Das flüsternde Haus: Eine Hommage an Edgar Allan Poe
Verhalten ein Hirngespinst ist. Hierbei handelt es sich lediglich um Zuschreibungen durch andere. Entscheidend ist, dass ihr im Laufe eures Lebens eine Wahl treffen müsst: euch anpassen oder euer Leben so leben, wie es euch beliebt, auf die Gefahr hin, von der Norm abzuweichen. Das mag nur marginal sein, in Ausdrucksweise, oder schriller, bei der Kleidung. Es mag aber auch zu einer Beeinflussung von anderen führen, im Guten wie im Schlechten. Trefft ihr die Wahl des Zweiten, wird aus der Devianz ein delinquentes, ja, ein kriminelles Verhalten. Und das wird, in einer Gesellschaft wie der unseren, bestraft. Als Delinquent tätet ihr gut daran, dies nun zu verheimlichen. Dafür braucht ihr nicht nur das Potential zur Reflexion, sondern auch und besonders ein hohes Maß an Selbstkontrolle und einen wachen Geist. Ihr müsst euch durch vernunftgeleitetes Handeln auszeichnen und dürft euch nicht dem Alb der Perversheit ausliefern. Wisset, niemals das zu tun, was ihr nicht tun solltet.
So jemand bin ich.
Die Geschichte meines Lebens ist für das, von dem ich nun berichten möchte, unerheblich. Es sei nur gesagt, dass ich mich zu denen zähle, die sich nicht anpassen und sich selbst ein eigenes Leben schenken. Ich möchte gleich hinzu fügen, dass ich mich nicht allem erwehre, das von der Masse praktiziert und akzeptiert wird. Dann wäre ich lediglich ein opportunistischer Narr. Vielmehr wähle ich frei, was für mich und mein Leben Sinn macht. Befinden sich darunter anerkannte Konventionen, dann nähere ich mich eben in diesem Bereich einer Norm an. Wie das im Fall der gepflegten Erscheinung auf der Arbeit ist. Ja, ich genieße eine tägliche Körperpflege. Mehr noch, dass ich überhaupt einer geregelten Arbeit nachgehe, erscheint als weiteres Indiz, dass ich mich anpasse. Aber mitnichten!
Einer Arbeit als Angestellter komme ich nur nach, weil ich für meine Vorhaben eines Einkommens bedarf. Die regelmäßige Pflege meines Körpers ist nurmehr ein Vorbeugen nicht aufzufallen. Je mehr ich in der Masse eingehe, angepasst erscheine, desto weniger traut man mir dasjenige abweichende Verhalten zu, um das es mir heute geht.
Ich trage ein Allerwelts-Gesicht, an das man sich bei einer zweiten Gelegenheit kaum erinnern wird. Meine wahren Absichten bleiben somit gut getarnt. So ist mir möglich, mich trotz meiner Taten unauffällig unter euch zu bewegen. Es bedurfte weiß Gott einiges an Übung. Eigentlich ist meine Devianz nur eine zwangsläufige Folge meiner Profession. Ich kann behaupten, ohne sie würde ich gar nicht abweichen müssen. Ich schreibe Geschichten. Wann und warum ich damit begann, tut nichts zur Sache. Ich schreibe und damit muss alles gesagt sein.
Diese Profession an sich ist schon abweichendes Verhalten genug. Stundenlang sperrt man sich ein, um Worte auf leere Seiten zu schreiben. Tagsüber und unter Menschen ist man geistesabwesend, weil man mit dem Strukturieren und Verbessern seiner Ideen beschäftigt ist. Partiell wird man so zu einem unsozialen Wesen, eine wandelnde Paradoxie, weil der Mensch, so auch der Schreibende, in einem sozialen Gefüge doch lebt.
Aber dem ist nicht genug. Es sind meine Geschichten, die mich zu weitaus enger definiertem, abweichendem Verhalten führen. Ich bewege mich dann im Bereich der Delinquenz. Nur meinen wahrhaftigen Gaben des Geistes ist es zu verdanken, dass ich nie einer Strafe gegenüber treten musste. Aber wie gestaltet sich das im Einzelnen, wenn ich für meine Geschichten die Grenzen der profanen Legalität überschreite? Dies zu erläutern, ist mein Anliegen, und mehr noch, mein bisheriges Meisterstück zu offenbaren, das beweisen wird, wie gesund ich geistig bin, obwohl ihr Anhänger der Norm ganz sicher das Gegenteil annehmen würdet.
Schreiben zu können, heißt nicht, alles zu wissen. Darum bedarf es Erfahrungen, um wissen zu können, worüber man schreibt. Diese einfache Tatsache mag noch jedem einleuchten, aber man muss sich auch damit auseinandersetzen, was dies für den Schreibenden bedeutet, möchte er nicht nur von Arbeit, Fernseher, Chats, kurz dem Alltag berichten. Der Schreibende ist aufgefordert, seinen Schreibplatz des öfteren zu verlassen, sich der Welt um ihn auszuliefern oder, wie in meinem Fall, die Welt ihm auszuliefern. Er muss sich Erfahrungen beschaffen, ganz gleich, um welchen Preis. Wenn er nicht den Mut dafür aufbringt, bleibt sein Schreiben zum Scheitern verurteilt.
Es ist kein Geheimnis, dass wahre Literatur von den Störungen der
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