Das Frauenkomplott
möchte. Ich kann nämlich überhaupt nicht kochen.«
Das sei ganz einfach, erklärte Ruth, und meinte, wie das Frauen zu tun pflegen, die hervorragend kochen können, man müsse nur einfach alles zusammenschmeißen und auf einen dünnen französischen Mürbteig streichen, der ohne Eier, aber mit viel Fett gemacht würde, und mit einer Eier-Crème-fraîche-Masse vermengen. Kein Mensch kann nach solch einer Anweisung irgendetwas backen oder kochen. Schon gar nicht Mari.
»Das solltest du mir besser aufschreiben, bevor ich es sofort wieder vergesse«, meinte Mari.
»Ja, und bitte mit den einzelnen Arbeitsschritten. So wird das doch nichts!«, stimmte ich zu. Ich konnte mir allerdings auch nicht vorstellen, dass Mari die Tarte mit minutiösen Anweisungen hinkriegen würde. Die Vorstellung, meine neue Freundin mit Schürze in der Küche zu sehen, schien völlig abwegig.
Die Tarte schmeckte wirklich vorzüglich, wie alles, was Ruth zubereitet, großartig ist, und der Salat war mir auch gelungen und konnte mithalten. Der Abend gestaltete sich wunderbar, es war fast windstill, der Wein frisch und kühl, und ich hatte das Gefühl, dass wir im Grunde d’accord waren, was das eigentliche Anliegen unseres Zusammenseins betraf. Wir genossen das Essen und ließen das Thema eine Weile fallen, ohne dass sich Anspannung breitmachte.
»Ich hätte am liebsten noch ein Stück, aber ich möchte unbedingt in diesem Sommer drei Kilo abnehmen!«, sagte ich und griff stattdessen erneut zum Salat.
»Jetzt kommst du schon wieder damit. Du bist perfekt, Karoline! Dieses dumme Gerede von deiner Abnehmerei. Wo willst du denn abnehmen?«, protestierte Ruth und schnitt mir ein drittes Stück von der sättigenden Tarte ab.
»Gut! Kampf der Magersucht!«, erwiderte ich und nahm den Teller, den sie mir reichte. Heute musste ich ja nicht gerade anfangen mit meinem hehren Vorhaben, wo ich das schon seit Jahren nicht tue. Ich griff nach dem Wein, schenkte Mari den Rest ein und wedelte mit der leeren Flasche über meinem Glas. Ruth nahm sie mir aus der Hand und ging ins Haus, um eine zweite zu holen.
»Es ist unglaublich schön hier!«, verkündete Mari und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Sie schien keine Antwort zu erwarten und blickte über die Wiese zum Waldrand, wo sie vorhin mit Ruth entlanggeschlendert war.
»Ich verstehe, dass du dich hier wohlfühlst.« Sie lugte über die Schulter durchs Fenster ins Haus, in dem Ruth am Kühlschrank zu sehen war. »Und ich bin ein bisschen neidisch!« Mari begleitete Ruth, die mit der zweiten Flasche zurückkam, mit den Augen bis zum Tisch.
»Ein paar Kleinigkeiten wären aber doch noch zu klären«, sagte Ruth – mit einem ungewohnt ironischen Unterton in der Stimme – und stellte die Flasche entschieden auf den Tisch, »so unausgegoren kann das doch, wie ich dich kenne, Karoline, nicht sein, oder!« Ruth hob die Augenbrauen und schob ihren Teller zur Seite.
»Recht hast du, Ruth! Nichts ist unausgegoren, alles ist durchdacht.« Ich klopfte mir auf die Schulter. »Wofür habe ich sonst so lange studiert!« Ich sprang auf, um den Tisch abzuräumen, weil solche Dinge nicht über abgefressenen Tellern besprochen werden können. »Moment, ich bin gleich wieder da und lege euch alles im Detail vor.«
Mit den Tellern ging ich in die Küche. Das würde klappen! Die Stimmung war gut, die Ironie in Ruths Stimme gab mir den Startschuss, das Go sozusagen, wie Friedbert sagen würde. Es machte mir Freude, die Teller in die Spülmaschine einzuräumen. Ruth hatte mir, ich kannte sie, so lange ich lebe, eben ihr Okay gegeben.
Ich kam aus der Küche zurück und blieb am Tisch stehen.
»Was strahlst du, Karoline?«, fragte Ruth.
»Sie ist verliebt!«, erklärte Mari.
»Wirklich, wie schön!«, sagte Ruth und lachte mich an.
»Das stimmt!«, gab ich zu, »aber jetzt freue ich mich, dass wir hier zusammensitzen und voller kreativer Energie sind.« Denn ich fand, wir sollten jetzt erst einmal beim Thema bleiben.
»Kriminelle Energie nennt man das eigentlich!«, meinte Ruth.
»Nein«, protestierte ich zu meiner Cousine gewandt, »kriminell würde ich das nicht nennen, in gewisser Weise wird sich das auf Friedberts Seelenverfassung therapeutisch auswirken.«
Jetzt musste Ruth mit gespieltem Hohn auflachen. »Wenn du dich je um etwas nicht gekümmert hast, Karoline, dann um Friedberts Seele.«
»Ja, weil ich – zu ihr keinen rechten Zugang gefunden habe – um das mal vorsichtig auszudrücken!« Ich nahm
Weitere Kostenlose Bücher