Das Foucaultsche Pendel
Narr! Nur der wahre Initiierte weiß, daß er die Antwort nicht weiß.
Jawoll, Chef, antwortet der Packer stumpf, ganz wie Sie wollen. Stehe zu Diensten.
Wir befinden uns in einem finsteren Keller in Clignancourt. Heute nacht muß ich dich bestrafen, dich vor allem, die du mich eingeweiht hast in die noble Kunst des Verbrechens. Dich, die du vorgibst, mich zu lieben, und schlimmer noch, es sogar glaubst, und die namenlosen Feinde, mit denen du das nächste Weekend verbringen wirst. Luciano, der ungelegene Zeuge meiner Demütigungen, wird mir seinen Arm dazu leihen den einzigen, den er noch hat und dann selbst daran sterben.
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Der Keller hat eine Luke im Boden, die zu einem Schacht führt, einer Art Brunnenloch oder Verlies, das seit unvordenklichen Zeiten als Versteck für Schmuggelware benutzt wird. Der Schacht ist beunruhigend feucht, da unmittelbar den Pariser Kloaken benach-bart, dem Labyrinth des Verbrechens, und das alte Gemäuer schwitzt unsägliche Miasmen aus, so daß es genügt, mit Hilfe Lucianos, des Treuesten im Bösen, ein Loch in die Wand zu schlagen, und das Wasser bricht in Strömen herein, überschwemmt das Kellergeschoß, läßt die brüchigen Mauern zerfalen und den Schacht einswerden mit dem Rest der Kanäle, schon schwimmen da unten verwesende Ratten, die schwärzlich schimmernde Flä-
che, die man vom Rande des Schachtes aus sieht, ist nurmehr der Vorhof zur nächtlichen Verdammnis fern, fern die Seine, dann das Meer...
Eine Strickleiter hängt in den Schacht hinab, und auf ihr geht Luciano jetzt unten, dicht über dem Wasserspiegel, in Stellung, bewehrt mit einem Messer: eine Hand um die erste Sprosse geklammert, die andere um den Messergriff, die dritte bereit, das Opfer zu packen. Jetzt warte, und rühr dich nicht, sage ich zu ihm, du wirst sehen.
Ich habe dich dazu gebracht, alle Männer mit Narben zu eliminieren komm mit, sei für immer die meine, laß uns diese unerwünschten Präsenzen beseitigen, ich weiß, daß du sie nicht liebst, du hast es mir selber gesagt, so werden nur du und ich übrigblei-ben, wir zwei und die unterirdischen Strömungen.
Jetzt bist du eingetreten, hochmütig wie eine Vestalin, heiser und bucklig wie eine Hexe o Höllenvision, die du meine hundertjährigen Lenden erschütterst und mir die Brust einschnürst vor stechendem Verlangen, o herrliche Mulattin, Werkzeug meiner Verdammnis! Mit Krallenhänden zerreiße ich mir das feine Batist-hemd, das meine Brust schmückt, und mit den Nägeln kratze ich blutige Furchen hinein, indes eine gräßliche Glut meine Lippen verbrennt, die kalt sind wie die Hände der Schlange. Ein dumpfes Gebrüll steigt aus den schwärzesten Tiefen meiner Seele empor und durchbricht das Gehege meiner gebleckten Zähne ich Zentaur, erbrochen vom Tartaros , und fast hört man keinen Salamander mehr fliegen, denn ich halte den Schrei zurück und nähere mich dir mit einem schaurigem Lächeln.
Meine Liebe, meine Sophia, begrüße ich dich katzenhaft schmeichelnd, wie es nur der geheime Chef der Ochrana vermag.
Komm, ich hatte dich schon erwartet, verstecke dich mit mir im 597
Dunkeln und warte und du lachst heiser und schmierig, in lüsterner Vorfreude auf eine Erbschaft oder Beute, ein Manuskript der Protokolle zum Verkauf an den Zaren... Wie gelingt es dir nur, hinter diesem Engelsgesicht deine Dämonennatur zu verbergen, schamhaft eingehüllt in deine androgynen Jeans, dein fast durchsichtiges T-Shirt, das gleichwohl die infame Lilie verbirgt, die dir der Henker von Lille in dein weißes Fleisch gebrannt hat!
Der erste Ahnungslose ist eingetroffen, von mir in die Falle gelockt. Ich erkenne nur schwer seine Züge unter der Kapuze, doch er zeigt mir das Zeichen der Templer von Provins. Es ist Soapes, der Abgesandte der portugiesischen Gruppe. Graf, sagt er, der Moment ist gekommen. Zu viele Jahre sind wir verstreut durch die Welt geirrt. Ihr habt das Schlußstück der Botschaft, ich das, mit welchem das Große Spiel einst begann, aber das ist eine andere Geschichte. Tun wir unsere Kräfte zusammen, und die andern...
Ich vollende seinen Satz: Die andern, zur Hölle mit ihnen!
Geh, Bruder, dort in der Mitte des Raumes findest du einen Schrein, und in dem Schrein befindet sich, was du seit Jahrhunderten suchst. Fürchte dich nicht vor der Dunkelheit, sie bedroht uns nicht, sie schützt uns.
Der Ahnungslose bewegt sich langsam, fast tastend voran. Ein dumpfer Fall. Er ist in den Schacht
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