Das Frauenkomplott
Hand und schlenderten nebeneinander über die Wiese. Die eine groß und dunkelblond, die andere klein und zierlich mit schwarzem Haar. Sie hielten sich nicht an den Händen, aber – ohne Tante Hedwig bemühen zu müssen – sie sahen aus wie Schneeweißchen und Rosenrot. Zwei schöne Frauen, die eine jünger, die andere älter. Ich blickte den beiden nach, die nun neben dem Trecker von Gerd stehen geblieben waren. Worüber sie sprachen, konnte ich nicht mehr hören. Aber dieser Spaziergang schien sich auszudehnen. Denn als sie weitergingen, bewegten sie sich so langsam, dass ich mich erhob, um den Tisch abzudecken und das Abendessen vorzubereiten.
Ich räumte die Spülmaschine voll und wusch den Salat, den ich im Kühlschrank fand. Dann setzte ich mich einen Moment an den Küchentisch und las einen Prospekt der »Nomburgshauser Tafel«, den Ruth dort liegen gelassen hatte. Sie engagierte sich seit Anfang des Jahres in dieser Suppenküche des Städtchens, die gemeinsam mit der Obdachlosen-Initiative »Dach über dem Kopf« einen Verein gegründet hatte und nun um Spenden warb.
Weil die beiden noch nicht wiederkamen, bereitete ich die Vinaigrette vor und deckte den Tisch. Es war noch warm genug, um draußen essen zu können, und wenn nicht, würden wir uns eben dicke Pullover anziehen. Anschließend holte ich den Wein, den Ruth im Kühlschrank kalt gestellt hatte und überlegte, ob ich noch ein paar Eier machen sollte, denn ein Blick über die Wiese zeigte, dass die beiden immer noch keine Anstalten machten zurückzukommen. Also begann ich, Eier zu kochen und stellte Käse und Brot auf den Tisch. Um die Katzen abzuhalten, deckte ich einen Korb darüber und ging nach oben, um noch schnell zu duschen.
Als ich in meinem Zimmer stand, sah ich Ruth und Mari, immer noch im langsamen Schlendergang, ins Gespräch vertieft vom Waldrand zurückkehren. Während ich mich auszog, fragte ich mich, ob ich möglicherweise eifersüchtig sei. Aber ich spürte, dass ich es nicht war. Ich war erleichtert und freute mich, dass diese beiden unterschiedlichen Frauen sich offenbar mochten.
Mit nassen Haaren kam ich aus dem Bad und während ich mich anzog, hörte ich Stimmen aus dem Garten zu mir heraufschallen. Sie standen vor dem Dahlienbeet, Ruth zeigte und erklärte Mari die verschiedenen Stauden und Sommerblumen. Und dann legte Ruth sogar einen Moment die Hand auf Maris Arm. Nein, ich war nicht eifersüchtig. Der Blick, den Mari Ruth zuwarf, war anders, als ich es von ihr kannte, und ihre Stimme klang irgendwie ungewohnt – aber ich wusste nicht, was es war.
Ich lief die Treppe runter.
»Karoline, wie schön, du hast den Tisch schon gedeckt.« Ruth wandte sich zu mir und umarmte mich unvermittelt: »Aber Kinder, ich habe eine provenzalische Gemüsetarte vorbereitet.« Sie ließ mich los und holte die Kuchenform aus ihrer Speisekammer. Mari und ich schauten uns an und warteten in der geöffneten Dielentür stehend.
»Ich habe alles vorbereitet und es muss nur noch überbacken werden.«
Mari ging in die Wohndiele, setzte sich an den großen Tisch und schaute Ruth zu, wie sie die Gemüsemasse in die Form einfüllte, die Tarte mit geriebenem Käse bestreute und in den Ofen schob, ich blieb in der Dielentür stehen.
»In 35 Minuten ist alles fertig!«, sagte Ruth. »Wollt ihr schon ein bisschen Weißwein?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, forderte sie mich auf, uns schon einmal etwas einzugießen, bevor der Wein dort draußen ganz warm würde. Sie drückte Mari ein Brotmesser und ein Baguette in die Hand und stellte uns Kräuterbutter auf den Tisch.
»Selbst gemacht?«, fragte Mari, während sie begann, das Baguette zu schneiden.
»Selbstverständlich!«, antwortete ich und stellte die Flasche Wein und die Weingläser, die ich von draußen reingeholt hatte, auf den Dielentisch. »Ruth ist die beste Köchin Norddeutschlands! Möglicherweise sogar der nördlichen Halbkugel!«
Ruth öffnete die Flasche und schenkte ein. Sie reichte Mari ein Glas, gab mir eines und griff dann zu ihrem. »Herzlich willkommen. Ich freue mich, dass ihr hier seid. Auf einen schönen Abend!« Sie hob ihr Glas, nippte daran und nickte jeder von uns zu.
»Ich freue mich auch, dass ich hier sein kann!«, antwortete Mari und hob ihr Glas.
Da war das andere in der Stimme von Mari wieder! Ruth sprach in einem mütterlichen Ton mit ihr und Mari reagierte darauf. Ihre Stimme klang wärmer und hatte nicht ihren üblichen kühl-sanften, sondern einen
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