Das Frauenkomplott
erzählt hatte, dass ich regelrecht verknallt war, was sie ja eben bestätigt hatte, konnte Manuel Schröder nicht gerade annehmen, dass ich auf seinen Anruf wartete und das Telefon anstarrte.
»Danke, Tante!« Ich strich ihr über die Hand, als sie den Wagenschlüssel abzog.
Dann stiegen wir aus und begrüßten Ruth, die uns entgegenkam.
Und nun saßen wir hier in der warmen Nachmittagssonne, tranken selbst gemachten Johannisbeersaft und aßen den besten Pflaumenkuchen der Welt, den Ruth eigenhändig für uns gebacken hatte. Selbstverständlich mit Hefeteig, wie sie das von ihrer Oma gelernt hatte.
Wir sprachen über das Haus und die Gartenpläne und versuchten, miteinander warm zu werden. Ruth hatte Mari freundlich begrüßt und willkommen geheißen, aber auch Ruth konnte in ihrer Zurückhaltung sehr kühl wirken.
Mari saß in einem bequemen Holzstuhl links an der Schmalseite des großen Tisches aus gehobelten großen Bohlen, Ruth ihr auf der anderen Seite gegenüber. Ich hatte auf der Bank zwischen ihnen Platz genommen mit Blick direkt auf die große Wiese. Ruth erzählte Mari, seit wann sie in diesem Haus wohne, und sprach von ihrer Großmutter.
»Damals sah das hier draußen im Grunde genau so aus wie heute – ich habe sogar versucht, die gleichen Blumen im Garten zu haben wie sie. Der Garten und meine Großmutter gehören für mich zusammen.« Deshalb sei sie auch so begeistert von der Idee, den großen Kräutergarten wieder zu beleben. Der hatte sich zu Zeiten ihrer Oma direkt an die hintere Hauswand angelehnt und sich ein wenig in die Wiese erstreckt. Dieses Stück Land hatte Ruth vor zwei Jahren auch reaktiviert, aber der Plan, den sie jetzt gemeinsam mit Gerd entwickelt hatte, sei doch darüber hinausgewachsen.
»Ich mache jetzt das erste Mal etwas anders als meine Oma!«, sagte Ruth und schaute Mari an.
Die hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Sie war ernst und zugewandt und wirkte, anders als so oft, überhaupt nicht mehr kühl, sondern interessiert. Ab und an fragte sie Ruth etwas zum Dorf, und wie es gewesen war, in Eickdorf aufzuwachsen. Ruth hatte ja bis auf die kurze Zeit ihres Studiums, in der sie zwei Jahre in Düsseldorf verbrachte, das sie aber mit Friedberts Einzug in ihr Leben aufgegeben hatte, nie in einer großen Stadt gelebt.
Sie hatte eigentlich die behütete Idylle nie verlassen.
»Es ist nicht einfach, in einem Dorf aufzuwachsen und selbstbewusst zu werden. Jedenfalls nicht damals, als ich klein war.« Sie hätte immer das Gefühl gehabt, dass die Städter, mit denen sie durch Friedbert – hier fiel der Name das erste Mal – geschäftlich zu tun hatte, sie als Provinzfrau angesehen hatten.
»Wirklich?« Mari war verwirrt, denn Ruth, so wie sie heute dasaß, der jungen Mari gegenüber, hatte überhaupt nichts Provinzielles. Sie sah modern aus und hätte in jeder Großstadt leben können.
»Wo bist du denn aufgewachsen?«, fragte nun Ruth und ich lehnte mich zurück, um die Geschichte von Mari und ihren Brüdern in Frankreich ein zweites Mal zu hören.
Dieses Mal aber erzählte Mari viel von der schönen Zeit mit ihrer Mutter, dass sie eine tolle Kindheit hatte, umsorgt von ihrer Mutter, die immer für sie da war und die sie über alles geliebt habe. Das bittere Ende der Ehe ihrer Eltern und die Perfidie, mit der ihr Vater die Mutter ausgemustert hatte, um sich eine junge, frische Frau zu nehmen, und die Bitterkeit, die das bei ihrer Mutter ausgelöst hatte, packte sie in einen kurzen Satz.
»Meine Eltern haben sich getrennt, als ich in der Pubertät war, und ich bin mit meiner Mutter nach Deutschland zurückgegangen.«
Bevor Ruth nachfragte, was sie nicht tat – und auch nicht getan hätte –, ergänzte Mari sachlich und bestimmt: »Mein Vater lebt heute mit seiner zweiten Frau in Südfrankreich. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm.«
Ruth nahm das zur Kenntnis und bot Mari stattdessen noch einmal Johannisbeersaft an. Sie ging um den Tisch und bediente sie und – neben ihr stehend – wies mit der Hand Richtung Waldrand zum Ende der Wiese. »Da hinten ist der Bach, der diese Idylle hier komplett macht. Karoline liebt dieses kleine Rinnsal. Lasst uns doch dorthin gehen, bevor wir Abendbrot machen.«
Mari stimmte sofort zu und stand unmittelbar auf. Ich lehnte mich auf der Bank zurück und legte die Beine hoch. »Ich gehe morgen früh meine Runde. Zeig du Mari deinen Bach ruhig allein!«
Ohne mich überreden zu wollen, drehten die beiden freundlich ab, hoben die
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