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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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schlafen und ist Abstinenzler. Sind Sie dort zu finden?«
    »Wo sonst? Ich gehöre zu einer verlorenen Generation und finde mich nur wieder, wenn ich in Gesellschaft der Einsamkeit meinesgleichen beiwohne.«
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    Li frere, li mestre du Temple
    Qu’estoient rempli et ample
    D’or et d’argent et de richesse
    Et qui menoient tel noblesse,
    Oùsont il? que sont devenu? *
    Chronique à la suite du roman de Favel
    Et in Arcadia ego. Pilade war an jenem Abend das Inbild des Goldenen Zeitalters. Es war so ein Abend, an dem man spürte, daß die Revolution nicht nur gemacht werden, sondern vom Unternehmerverband gesponsert sein würde. Nur bei Pilade konnte man den Besitzer einer Baumwollfabrik, in Jeansjacke und mit Bart, beim Pokern mit einem künftigen Untergrundkämpfer im Zweireiher und mit Krawatte sehen.
    Wir standen am Beginn eines großen Paradigmenwechsels.
    Noch zu Anfang der sechziger Jahre war der Bart ein Abzeichen der Faschisten gewesen — man mußte ihn nur wie Italo Balbo tragen: spitz zulaufend, mit glattrasierten Wangen —, Achtundsechzig war er dann zum Symbol der Protestbewegung geworden, und jetzt wurde er allmählich neutral, ein allgemeines Zeichen der Freiheit. Der Bart war seit jeher Maske gewesen (man klebt sich einen falschen Bart an, um nicht erkannt zu werden), aber zu Beginn der siebziger Jahre konnte man sich auch mit einem echten Bart vermummen.
    Man konnte lügen, indem man die Wahrheit sagte, ja indem man die Wahrheit enigmatisch und ungreifbar machte, denn angesichts eines Bartes konnte niemand mehr auf die Gesin-nung des Trägers schließen. An jenem Abend indessen prangte der Bart auch auf den glatten Gesichtern derer, die gerade dadurch, daß sie keinen trugen, zu verstehen gaben, daß sie durchaus einen tragen könnten und nur der Provokation wegen darauf verzichteten.
    * Die Brüder, die Meister des Tempels / Die angefüllt waren und reichlich / Mit Gold und Silber und Schätzen / Und die solchen Adel führten / Wo sind sie geblieben? Was ist aus ihnen geworden?
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    Aber ich schweife ab. Gegen elf erschienen Belbo und Diotallevi, einander mit verstörter Miene herbe Kommentare über ihr soeben absolviertes Essen zuraunend. Erst später erfuhr ich, was es mit den Einladungen des Signor Garamond auf sich hatte.
    Belbo ging gleich zu seinen bevorzugten Destillaten über, Diotallevi überlegte lange, entnervt, und bestellte schließ-
    lich ein Tonic Water. Wir fanden ein Tischchen im hinteren Teil der Bar, das gerade zwei Straßenbahner räumten, die am nächsten Morgen früh aufstehen mußten.
    »Also los«, begann Diotallevi. »Diese Templer...«
    »Nein, bitte nicht jetzt«, versuchte ich mich zu drücken.
    »Das sind doch Sachen, die man überall nachlesen kann.«
    »Wir sind für die mündliche Überlieferung«, sagte Belbo.
    »Die ist mystischer«, erklärte Diotallevi. »Gott schuf die Welt, indem er sprach. Er hat kein Telegramm geschickt.«
    »Fiat lux. Stop. Brief folgt«, murmelte Belbo.
    »Vermutlich an die Thessalonicher«, sagte ich.
    »Die Templer!« beharrte Belbo.
    »Also«, begann ich.
    »Man fängt nie mit also an«, tadelte Diotallevi.
    Ich machte Anstalten, mich zu erheben. Wartete, daß sie mich baten zu bleiben. Sie taten es nicht. Ich setzte mich wieder und sprach.
    »Naja, ich meine, die Geschichte kennt ja doch jeder. Da wäre der erste Kreuzzug, klar? Gottfried von Bouillon betet am Heiligen Grab und erfüllt sein Gelübde, Balduin wird der erste König von Jerusalem, Ein christliches Reich im Heiligen Land. Aber Jerusalem halten ist eine Sache, das übrige Palästina ist eine andere, die Sarazenen sind zwar geschlagen, aber nicht ausgeschaltet. Das Leben ist nicht leicht da unten, weder für die Neuansässigen noch für die Pilger. Tja, und dann kommen 1118, unter Balduin II., neun Typen daher, angeführt von einem gewissen Hugo von Payns, und bilden den ersten Kern eines Ordens der Armen Ritter Christi: einen monastischen Orden, aber mit Schwert und Rü-
    stung. Mit den drei klassischen Gelübden, Armut, Keuschheit, Gehorsam, aber ergänzt um den Schutz der Pilger. Der König, der Bischof, alle in Jerusalem helfen ihnen sofort, spenden Geld, bringen sie im Kloster des alten Tempels von Salomo unter. Tja, und so werden sie Tempelritter.«
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    »Was sind es für Leute?«
    »Hugo und die ersten acht sind wahrscheinlich noch Idea-listen, von der Kreuzzugsmystik durchdrungen. Aber später sind es dann junge Kerle, zweitgeborene Adelssöhne auf der Suche

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