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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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braucht schließ-
    lich einen Sündenbock, finden Sie nicht? Ich werfe Gudrun nur vor, daß sie nicht die Manuskripte verliert, die ich gerne los wäre. Unangenehme Zwischenfälle bei dem, was der gute Bacon The advancement of learning nannte.«
    »Aber wohin gehen sie denn verloren?«
    Er breitete die Arme aus. »Entschuldigen Sie, aber merken Sie nicht, wie dumm die Frage ist? Wenn man wüßte wohin, wären sie nicht verloren.«
    »Logisch«, sagte ich. »Aber hören Sie. Wenn ich mir die Bücher von Garamond ansehe, scheint mir, daß sie sehr gut gemacht sind, sorgfältig ediert, und Sie haben einen ziemlich reichhaltigen Katalog. Machen Sie alles hier drin? Wie viele sind Sie?«
    »Gegenüber ist ein großer Raum mit den Herstellern, hier nebenan sitzt mein Kollege Diotallevi. Aber er betreut die Lehrbücher, die langlebigen Werke, an denen man lange sitzt und die über lange Zeit verkauft werden, sogenannte Longseller. Die kurzlebigen Studienausgaben mache ich.
    Aber Sie dürfen nicht denken, das wäre allzuviel Arbeit.
    Gott ja, über manchen Büchern brüte ich lange, die Manu-87
    skripte muß ich natürlich lesen, aber im allgemeinen ist alles schon abgesichertes Zeug, ökonomisch und wissenschaftlich. Veröffentlichungen des Instituts Soundso, Kongreßakten, herausgegeben und finanziert von der und der Uni.
    Wenn der Autor ein Debütant ist, schreibt sein Lehrer ein Vorwort, und die Verantwortung liegt bei ihm. Der Autor korrigiert mindestens zweimal die Fahnen, überprüft die Zitate und Anmerkungen, und die Rechte haben wir. Dann kommt das Buch heraus, nach ein paar Jahren sind ein- bis zweitausend Exemplare verkauft, die Kosten sind gedeckt...
    Keine Überraschungen, jedes Buch ein Gewinn.«
    »Und was machen dann Sie?«
    »Och, eine Menge. Vor allem muß ich die Auswahl treffen.
    Dann gibt es auch ein paar Bücher, die wir auf unsere Kosten rausbringen, meistens Übersetzungen renommierter Autoren, um unser Programm auf Niveau zu halten. Und schließ-
    lich gibt es noch Manuskripte, die einfach so reinkommen, die uns von Einzelgängern gebracht werden. Da ist zwar bloß selten was Interessantes dabei, aber man muß sie durchsehen, man weiß ja nie.«
    »Macht Ihnen die Arbeit Spaß?«
    »Spaß? Ich amüsiere mich prächtig. Das ist das einzige, was ich wirklich gut kann.«
    In der Tür erschien ein hagerer Mann um die Vierzig, der ein mehrere Nummern zu großes Jackett trug.
    Er hatte spärliches gelbblondes Haar, das ihm über dichte, ebenfalls gelbblonde Brauen fiel. Seine Stimme war sanft, als redete er mit einem Kind.
    »Ich bin schon ganz krank von diesem Vademecum des Beiträgers. Müßte alles neu schreiben und hab keine Lust dazu.
    Störe ich?«
    »Das ist Diotallevi«, sagte Belbo und stellte uns vor.
    »Ach, Sie sind wegen der Templer gekommen. Sie Ärmster. Hör mal, Jacopo, mir ist noch was Gutes eingefallen: Zigeunerische Urbanistik.«
    »Schön«, sagte Belbo bewundernd. »Ich dachte gerade an Aztekische Reitkunst.«
    »Wunderbar. Aber tust du die jetzt in die Potiosektion oder zu den Adynata?«
    »Mal sehen«, sagte Belbo, kramte in einer Schublade und zog ein paar Blätter heraus. »Die Potiosektion...« Er blickte 88
    auf und sah meine Neugier. »Die Potiosektion ist, wie der Name sagt, die Kunst des Suppeschneidens. Aber nicht doch, wo denkst du hin«, wandte er sich an Diotallevi, »die Potiosektion ist doch keine Abteilung, sondern ein Fach, wie die Mechanische Avunculogratulation und die Pilokatabase, beide in der Abteilung Tetrapilotomie.«
    »Was ist Tetralo...«, fragte ich zögernd. »Die Kunst, ein Haar in vier Teile zu spalten. Diese Abteilung enthält die Lehre unnützer Techniken, zum Beispiel die Mechanische Avunculogratulation, die lehrt die Konstruktion von Maschinen zur Tanten- und Onkelbeglückwünschung. Wir schwanken noch, ob wir auch die Pilokatabase in diese Abteilung einordnen sollen, das ist die Kunst, um ein Haar zu entwischen, was ja nicht ganz unnütz ist, oder?«
    »Ich bitte Sie, sagen Sie mir doch endlich, wovon Sie da eigentlich reden!« flehte ich.
    »Ganz einfach, Diotallevi und ich projektieren eine Reform des Wissens. Wir planen eine Fakultät der Vergleichen-den Irrelevanz, in der man unnütze oder unmögliche Fächer studieren kann. Die Fakultät zielt auf die Reproduktion von Gelehrten mit der Fähigkeit, die Anzahl der irrelevanten Dis-ziplinen ad infinitum zu steigern.«
    »Und wie viele Abteilungen haben Sie schon?«
    »Vorläufig vier, aber die

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