zeigte Mitleid.
»Das könnt ihr nicht tun!«, brüllte der gefesselte Luvon. »Ihr beschmutzt die Ehre der römischen Offiziere mit dieser Tat!«
Sacrus trat vor den am Boden liegenden Luvon. Er beugte sich zu ihm hinab. »Sag du mir nichts über Ehre, du Sohn eines Schweins!«
»Wer? Wer hat uns verraten?«, keuchte Luvon.
Sacrus’ Lächeln wurde zu einer Eismaske.
»Es war dein Mentor und Vorbild General Arsenius!«
»Niemals! Du lügst!«, brüllte Luvon.
Sacrus schlug ihn ins Gesicht. »Ich lüge niemals. Wir haben seine Frau und seine drei Töchter vier Stunden lang vor seinen Augen gefoltert. Er hat lange durchgehalten, aber schließlich ist er zusammengebrochen.«
»Nein! Nein! Nein!«, wimmerte Luvon.
»Er wird in Rom neben dir am Kreuz hängen!«
Stundenlang waren die Schreie der Frauen zu hören. Karem und die anderen Sklaven hatten im Hof Aufstellung nehmen müssen und beobachteten nun, wie sich die Vergewaltiger ablösten.
Die Männer und Frauen starrten stumm auf den sandigen Boden des Hofes. Niemand sprach ein Wort. Kein Flüstern glitt durch ihre Reihen. Karem zitterte vor unterdrückter Wut, aber er sah keine
Weitere Kostenlose Bücher