Das Frauenkomplott
Sie denn jetzt tun?«
Der Antwort, die ich Beate schuldig geblieben war, musste ich mich nun stellen. »Ich habe Angst, allein.«
Sie konnte das verstehen. Schließlich kannte sie mich. Darum war ich ja hier, mich meiner Angst zu stellen. Sie konnte das wahrscheinlich deshalb so gut verstehen, weil sie die vielen Geheimnisse der vielen anderen Menschen kannte, die sich hier bei ihr herumdrückten. Alle hatten sie wahrscheinlich Angst und wenig Begeisterung dafür, alles im Leben allein managen zu müssen, immer mit dem Rücken zur Wand.
»Das Glück, es flieht auf allen Wegen, das Unglück kommt dir stets entgegen!« Diese Lebensweisheit aus einem sinnlosen Film hat sich mir eingeprägt und schien mir meine jetzige Lebenslage treffend auf den Punkt zu bringen.
»Wie soll ich mich denn selbstständig machen! Das habe ich dieser Bande doch nur zur Selbstverteidigung hingeworfen, und alle haben es gefressen.«
Sie ließ mich einen Moment in Ruhe, wollte dann aber von mir wissen, warum ich denn eigentlich die Einzige sei, die mir das nicht zutraut. Darauf kaute ich herum, um wenig später loszuheulen. So sieht es oft in meinen Therapiestunden aus. Aber deshalb gehe ich immer wieder hin.
Mit einem Zitronentee hockte ich mich am frühen Abend auf den kleinen Balkon vor meiner Küche, von dem aus ich auf den Spielplatz hinunterschauen kann. Heute hielt sich dort niemand auf, wahrscheinlich waren die Mütter mit ihren Kindern im Park oder in der Badeanstalt. Es war ein wunderbarer lauer Juniabend. Die Tage wurden immer länger, bald würde der Sommer auch offiziell beginnen.
Ich grübelte nicht, sondern lungerte einfach herum. Die Therapiestunde hatte mich angestrengt und ich wollte meine bei Ruth begonnene Liste der persönlich-psychischen Gewinn-Verlust-Rechnung ohne Festanstellung noch nicht weiterführen. »Nehmen Sie sich Zeit«, hatte Martha Baum mir empfohlen. Also wollte ich das tun.
An diesem Tag ging ich entspannt und gelassen ins Bett. Manchmal weiß man selbst nicht, woran es gelegen hat, dass es einem gut geht. Alles, was der Tag bereithielt, war widrig, alles, was es aufzuzählen gäbe, gehört auf die schwere Seite. Und es findet sich nichts oder fast nichts, für die gute Seite. Ich habe ohnehin einen scharfen Blick für die unangenehmen Dinge und von Zeit zu Zeit, glaube ich, ziehe ich das Unglück an, weil ich es so gut erkenne. Aber dass sich nun etwas ändern würde in meinem Leben, das fühlte ich ganz klar. Nur noch nicht genau das Wie.
An diesem Abend musste ich mir keine Sorgen machen, weder um mich, noch um Ruth. Sie rief mich nämlich an, kurz bevor ich einschlief, und erzählte mir, Rosa würde übers Wochenende zu ihr kommen. Ihre Tochter würde sich mit Friedbert in Berlin treffen.
»Wenigstens bevorzugt er nicht seinen Sohn, sondern gibt Rosa auch einen vernünftigen Betrag fürs Studium.«
Tobias hatte seiner Mama erzählt, dass er ein 20.000-Euro-Sparbuch bekommen hätte, zur freien Verfügung während der Zeit seines Studiums. Das wollte Friedbert für Rosa jetzt wohl auch einrichten. Das also war der Grund dafür, dass er Rosa mitten im Semester dazu bringen konnte, nach Berlin zu kommen.
Aber Friedbert wollte die Dankbarkeit in den Augen seiner Kinder leuchten sehen, deshalb hatte er sie zu sich zitiert, da war ich mir sicher. Ich hatte also recht gehabt, er wollte nicht als Aussätziger zu Grunde gehen und schmiedete neue Familienbande. Ruth fand das in Ordnung – sie konnte ihren Kindern nichts geben, ihr Geld war in Friedberts Händen. Sie war der Meinung, dass die Beträge für ihn ein Taschengeld waren.
»Es ist viel Geld für jeden, auch für meine Kinder. Aber es ist nicht viel Geld für Friedbert.« Ruth war froh, dass ihre Kinder wenigstens überhaupt etwas bekamen, und freute sich auf den Besuch ihrer Tochter.
Ich erzählte ihr nicht, dass ich mit Friedbert verabredet war. Nicht weil ich es ihr verheimlichen wollte, sondern weil ich ihr das Ergebnis meiner Feldforschung im Feindgebiet als Tatsachen präsentieren wollte, als nackte Wahrheit.
7. Kapitel
»Wie bitte, du willst von mir die Telefonnummer von Mari?« Ich explodierte geradezu vor Empörung und spuckte ihm dabei auf seine Tapas. Wir hatten uns nämlich, weil ich diese leckeren, fetten Sachen so gerne mag, doch nicht bei Wiener, sondern in einer Tapas-Bar in der Nähe der Alten Schulenburgstraße getroffen. Friedbert wollte die Weltstadt erleben, deshalb hatte er zum Prenzlauer Berg gewollt und am liebsten
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