Das Frauenkomplott
stocherte, versuchte ich Mari anzurufen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Warum wollte sie, dass ich mitkomme? Wir hatten doch mit der schwangeren Frau aus dem Parterre gar nicht gesprochen, sondern ihr im Rausgehen nur kurz zugewinkt.
Noch 20 Stunden, in denen ich nichts machen konnte. Gibt es Frauen, die sich in einer solchen Situation anders verhalten? Ja, natürlich, Mari würde nie so einen Affentanz veranstalten. Aber die lief ja wohl außer Konkurrenz.
Ich setzte mich an den Schreibtisch, denn ich hatte noch im Internet bei Sotheby’s etwas nachschlagen wollen, aber ich wurde nicht sofort fündig und hatte keinen Elan, diesem halbherzig gefassten Vorhaben weiter nachzugehen. Stattdessen forschte ich nach dem schwarz gelockten Abgott und googelte Schröder und Zimmermann und Holzkonstruktionen und Dach und Berlin. Ich fand Tausende Schröders, aber keine Zimmerleute. Dann ließ ich Berlin weg und suchte mit Schröder und Zimmermann, fand eine Zimmerei – in der Nähe von Lübtheen –, aber nicht Manuel, sondern Peter. Das konnte ja wohl nicht sein! So weit entfernt und mit falschem Vornamen.
Es war zehn, als ich mich endlich wieder auf die Sotheby’s-Seite begab und mich zusammenriss, doch noch etwas zu tun. Die Leinenhose hatte ich auf dem Balkon auf einen Bügel gehängt. Der Fleck war nicht richtig rausgegangen. Ich musste Waschbenzin besorgen und die Hose noch mal waschen.
Nachdem ich den Laptop geschlossen hatte, nahm ich mir ein Glas Weißwein und setzte mich noch einmal nach draußen. Es war Viertel vor elf. Ich wollte ganz entspannt sein. Und es waren noch immer gut 19 Stunden.
*
Die Welt der Geschlechter ist ungerecht. Der Mann, dessentwegen mein ganzer Kleiderschrank in der Wohnung verteilt war, stand in seiner Zimmermannshose und einem kurzärmligen Hemd vor seinem Kangoo.
»Tach!«, sagte ich und ging ihm mit ausgestreckter Hand zur Begrüßung entgegen.
Er lächelte mich an und ergriff meine Hand. »Schön, dass Sie mitkommen … Frau Dr. Brauer.«
»Ich bitte Sie, ich bin Karoline!«
»Manuel«, informierte mich Manuel und ließ leider meine Hand gleich wieder los. Dann aber geleitete er mich zum Kangoo und legte seine linke Hand auf meine Schulter, während er mir mit der rechten die Beifahrertür öffnete. Ich dachte an Mari und versuchte ein dankendes Kopfnicken. Meine Schulter fühlte noch den Abdruck seiner Hand, ein Gefühl, das die nächsten drei Kilometer anhalten sollte.
»Mari meinte, es sei ganz gut, wenn Sie, du mitkommst, da du die Leute unten schon kennst.«
»Na ja!«
Wir schwiegen. Ob Männer das eigentlich auch haben, diese eigenartigen Besessenheiten? Ich schaute ihn von der Seite an. Er war völlig ruhig und saß da entspannt in der Hose, die er den ganzen Tag auf irgendeiner Baustelle angehabt hatte, und sah fantastisch aus.
Ich dagegen hockte hier in meiner zweitbesten Hose, die ich mir in meiner Verzweiflung aus dem Haufen gezogen hatte, nachdem meine erste Wahl mit Waschbenzin ruiniert war. Mittags hatte ich das Museum verlassen, in einem Drogeriemarkt das Benzin besorgt und damit aus einem kleinen Fleck einen großen gemacht. Es gab einen riesigen Rand, die Hose musste noch mal in die Waschmaschine und wurde natürlich nicht mehr trocken.
Dann hatte ich mich geschminkt, was ich höchst selten mache. In Aussicht auf meine Picasso-Vermittlung hatte ich mir auf dem Heimweg in einer Parfümerie nämlich noch ein teures Kompakt-Make-up zugelegt. Außerdem hatte ich mir die Haare geföhnt, was ich sonst auch nicht tue, und erkannte mich anschließend nicht wieder. Ich sah aus wie Strubbelpetra mit einem kleinen, dick gepuderten Gesichtchen und wie aus einem Fellinifilm geflüchtet. Nachdem ich alles wieder abgewaschen hatte, fühlte ich mich aufgerubbelt und ganz elend. Es war mittlerweile halb sechs. Zornig ging ich noch einmal unter die Dusche, machte mir die Haare wieder nass, und so stieg ich mit feuchten Haaren in die Hose, die ich gerade noch greifen konnte, als er bereits um Viertel vor sechs klingelte. Und nun saß ich so unpräpariert im Auto neben ihm.
Er setzte den Blinker und fuhr los. Als wir auf die Otto-Suhr-Allee einbogen, fragte er mich nach der Wohnung in Lichterfelde, und ob sie mir gefalle.
»Ja.«
Anschließend wollte er wissen, wo ich eigentlich arbeite.
»Im Museum! Ich bin Kunsthistorikerin.«
Dann schwieg er. Wir fuhren über die Stadtautobahn nach Süden. Als wir sie verließen, erzählte er mir, dass er Mari seit einem Jahr
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