Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
Vom Netzwerk:
schwergefallen. Jerôme war seit einer guten Woche zurück, braun gebrannt, und seine Praktikantin war nun seine offizielle Freundin Melanie.
    Ich hatte ihn lediglich kurz über meine Abwesenheit informieren wollen und als er mir dumm kommen wollte und mich darauf hinwies, ich hätte doch noch sieben volle Arbeitstage bis zu meinem Ausstieg, fuhr ich ihm, in meiner alten Stimmung, die ich noch vor dem Wochenende glaubte, für immer und ewig abgelegt zu haben, über den Mund.
    »Jerôme, es interessiert mich nicht, was du meinst!«, kläffte ich ihn an und es machte mir Spaß, endlich einmal einfach zu gehen, ohne aus irgendeinem Grund oder wegen irgendwelcher beruflicher Rücksichtnahmen anhalten zu müssen und mir etwas anzuhören, das nur Schikane war. Deshalb hielt ich an der Tür an, einzig und allein weil ich es so wollte, drehte mich aufs Neue um und schaute ihn mit all der Herzlichkeit an, die ich für ihn empfand.
    »Was guckst du?«, fragte er mich und spitzte sein Mündchen.
    »Ich will noch einmal in mich aufnehmen, was ich nun bald nicht mehr sehen werde!«
    Jerôme reckte seinen langen Hals noch weiter vor und seinen Kopf zur Seite und sah aus wie ein dürrer Hahn. »Caroline, du bist doch nisch mehr böse, dass das mit der Verlängerrrung nisch geklappt at? Oder?« Sein Gockelkamm fehlte, aber sein Kropf – den er sicher für einen männlichen Adamsapfel hielt – ging rauf und runter, und ich fragte mich, ob seine Praktikantin noch irgendetwas anderes als ihre Stellenverlängerung an diesem Mann attraktiv fand.
    »Nein, aber meine Therapeutin sagt immer, dass man sich auch dem Grauen stellen soll, um sich bewusst davon zu verabschieden.«
    Jerôme hatte berechtigte Zweifel, ob ich damit den Zustand der Unsicherheit einer Honorarstellenexistenz meinte oder nicht eher doch ihn, entschied sich aber offensichtlich für Ersteres. »Apropos Abschied, zu deinem Ausstand näschste Woche kann isch nischt, ich habe einen Termin außerrr Haus.«
    Von einem Ausstand war mir nichts bekannt, ich hatte eigentlich vorgehabt, einige Kolleginnen und Kollegen zu einem Umtrunk einzuladen, aber noch gar nichts angekündigt. Mittlerweile war mir die Lust daran eigentlich auch vergangen.
    »Na, dann wird es ja ganz lustig.«
    Jerôme würde ich also wahrscheinlich nicht mehr sehen. In der nächsten Woche war er auf irgendeiner Dienstreise und dieser Kontakt war wohl unser letztes offizielles Zusammentreffen. Der Abschied fing an, und dieser war nicht sehr gelungen. Martha Baum konnte ich damit nicht kommen.
    Ich würde es nicht lernen, meinen Ärger in sozialverträglicher Weise in mich hineinzufressen, souverän durch die Arbeitswelt zu spazieren und so zu tun, als ließe mich das alles kalt. Noch ein Grund, mit mir unzufrieden zu sein. Obwohl ich mich über mich und meine Ungezogenheit ärgerte, als ich an meinen Schreibtisch zurückging, war ich doch froh, Mari sagen können, dass sie mich am nächsten Tag gleich am frühen Mittag bei mir zu Hause abholen konnte.
    Die Fahrt nach Nomburgshausen hatten wir damit verbracht, über das missglückte Hoffest zu reden. Mari verstand mich, meinte sie, und versuchte ernsthaft zu begreifen, dass ich es nicht länger hatte aushalten können, aber im Grunde stand sie dem verständnislos gegenüber. Sie ging mit Männern anders um und hatte es ihr Leben lang vermieden, in diese für sie unfassbare Kopflosigkeit zu geraten. Sie behielt ihre Konturen, ihre Fassung, ihre Contenance. Sie bewahrte die Kontrolle, die Frauen in ihrer Verliebtheit ihrer Ansicht nach völlig aufgeben.
    Mit Blick auf die Landschaft schien mir diese sichere Friedlichkeit, von der sie sprach, erstrebenswert. Aber selbst in meiner ungehaltenen Enttäuschung freute ich mich doch noch an der Intensität meines Kummers. Ganz ohne, das war für mich nicht vorstellbar.
    Mari saß mit ihrem leicht kühlen Lächeln auf den Lippen hinter dem Steuer, fuhr sicher und unangestrengt und war von einer fernen Unnahbarkeit. Sie war nicht nur für andere unnahbar, sie schien sich auch selbst fern. Sie begab sich nicht in Gefahr und schiffte auf ihrem Boot langsam und kontinuierlich über den Fluss, der keine Stromschnellen hatte. Ihre Landschaft war eben, grün, angenehm – immer gleich, aber ohne Drangsal.
    »Mach dich nicht so abhängig von einem Mann, den du doch noch gar nicht kennst!«
    Ich antwortete ihr nicht darauf, sondern aß stattdessen weiter Haribo-Colorados, die für mich zu längeren Autofahrten

Weitere Kostenlose Bücher