Das Frauenkomplott
hatte ich keine Lust mehr. Wie sollte ich diesen Abend durchstehen?
»Er versucht, noch einen anderen Ersatzmann aufzutreiben!« Sie stieg hinter mir die Treppe runter. »Und er versucht auf jeden Fall, wenn es sich zeitlich noch lohnt, im Anschluss zu kommen.«
»Ach, wenn es sich noch lohnt!« Ich war seit drei Wochen auf diesen Termin »Hoffest bei Mari« geradezu fixiert, und er machte lieber Formationstanzen. Ich hätte heulen können. Wie schnell so ein Mann eine Frau unglücklich machen kann.
»Manuel ist ganz niedergeschlagen«, meinte Mari, aber das konnte ich nicht glauben. »Er versucht alles, damit er es noch schafft!«
Was hätte mir dazwischenkommen können, dass ich einen Termin mit jemandem, in den ich mich verliebt hatte, versäumen könnte? Nichts, aber auch gar nichts. Unvorstellbar. Er war also nicht verliebt, er konnte das nicht sein, denn sonst hätte er es nicht ertragen können. Es könnte doch ein Paar weniger tanzen in dieser bescheuerten Formation, ob nun fünf oder sechs Paare herumspringen, es wird nicht dadurch schöner, dass es sich vervielfacht.
Wir traten aus dem Treppenhaus in den Hof, der Nachbar aus dem Erdgeschoss kam uns freundlich entgegen und gab mir die Hand.
»Guten Tag, Fritz!«, begrüßte ich ihn, nachdem Mari uns bekannt gemacht hatte, und atmete tief durch, um meine Mundwinkel zu lockern. Wie sollte ich diese Veranstaltung nur überleben, ohne unfreundlich zu sein? Ich nahm mir ein Glas Weißwein und setzte mich an einen Tisch. Es war 18.30, vor 21.00 Uhr konnte ich nicht gehen, ohne unhöflich zu wirken. Mari sprach mit einigen ihrer Nachbarn und schaute zu mir herüber, ich versuchte zu lächeln und spürte die Anspannung in meinen Mundwinkeln.
Feste, die man sich anders gedacht hat, sind trostlos.
Der ganze Hof war voller Enttäuschung. Je fröhlicher die Menschen lachten, desto sinnloser war meine Anwesenheit. Ich konnte nichts essen, ich saß da und wunderte mich darüber, dass es hier so viel Grund zur Freude gab. Es war 19.10. Ich entschied mich für eine Portion Tortellinisalat und merkte, dass ich doch Hunger hatte. Wenig später futterte ich mich durch das kalte Büffet und ärgerte mich gleichzeitig, dass ich noch nicht einmal abnehmen würde, obwohl ich so unglücklich war. Daraufhin aß ich noch mehr von dem Tortellinisalat, der wirklich ausgezeichnet war. Es war 20.10 und mein Magen drückte. Mari setzte sich ab und an neben mich und übte sich in Konversation, aber ich blieb stur und freudlos.
»Karoline, das ist das, was ich vermeide!«
Recht hatte sie, aber »es gibt sonne und sonne!«, sagte Tante Hedwig immer und ich war eben anders als Mari. Ich war verliebt und unglücklich.
Um halb zehn ging ich nach Hause.
Bevor ich mich ins Bett legte, verstaute ich das Buch über niedersächsische Fachwerkbauten ganz oben im Regal und das Buch über Holzverbindungen steckte ich hinter die Bücher meiner Abteilung »Triviales«.
16. Kapitel
Wir saßen zu dritt vor Ruths Diele. Dieser warme Septemberabend stimmte versöhnlich. Die ganze Umgebung um Ruths Haus hatte diese beruhigende Stille, die Dahlien leuchteten, rote Astern und Herbstanemonen standen vor Sonne strotzend in dem großen Beet, das an die linke, der weiten Wiese zugewandten Seite des Hauses grenzte. Der Rittersporn trug die zweite Blüte. Der Hauswein, der an dieser südwestlichen Hauswand wuchs, war in diesem Jahr voller Trauben, die sich langsam blau färbten. Nach den vielen Sonnentagen des langen Sommers würde Ruths Ernte gut ausfallen. Sie machte seit Jahren ihr eigenes Traubengelee. Dieses Jahr würde sie zusätzlich reichlich Saft herstellen können.
Die Wiese war gemäht, Gerd hatte vorgestern für Ruth die zweite Mahd gemacht und das geschnittene Gras in Reihen zusammengeschoben. Morgen wollte er mit der Ballenpresse das Gras in dicke Ballen rollen, wie sie auf den Wiesen der Nachbarn bereits herumlagen, und mit weißen Folien verpacken.
»Ich werde mir wahrscheinlich im nächsten Frühjahr ein paar Schafe zulegen!«, meinte Ruth mit Blick auf die Wiese. »Die fressen diese Silage, und Gerd will gemeinsam mit mir in die Kleinschäferei einsteigen.«
Wir waren vor einer knappen Stunde angekommen. Mari hatte sich in Berlin einen Leihwagen genommen und mich zu Hause abgeholt. Eigentlich war geplant gewesen, dass sie mich erst gegen vier direkt am Museum aufsammeln sollte, aber ich hatte mich für diesen Tag ganz abgemeldet, und auch für den nächsten.
Das war mir nicht
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