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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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fehlerhaf-ten, phantastischen, geradezu kindischen Text, der nur dazu
    * Was ist der verborgene Einfluß hinter der Presse, hinter all den subversiven Bewegungen, die uns umgeben? Sind da mehrere Mächte am Werk? Oder ist es eine einzige Macht, eine einzige unsichtbare Gruppe, die alle anderen lenkt — der Kreis der Wahren Initiierten?
    657
    diente, durchblicken zu lassen, daß er, der Oberst, das Auge auf die echte Botschaft von Provins und die wahren Aufzeichnungen von Ingolf geworfen hatte, nach denen seine Mörder immer noch suchten. Ein schmaler Ordner jedoch, der nur zehn kleine Seiten enthalten habe, und auf diesen zehn kleinen Seiten den wahren Text, den, der sich wirklich unter Ingolfs Papieren befunden habe, der sei in Belbos Händen verblieben.
    Ach nein, wie kurios, hatte Agliè reagiert, sprechen Sie weiter, so sprechen Sie doch weiter! Und Belbo hatte weiter-gesprochen. Er hatte den ganzen Großen Plan erzählt, so wie wir ihn ersonnen hatten und so, als ob er in jenem kostbaren Manuskript enthüllt worden wäre. Er hatte sogar gesagt, in immer konspirativerem und vertraulicherem Ton, daß auch ein Polizeikommissar, ein gewisser De Angelis, bis zum Rand der Wahrheit vorgedrungen sei, aber eben nur bis zum Rand und nicht weiter, wegen des wahrhaft hermetischen Schweigens — so müsse man es wirklich nennen —, in das er sich gehüllt habe, er, Jacopo Belbo, der Hüter des größten Geheimnisses der Menschheit. Eines Geheimnisses, das sich am Ende letztlich auf das Geheimnis der richtigen Karte re-duziere.
    Hier hatte er eine Pause gemacht, eine Pause voller Be-deutsamkeit wie alle großen Pausen. Daß er die letzte Wahrheit nicht preisgab, garantierte die Wahrheit der Prämissen.
    Nichts ist lärmender — für den, der wirklich an eine geheime Überlieferung glaubt —, als das Schweigen.
    »Ach wirklich, wie interessant, wie interessant!« rief Agliè und zog sein Tabakdöschen aus der Westentasche mit einer Miene, als dächte er an etwas anderes. »Und... und die Karte?«
    Und Belbo dachte: Ha, alter Voyeur, jetzt erregst du dich, das geschieht dir recht, bei all deinen Saint-Germain-Manieren bist du doch nur ein kleiner Betrüger, der vom Spiel mit den drei gezinkten Karten lebt, und dann kaufst du den Eiffelturm vom erstbesten Betrüger, der noch raffinierter ist als du. Jetzt schicke ich dich auf die Suche nach der Karte, auf diese Weise verschwindest du in den Eingeweiden der Erde, von den Strömungen mitgerissen, und stößt mit dem Kopf an den Südpol irgendeiner keltischen Nadel.
    Und mit Verschwörermiene: »Natürlich befand sich in 658
    dem Manuskript auch eine Karte, beziehungsweise ihre genaue Beschreibung und der Verweis auf das Original. Es ist schon frappierend, Sie machen sich keine Vorstellung, wie leicht das Problem zu lösen war. Die Karte war für jeder-mann zugänglich, jeder konnte sie sehen, Tausende sind jeden Tag an ihr vorbeigegangen, jahrhundertelang. Im übrigen ist das Orientierungssystem so einfach, daß es genügt, sich das Schema zu merken, und schon könnte man die Karte stante pede überall reproduzieren. So einfach und so un-vorhersehbar... Alles in allem ist es so — ich sage das nur, um Ihnen die Idee zu verdeutlichen —, als wäre die Karte in die Cheopspyramide eingeschrieben, offen aufgeschlagen vor aller Augen, und jahrhundertelang hätten alle die Pyramide gelesen und wiedergelesen und dechiffriert, um andere Hinweise, andere Berechnungen in ihr zu finden, ohne die unglaubliche, die so wunderbar einfache Wahrheit auch nur zu ahnen. Ein Meisterwerk an Unschuld. Und an Raffinesse.
    Die Templer von Provins waren Magier.«
    »Sie machen mich wirklich neugierig. Könnten Sie mir diese Karte nicht einmal zeigen?«
    »Ich muß gestehen, ich habe alles zerstört, die zehn Seiten und die Karte. Ich war erschrocken, Sie werden das sicher verstehen, nicht wahr?«
    »Sie wollen mir doch nicht sagen, Sie hätten ein derart wichtiges Dokument zerstört...«
    »Ich hab’s zerstört, aber wie ich schon sagte, die Enthüllung war von absolut unüberbietbarer Einfachheit. Die Karte ist hier drin«, und er schlug sich mit der Hand an die Stirn (und mußte innerlich lachen, weil ihm dabei der dumme Witz mit dem Deutschen einfiel, der stolz erzählte, er hätte im Urlaub Italienisch gelernt, jeden Tag ein Wort, und jetzt habe er tutto kvi in mio kulo ).»Seit über zehn Jahren trage ich’s mit mir herum, dieses Geheimnis, seit über zehn Jahren habe ich diese Karte hier

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