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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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müßte.«
    »Der Weltmeister in Langstreckenseelenwanderung.«
    » No pasarán«, lachte Amparo.
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    Car en ce qu’ils changent & transposent leurs noms, en ce qu’ils desguisent leurs années, en ce que, par leur confession mesme, ils viennent sans se faire cognoistre, il n’y a Logicien qui puisse nyer que necessairement il faut qu’ils soient en nature. *
    Heinrich Neuhaus, Pia et ultimissima admonestatio de Fratri-bus Roseae-Crucis, nimirum: an sint? quales sint? unde nomen illud sibi ascriverint, Danzig 1618, franz. Ausg. 1623, p. 5
    Chessed, sprach Diotallevi, ist die Sefirah der Gnade und der Liebe, weißes Feuer, Südwind. Vorgestern abend im Periskop dachte ich, daß die letzten Tage, die ich mit Amparo in Bahia verbrachte, unter diesem Zeichen standen.
    Ich erinnerte mich — an was man sich so alles erinnert, wenn man Stunden um Stunden im Dunkel wartet! — an einen der letzten Abende in Salvador. Unsere Füße schmerz-ten vom vielen Laufen kreuz und quer durch die Stadt, und so waren wir früh zu Bett gegangen, aber ohne schon schlafen zu wollen. Amparo lag auf der Seite, zusammengekauert wie ein Embryo, und tat, als lese sie durch ihre leicht gespreizten Knie in einem meiner Handbücher über den Umbanda. Ab und zu wälzte sie sich auf den Rücken, die Beine geöffnet, das Buch auf dem Bauch, und hörte mir zu, wenn ich sie für die Entdeckungen zu erwärmen suchte, die ich in dem Buch über die Rosenkreuzer machte. Es war ein schöner Abend, aber, wie Belbo bekifft von Literatur in seinen files geschrieben hätte, kein Lufthauch regte sich, über allen Gipfeln war Ruh. Wir hatten uns ein gutes Hotel geleistet, aus dem Fenster sah man das Meer, und aus der noch erleuchte-ten Küchenecke lockte ein Korb mit tropischen Früchten, die wir am Morgen auf dem Markt gekauft hatten.
    * Denn daß sie ihre Namen wechseln und verbergen, daß sie ihr Alter verschleiern, daß sie nach eignem Bekenntnis daherkommen, ohne sich kenntlich zu machen, das erlaubt keinem Logiker zu verneinen, daß es notwendig sein muß, daß sie in natura existieren.
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    »Hör mal, was hier steht: 1614 erschien in Deutschland eine anonyme Schrift mit dem Titel Allgemeine und General Reformation der gantzen weiten Weit. Nebst der Fama Fraternitatis deß Löblichen Ordens des Rosencreutzes, an alle Gelehrten und Häupter Europae geschrieben. Auch nebst einer kurtzen Responsion, von dem Herrn Haselmeyer gestellet, welcher deßwegen von den Jesuittern ist gefänglich eingezogen und auf eine Galleeren geschmiedet worden: Jtzo öffentlich in Druck verfertigt und allen trewen Hertzen communiciret. Herausgegeben zu Kassel von Wilhelm Wessel.«
    »Ist das nicht ein bißchen lang?«
    »Scheint, daß im siebzehnten Jahrhundert alle Titel so waren. Alle wie von Lina Wertmüller geschrieben.
    Es handelt sich um ein satirisches Werk, eine Fabel über eine allgemeine Reformation der ganzen Menschheit, zum Teil abgeschrieben von den Ragguagli di Pamaso des Traiano Boccalini. Aber darin eingebettet ist ein kleineres Werk, ein knappes Manifest von kaum zwölf Seiten, die Fama Fraternitatis, die ein Jahr später gesondert veröffentlicht wird, gleichzeitig mit einem anderen Manifest, diesmal auf Lateinisch, betitelt Confessio fraternitatis Roseae Crucis, ad eruditos Europae. In beiden stellt sich die Bruderschaft der Rosenkreuzer vor und spricht von ihrem Gründer, einem geheimnisvollen C.R. Erst später und aus anderen Quellen geht hervor, daß es sich um einen gewissen Christian Rosencreutz handelt.«
    »Warum wird der volle Name verschwiegen?«
    »Ach, das wimmelt hier nur so von Initialen, keiner wird hier mit vollem Namen genannt, sie heißen alle G.V., I.A., I.O. oder so, und wer wirklich einen netten kleinen Spitzna-men hat, nennt sich P.D. Erst werden die Bildungsjahre von C.R. erzählt, der zunächst das Heilige Grab besucht, dann nach Damaskus geht, dann nach Ägypten und von da nach Fez, was damals ein Zentrum der muselmanischen Weisheit gewesen sein muß. Dort lernt unser Christian, der bereits Griechisch und Latein konnte, die orientalischen Sprachen, die Physik, die Mathematik, die Naturwissenschaften, er akkumuliert die ganze tausendjährige Weisheit der Araber und der Afrikaner, bis hin zur Kabbala und zur Magie, er übersetzt sogar ein mysteriöses Liber M ins Lateinische, und schließlich kennt er alle Geheimnisse des Makro- und Mikrokosmos. Schon seit zwei Jahrhunderten war damals alles 227
    Orientalische groß in Mode,

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