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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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abends.
    Sechs, dachte ich, das heißt auch achtzehn...
    »Okay«, sagte Belbo. »Also immer sechsunddreißig pro 167
    Jahrhundert, rüsten die Templer sich Schritt für Schritt, um den Stein zu entdecken. Aber worum handelt es sich bei diesem Stein?«
    »Wohlan, es handelt sich selbstredend um den Gral.«
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    Das Mittelalter wartete auf den Helden des Gral und darauf, daß das Haupt des Heiligen Römischen Reiches ein Inbild und eine Manifestation des »Königs der Welt« selber werde... daß der
    unsichtbare Kaiser auch der manifestierte sei und das Zeitalter der Mitte... auch die Bedeutung eines Zeitalters des Zentrums habe... Das unsichtbare und unverletzliche Zentrum, der Souverän,
    der wiedererwachen muß, ja selbst der rächende
    und wiederherstellende Held sind keine Phanta-
    sien einer mehr oder minder toten Vergangen-
    heit, sondern die Wahrheit derer, die heute als einzige sich mit Recht lebendig nennen können.
    Julius Evola, Il mistero del Graal, Rom, Edizioni Mediterra-nee, 1983, Kap. 23 und Epilog
    »Sie meinen, da spielt auch der Gral mit rein«, erkundigte sich Belbo.
    »Natürlich. Und das meine nicht nur ich. Über die Sage vom Gral brauche ich mich hier nicht zu verbreiten, ich spreche mit gebildeten Leuten. Es geht um die Ritter der Tafelrunde, um die mystische Suche nach jenem wundertätigen Gegenstand, der für einige der Kelch war, der das Blut Christi auffing, nach Frankreich gelangt durch Joseph von Arimathia, für andere ein Stein mit geheimnisvollen Kräften.
    Oftmals erscheint der Gral als gleitendes Licht... Er ist ein Symbol, das für eine immense Kraft steht, für eine ungeheure Energiequelle. Er gibt Nahrung, heilt Wunden, blendet, streckt nieder... Ein Laserstrahl? Mancher hat an den Stein der Weisen gedacht, den die Alchimisten suchten, doch selbst wenn es so wäre, was war der Stein der Weisen anderes als das Symbol einer kosmischen Energie? Die Literatur darüber ist endlos, aber es lassen sich unschwer einige unbestreitbare Merkmale ausmachen. Wenn Sie den Parzival des Wolfram von Eschenbach lesen, werden Sie sehen, daß der Gral darin so erscheint, als würde er in einer Burg der Temp-169
    ler gehütet! War Wolfram ein Eingeweihter? Ein Unvorsichtiger, der etwas ausgeplaudert hat, was er besser verschwiegen hätte? Doch nicht genug damit. Definiert wird dieser von den Templern gehütete Gral wie ein vom Himmel gefallener Stein: lapis exillis. Man weiß nicht recht, ob das ›Stein vom Himmel‹ (ex coelis) heißen soll, oder ob es von ›Exil‹
    kommt. In jedem Fall ist es etwas, das von weither kommt, und manche haben gemeint, es könnte ein Meteorit gewesen sein. Was uns betrifft, ist die Sache klar: ein Stein. Was immer der Gral auch gewesen sein mag, für die Templer sym-bolisiert er den Gegenstand oder das Ziel des Plans.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, »aber nach der Logik des Dokuments müßten die Ritter sich doch zum sechsten Treffen bei oder auf einem Stein einfinden, nicht einen Stein finden.«
    »Auch dies wieder eine höchst subtile Ambivalenz, eine weitere leuchtende mystische Analogie! Gewiß ist das sechste Treffen auf einem Stein geplant, und wir werden noch sehen, auf welchem, aber auf diesem Stein, wenn die Weiter-gabe des Plans und die Öffnung der sechs Siegel vollendet ist, werden die Ritter erfahren, wo sie den wahren Stein finden können! Was im übrigen ja das Wortspiel Christi ist: Du bist Petrus, und auf diesem Stein... Auf dem Stein werdet ihr den STEIN finden.«
    »So muß es sein«, sagte Belbo. »Bitte, fahren Sie fort. Casaubon, unterbrechen Sie nicht immerzu. Wir sind begierig, den Rest zu hören.«
    »Also«, sagte der Oberst. »Die evidente Bezugnahme auf den Gral hat mich lange glauben lassen, daß der Schatz ein immenses Lager an radioaktivem Material sei, womöglich von einem andern Planeten gefallen. Nehmen Sie nur zum Beispiel, in der Sage, die mysteriöse Wunde des Amfortas...
    Als wäre er ein Radiologe, der sich zu lange den Strahlungen ausgesetzt hat.. Und tatsächlich darf man sie nicht berühren.
    Warum nicht? Bedenken Sie, welche Erregung die Templer empfunden haben müssen, als sie ans Tote Meer gelangten
    — teeriges, schweres Wasser, auf dem man wie ein Korken schwimmt, und es hat heilende Kräfte... Sie könnten in Palä-
    stina ein Uranlager entdeckt haben, sie könnten begriffen haben, daß es sich nicht sofort ausbeuten ließ. Die Beziehungen zwischen dem Gral, den Templern und den Katharern 170
    sind von einem

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