Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
Belbo, um dem Leiden an der Historie zu entfliehen, dem Leben schreibend durch eingeblendete Schreibe anderer genähert.
    Filename: Die Rückkehr des Grafen von Saint-Germain Seit nunmehr fünf Jahrhunderten treibt mich die rächende Hand des Allmächtigen, aus den Tiefen Asiens bis in dieses Land. Ich bringe Schrecken, Verzweiflung und Tod. Doch wohlan, ich bin der Notar des Großen Planes, auch wenn es die andern nicht wissen, ich habe Schlimmeres gesehen, und das Anzetteln der Bartholomäusnacht hat mich mehr Mühsal gekostet, als ich jetzt aufzubringen gedenke. Oh, warum kräuseln sich meine Lippen zu 594
    diesem satanischen Lächeln? Ich bin, der ich bin — hätte sich der verruchte Cagliostro nicht auch noch dieses mein letztes Recht angemaßt.
    Doch der Triumph ist nahe. Soapes, als ich Kelley war, hat mich alles gelehrt, im Tower von London. Das Geheimnis ist, ein anderer zu werden.
    Mit schlauen Intrigen habe ich Giuseppe Balsamo in der Festung San Leo einkerkern lassen und mich seiner Geheimnisse bemächtigt. Als Saint-Germain bin ich verschwunden, alle halten mich jetzt für Cagliostro.
    Vor kurzem hat es Mitternacht von allen Uhren der Stadt geschlagen. Welch unnatürliche Stille. Dieses Schweigen verspricht nichts Gutes. Die Nacht ist wunderbar, obschon sehr kalt, der Mond hoch am Himmel taucht die undurchdringlichen Gassen des alten Paris in ein frostiges Licht. Es könnte zehn Uhr abends sein: Der Turm von Black Friars Abbey hat soeben feierlich acht Uhr geschlagen. Der Wind schüttelt mit düsterem Klirren die Eisenfähnchen auf der trostlosen Weite der Dächer. Dichte Wolken bedek-ken den Himmel.
    Captain, kehren wir um? Nein, im Gegenteil, wir stürmen voran.
    Verflucht, gleich wird die Patna sinken, spring, Surabaya-Jim, spring! Gäbe ich nicht, um dieser Angst zu entgehen, einen nuß-
    großen Diamanten?
    An Luv den Hauptbaum, den Besan, das Vorbram, was willst du noch mehr, verdammter Hurensohn, there blows!
    Ich fletsche gräßlich das Gehege der Zähne, indes eine Todes-blässe mein wächsernes Antlitz mit grünlichen Flammen entzündet.
    Wie bin ich hierhergekommen, ich, der ich als das Inbild der Rache erscheine? Grinsen werden die Geister der Hölle, verächtlich grinsen über die Tränen des Wesens, dessen drohende Stimme sie so oft erzittern ließ im tiefsten Schlund ihres feurigen Abgrunds.
    Wohlan, eine Fackel.
    Wie viele Stufen bin ich hinabgestiegen in diesen Keller? Sieben?
    Sechsunddreißig? Da ist kein Stein, den ich berührt, kein-Schritt, den ich getan habe, der nicht eine Hieroglyphe verbärge. Wenn ich sie aufgedeckt haben werde, wird meinen Getreuen endlich das Gro-
    ße Geheimnis offenbart. Dann bleibt ihnen nur noch, es zu entziffern, und seine Lösung wird sein der Schlüssel, hinter dem sich die Botschaft verbirgt, die dem Eingeweihten, und nur ihm allein, in 595
    klaren Worten sagen wird, welcher Art das Rätsel ist.
    Vom Rätsel zur Dechiffrierung ist der Weg kurz, und herauskommen wird in gleitender Pracht das Hierogramm, um das Gebet der Befragung zu läutern. Dann wird keinem mehr unbekannt sein können das Arkanum, der Schleier, der ägyptische Teppich, der das Pentaculum bedeckt. Und von da geht es weiter zum Licht, den Okkulten Sinn des Pentaculums zu erklären, die Kabbalistische Frage, auf die nur wenige antworten werden, um mit Donnerstimme zu sagen, welches das Unergründliche Zeichen sei. Über dieses gebeugt, werden Sechsunddreißig Unsichtbare die Antwort geben müssen, die Aus-Sage der Großen Rune, deren Sinn sich nur den Kindern des Hermes erschließt, und ihnen allein sei das Höhnische Siegel gegeben, die Maske, hinter der sich das Antlitz abzeichnet, das sie bloßzulegen versuchen, der Mystische Rebus, das Erhabene Anagramm...
    — Sator Arepo! rufe ich mit einer Stimme, die ein Gespenst erzittern ließe. Und ablassend von dem Rad, das er hält mit dem schlauen Werk seiner Mörderhände, erscheint Sator Arepo, bereit für meine Befehle. Ich erkenne ihn, ich hatte bereits geargwöhnt, daß er es sei. Es ist Luciano, der kriegsversehrte Packer, den die Unbekannten Oberen zum Exekutor meines infamen und blutigen Auftrags ausersehen haben.
    — Sator Arepo, frage ich höhnisch, weißt du, welches die letzte Antwort ist, die sich hinter dem Erhabenen Anagramm verbirgt?
    — Nein, Graf, antwortet der Unbesonnene, ich erwarte sie aus deinem Munde.
    Ein Höllengelächter steigt von meinen bleichen Lippen empor und bricht sich hallend unter den alten Gewölben.
    —

Weitere Kostenlose Bücher