Das Frauenkomplott
Buch. Vielleicht lag Maris Einschätzung der Männer an sich aber auch an der konkreten Auswahl ihrer Männer.
»Was liest er denn?«
Das wisse sie nicht. Wahrscheinlich Krimis und Romane.
»Was macht er denn sonst noch?«
Sie wusste zu meiner Erleichterung, dass er noch nie verheiratet gewesen war und seine letzte langjährige Beziehung schon vier Jahre zurücklag. Ansonsten würde er noch Formationstanz machen.
»Wie bitte, was tut er?« Formationstanz ist für mich das Albernste, was es gibt. Deshalb musste ich tief durchatmen. Ich hörte Mari leise lachen.
»Das ist ein richtig harter Sport, Karoline!« Er hatte ihr davon erzählt, dass das ein recht zeitintensives Hobby sei. Er tanzte nämlich im Verein, mit Wettkampf und allem Drum und Dran.
»Hast du das schon mal gesehen? Wenn das in der Glotze kommt, zappe ich immer ganz schnell weg – und diese Frauen …«
Mari fuhr dazwischen. »Willst du ihn jetzt schon verlassen, bevor du ihn überhaupt erobert hast?«
»Nein, nein! Ich muss das nur irgendwie verarbeiten.« Und aus Jux fügte ich hinzu: »Ich werde mich mal informieren, ob es bei mir um die Ecke nicht auch so einen Verein gibt.«
Nachdem das Gespräch beendet war, machte ich mich sofort auf die Suche. Weil ich in den letzten zwei Wochen im Museum ohnehin nur noch mit der Übergabe der laufenden Angelegenheiten, vor allem der Ausstellung »Kitsch und Kunst«, beschäftigt war, konnte ich doch sehen, ob ich außer Fahrradfahren nicht noch ein bisschen anderen Sport treiben könnte. Und was spräche denn gegen Tanzen? Ich war ja ohnehin dabei, meine ganzen Vorurteile über Bord zu werfen. Warum nicht auch in Bezug auf Formationstanz.
Doch ein Blick ins Internet über die entsprechenden Suchbegriffe brachte eine so erschütternde Galerie von aufgebrezelten Tanzhühnern und in die Brust geworfenen pomadigen Gigolos zutage, dass ich mich nicht entschließen konnte, dieses Vorurteil sofort abzulegen. Ich versuchte, mir Manuel Schröder im schwarzen Frack und mit zurückgekämmter Tolle vorzustellen. Das machte mir in gewisser Weise sogar Freude. Die Vorstellung aber, dass er eine dieser lackierten, halb nackten Miezen an den ganz tiefen Rücken fasste, gefiel mir nicht.
Bei meiner Recherche stolperte ich über ein Ballhaus, das gerade zwischen Juni und Mitte September Sommerkurse anbot, und weil wir in Berlin waren, das Ganze natürlich auf Englisch als »Summer open Classes« annoncierte. Ich entschied mich für eine Fünferkarte, und – musste gleich heute Abend anfangen »Urplötzlich hilflos auf der Tanzfläche und die Schritte sind nicht parat?«, sprach meine Befürchtungen direkt an. Wie stände ich denn da, wenn er zu mir sagen würde: »Darf ich bitten?« Das hatte zuletzt Gerd auf der Silberhochzeit zu mir gesagt, und ich hatte gedankt. Aber wenn nun er – der tanzende Zimmermann – mich eines Tages fragen würde … Ich schloss die Augen und lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl zurück. »Karoline«, dabei würde er mit seinen dunklen Augen tief in meine schauen, »darf ich bitten?«, und mich an der Hand nehmen. Dann wollte ich nicht die Füße in den Boden rammen und ihm barsch einen Korb geben mit etwas Ungehobeltem wie »Nein danke, ich tanze nicht!«, sondern meine langen Wimpern ganz langsam heben und mit verheißungsvoller Stimme flüstern: »Gern!« Ich würde mich sanft führen lassen, um mich dann selbstsicher und entspannt in seine Hand zu legen, die er mit festem Griff auf meinen tiefen Rücken drücken würde. Ach!
»Wir begleiten Euch am Mittwoch beim Tanzcocktail«, versprach das Tanzstudio der besonderen Art. Das war heute – und so entschied ich mich, einfach mitzumachen im großen Ballhaus, das in seinen Dimensionen meinen Tanzkünsten nicht gerade entsprach, aber vom Flair doch genau zu meinen Erwartungen passte und vor allem zur Größe meiner Sehnsucht.
Also fand ich mich am Abend zum ersten Mal dort ein und tanzte mit »Starthilfe« von 21.00 bis 22.00 Uhr. Aber wie mit dem Abnehmen von drei Kilo, die man auch nicht durch Einmal-daran-Denken loswird, war es auch mit dem Tanzen. In erster Linie hatte ich am nächsten Tag einen gehörigen Muskelkater in den Oberschenkeln und nicht gerade das Gefühl, mich sicher auf dem Parkett bewegen zu können. Doch ich konnte mich mit meiner Fünferkarte in der geistigen Nähe meines Schwarms fühlen.
*
Das war kein Hinterhof, sondern, wie Mari gesagt hatte, eine Art Hof-Garten. Er war bepflanzt mit Schattengewächsen,
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