Das Frauenkomplott
kenne und sie sich auf einem Konzert in irgendeinem Schloss nördlich von Berlin kennengelernt hätten.
»Ist das in der Nähe von Lübtheen?«
»Nein, wieso?«
»Ich dachte, du bist in Lübtheen mit deinem Betrieb.«
»Nein, das ist mein Bruder.« Er sah mich an und ich wurde rot. Auf dem Kangoo stand nichts davon, sondern nur eine große Telefonnummer unter der Aufschrift »Zimmerei – individuelle Holzkonstruktionen«.
»Ich dachte, Mari hätte so was erwähnt!« Hätte ja zumindest sein können. Ich stierte aus dem rechten Seitenfenster und ärgerte mich über mich. Er klärte mich auf, dass er mit seinem Bruder zusammenarbeite, der seit über zehn Jahren in der Nähe von Lübtheen die große Werkstatt hatte, mit entsprechendem Lagerplatz – er sei sozusagen der kleine Ableger in Güterfelde. Er richtete sich an Kunden in Berlin und der näheren Umgebung und hätte sich spezialisiert auf denkmalgeschützte Bauten. Bei vielen Baustellen arbeitete er aber mit seinem Bruder Peter zusammen.
Ich hörte schweigend zu und versuchte möglichst unbefangen und desinteressiert auszusehen.
Endlich hielten wir vor der Kommandantenstraße 135 und nun ging ich vor. Immerhin hatte Mari mich ja vorgeschickt. Die schwangere junge Frau war im Garten, dieses Mal allein, sie saß unter einem großen Sonnenschirm auf der Terrasse. Das dreijährige Kind hockte auf der Wiese und spielte mit Legosteinen.
Sie kam auf mich zu und begrüßte mich mit Namen. Sie sagte, Frau Rosenberg hätte angekündigt, dass ich den Handwerker begleiten würde. Wenn es uns recht wäre, gäbe sie mir jetzt die Schlüssel, ich wüsste ja den Weg. Manuel bedankte sich und wir gingen zur Haustür. Ich öffnete die Tür, drückte ihm aber den Schlüssel in die Hand.
»Das ist ja dein Job hier.«
In der Wohnung ging ich zum Fenster, an dem ich mit Mari gestanden hatte, und blickte wie beim ersten Mal in den Garten. Mari hatte mir da wohl einen Gefallen tun wollen. Warum hatte ich mich so kopflos auf diese Sache eingelassen? Ich wurde wütend auf Mari, wie auf eine große schöne Schwester, die der kleinen ein bisschen Schokolade abgibt. Sie wusste, dass mir dieser Kerl gefiel, und so hatte sie das hier arrangiert und ihn unter fadenscheinigen Gründen mit mir zusammengebracht. Ich fühlte mich mit einem Mal gedemütigt und verkrampfte.
»Kommst du mit auf den Boden?«, fragte Manuel.
Ich drehte mich brüsk um, schüttelte den Kopf und lehnte ab. »Ich war schon mal oben. Ich warte hier.«
»Wie du meinst«, meinte Manuel, lächelte mich an und verließ die Wohnung. Ich hatte zehn Minuten Zeit, in der ich auf dem schön gearbeiteten Boden auf und ab ging, mich über mich ärgerte, dass ich überhaupt mitgefahren war, auf Mari fluchte, dass sie mir das angetan hatte. Sie hatte mich verkuppeln wollen, mir etwas Gutes tun, sie, der schöne Schwan führte mich unbeholfene Ente mit einem Traummann zusammen. Ich kam mir vor, als nähme ich ein Almosen. Irgendjemand musste ja Schuld haben, also zürnte ich Mari, dass sie mich in eine Situation gebracht hatte, in der mich meine eigene Unbeholfenheit niederstreckte. Und je mehr diese Gedanken von mir Besitz ergriffen, desto weniger konnte ich glauben, dass Manuel freiwillig mit mir die Wohnung und den Dachstuhl besichtigte. So zürnte ich mir selbst, dass ich das Manöver nicht von Anfang an durchschaut hatte, und wurde Opfer meiner Ungeduld, da ich sie nicht erreichen konnte, um ihr das zu sagen. »Dieser Anschluss ist im Moment nicht zu erreichen«, informierte mich ihr Anrufbeantworter lapidar. Am bösesten war ich mir aber deshalb, weil ich Manuel nicht gleich abgesagt hatte. Unentschieden zwischen Zorn und Niedergeschlagenheit kamen mir die Tränen.
»Ich bin fertig!«, sagte er hinter mir von der Tür her.
Ich schloss die Augen und drehte mich um. Eher traurig als kühl antwortete ich, ich sei auch fertig, und ging an ihm vorbei, die Treppe herunter. Die nette Frau aus dem Erdgeschoss kam uns entgegen, um den Schlüssel von Manuel in Empfang zu nehmen. Ich stand beklommen neben ihm und schaffte es gerade noch, ihr die Hand zu geben und mich zu verabschieden.
Auf der Rückfahrt versuchte Manuel, sich mit mir über die Wohnung auszutauschen, aber meine Einsilbigkeit brachte das Gespräch nicht gerade in Gang. Da mit mir keine Unterhaltung möglich schien, erzählte er mir vom Zustand des Dachstuhls und erläuterte Möglichkeiten, die es seiner Ansicht nach gäbe, in Übereinstimmung mit Denkmalschutz
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