Das Foucaultsche Pendel
und Meister. Die schottische Freimaurerei vervielfachte diese Grade, denn viele Grade bedeuteten viele Stufen der Initiation und des Geheimnisses... Die Franzosen mit ihrer angebotenen Eitelkeit haben es dann auf die Spitze getrieben...«
»Aber was war denn da für ein Geheimnis?«
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»Keins natürlich. Hätte es ein Geheimnis gegeben oder hätten sie es besessen, so hätte seine Komplexität die Komplexität der Initiationsgrade schon gerechtfertigt. Doch Ramsay multiplizierte die Grade, um glauben zu machen, daß er ein Geheimnis besitze. Und wir können uns vorstellen, wie die braven Kaufleute bebten bei dem Gedanken, sie könnten endlich die Fürsten der Rache werden...«
Agliè geizte nicht mit Freimaurerklatsch. Und beim Reden ging er, wie es seine Art war, allmählich zur ersten Person über. »Zu jener Zeit schrieb man in Frankreich bereits cou-plets über die neue Mode der Frimaçons, die Logen wucherten allenthalben, in ihnen zirkulierten Bischöfe, Mönche, Grafen und Krämer, und die Mitglieder des Königshauses wurden Großmeister. In den neutemplerischen Logen der Strikten Observanz dieses dubiosen Herrn von Hund waren Leute wie Goethe, Lessing, Mozart, Voltaire, es entstanden Logen im Militär, in den Regimentern bildeten sich Verschwörungen, um Hiram zu rächen, und man diskutierte über die bevorstehende Revolution. Für die andern war die Freimaurerei einfach eine société de plaisir, ein Club, ein Sta-tussymbol. Da fand sich alles zusammen, Cagliostro, Mesmer, Casanova, Baron d’Holbach, d’Alembert... Aufklärer und Alchimisten, Libertins und Hermetiker. Und man sah’s ja beim Ausbruch der Revolution, als die Mitglieder ein und derselben Loge sich plötzlich geteilt fanden und es schien, als trete die große Brüderschaft ein für allemal in die Krise...«
»Gab es da nicht einen Gegensatz zwischen Großem Orient und Schottischer Loge?«
»In Worten, ja. Ein Beispiel: In die Philosophenloge der Neuf Soeurs war auch Benjamin Franklin eingetreten, dem es natürlich um ihre laizistische Umwandlung ging — ihn interessierte nur die Unterstützung der amerikanischen Revolution —, aber zur selben Zeit war einer der Großmeister jener Graf von Milly, der nach einem Elixier für langes Leben suchte. Da er ein Idiot war, vergiftete er sich bei seinen Experimenten und starb. Oder denken Sie an Cagliostro: einerseits erfand er ägyptische Riten, andererseits war er in die Affare mit dem Halsband der Königin involviert, also in einen Skandal, den die neuen bürgerlichen Schichten betrie-513
ben hatten, um das Ancien Régime zu diskreditieren. Jawohl, auch Cagliostro hatte die Finger mit drin, verstehen Sie? Versuchen Sie sich nur mal vorzustellen, mit was für Leuten man damals zusammenleben mußte...«
»Muß hart gewesen sein«, sagte Belbo verständnisvoll.
»Aber was für Leute«, fragte ich, »waren diese Barone von Hund, die nach den Unbekannten Oberen suchten...«
»An den Rändern der bürgerlichen Farce waren Gruppen mit ganz anderen Zielen entstanden, die sich, um Anhänger zu gewinnen, notfalls auch mit den Freimaurerlogen zusam-mentaten, aber auf Höheres aus waren. An diesem Punkt kam es zur Diskussion über die Unbekannten Oberen. Leider jedoch war der Baron von Hund kein seriöser Mensch.
Zuerst ließ er seine Adepten glauben, die Unbekannten Oberen seien die Stuarts. Dann erklärte er, Ziel seines Ordens sei die Wiedergewinnung der ursprünglichen Templergüter, und sammelte Gelder, wo er sie kriegen konnte. Da er nicht genug zusammenbekam, fiel er einem gewissen Starck in die Hände, der behauptete, er habe das Geheimnis der Goldfa-brikation von den wahren Unbekannten Oberen erfahren, die in Petersburg säßen. Daraufhin scharten sich um von Hund und Starck allerlei Theosophen, Alchimisten, Gold-und Rosenkreuzer der letzten Stunde, und alle gemeinsam wählten als ihren Großmeister einen höchst integren Aristokraten, den Herzog Ferdinand von Braunschweig. Der freilich sofort begriff, in was für eine schlechte Gesellschaft er da geraten war. Ein anderes Mitglied der Strikten Observanz, der Landgraf Carl von Hessen-Kassel, rief den Grafen von Saint-Germain an seinen Hof, im Glauben, dieser Edelmann könne ihm Gold machen — und was wollen Sie, damals mußte man sich den Launen der Herrschenden fügen...
Doch jener Fürst hielt sich obendrein noch für Sankt Petrus.
Ich versichere Ihnen, einmal mußte der gute Lavater, als er bei dem Landgrafen zu Gast war, der
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