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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Templer habe als Endziel das Jahr Zweitausend anvisiert!
    Die Templer beschließen also, in den Untergrund zu gehen, und um das tun zu können, ist es erforderlich, daß der Orden in den Augen der Welt verschwindet. Sie opfern sich, das istes, was sie tun, samt ihrem Großmeister. Einige lassen sich umbringen, vermutlich hat man sie ausgelost. Andere unterwerfen sich, tarnen sich durch den Eintritt in andere Orden. Wo landen die unteren Ränge? Die Laienbrüder, die Bau- und Zimmerleute, die Glaser...? Nun, so entsteht die Zunft der Freien Maurer, die sich über die Welt verbreitet, 145
    man kennt die Geschichte. Doch was geschieht in England?
    Der König widersetzt sich dem Druck des Papstes und gestattet den Templern, ihr Leben friedlich in ihren Ordens-burgen zu beenden. Und die Templer in Frankreich lassen sich alles brav und bieder gefallen! Schlucken Sie das? Ich nicht. In Spanien beschließt der Orden, den Namen zu ändern, und wird zum Orden von Montesa. Tja, meine Herren, das waren Leute, die einen König zu überzeugen vermochten, die so viele Wechsel in ihren Tresoren hatten, daß sie ihn binnen einer Woche in den Bankrott hätten treiben können. Auch der König von Portugal ist kompromißbereit: Hört zu, liebe Freunde, sagt er, nennt euch fortan nicht mehr Ritter des Tempels, sondern Ritter Christi, und ich bin’s zufrieden. Und in Deutschland? Kaum Prozesse, rein formale Abschaffung des Ordens, aber dort haben die Templer immerhin auch einen Bruderorden, die Deutschordensritter, die zu jener Zeit etwas mehr tun, als nur einen Staat im Staate zu gründen: Sie sind der Staat, sie beherrschen ein Gebiet, so groß wie das der Länder, die heute unter der Knute Rußlands leben, und sie machen weiter so bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, bis die Mongolen kommen — aber das ist eine andere Geschichte, denn die Mongolen haben wir ja immer noch vor den Toren... Aber schweifen wir nicht ab...«
    »Nein, bitte nicht«, sagte Belbo. »Fahren wir fort.«
    »Eh bien. Wie jeder weiß, verließ zwei Tage, bevor Philipp den Haftbefehl erteilte, also einen Monat, bevor die Verhaftung erfolgte, ein Heuwagen, von zwei Ochsen gezogen, mit unbekanntem Ziel den Tempelbezirk von Paris. Auch Nostradamus spricht davon in einer seiner Centuries...« Der Oberst suchte nach einer Seite in seinem Manuskript: Souz la pasture d’animaux ruminant
    par eux conduits au ventre herbipolique
    soldats cachés, les armes bruit menant... *
    »Der Heuwagen ist eine Legende«, sagte ich, »und ich wür-de Nostradamus nicht als Autorität in Sachen Geschichts-schreibung nehmen.«
    * Unter dem Futter von wiederkäuenden Tieren, von ihnen gezogen zum herbipoli-schen Bauch, Soldaten verborgen, die Waffen schon klirrend...
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    »Bedeutend ältere Leute als Sie, junger Mann, haben vielen Prophezeiungen des Nostradamus Glauben geschenkt.
    Andererseits bin ich nicht so naiv, die Heuwagengeschichte wörtlich zu nehmen. Sie ist ein Symbol. Das Symbol für die evidente und gesicherte Tatsache, daß Jacques de Molay in Voraussicht der bevorstehenden Verhaftung das Kommando und die geheimen Instruktionen an seinen Neffen übertrug, den Grafen von Beaujeu, der daraufhin zum verborgenen Oberhaupt des nun verborgenen Tempelordens wurde.«
    »Gibt es dafür geschichtliche Dokumente?«
    »Die offizielle Geschichte«, lächelte bitter der Oberst, »ist die von den Siegern geschriebene. Nach der offiziellen Geschichte sind Männer wie ich nicht existent. Nein, unter der Sache mit dem Heuwagen verbirgt sich etwas anderes. Der geheime Kern des Ordens begab sich in ein ruhiges Zentrum und begann, von dort aus sein klandestines Netz zu spinnen. Von dieser Evidenz bin ich ausgegangen. Seit Jahren, schon seit der Zeit vor dem Kriege habe ich mich immer wieder gefragt wo diese Brüder im Heroismus geblieben sein mochten. Als ich mich dann ins Privatleben zurückzog, beschloß ich, endlich nach einer Spur zu suchen. In Frankreich war die Flucht mit dem Heuwagen erfolgt, in Frankreich also mußte ich nach dem Ort der Gründungsversammlung des klandestinen Kerns suchen. Aber wo?«
    Er hatte Sinn für Theatralik. Belbo und ich wollten nun wissen, wo. Wir fanden kein besseres Mittel, als zu sagen:
    »Sagen Sie’s!«
    »Ich sage es. Woher kamen die Templer? Woher stammte ihr Gründer Hugo von Payns? Aus der Champagne, aus der Nähe von Troyes. Und in der Champagne regierte Graf Hugo de Champagne, der ihn wenige Jahre nach der Gründung, 1125, in Jerusalem traf.

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