Das Frauenkomplott
einen weiteren Schluck Wein.
Anschließend erklärte ich Schritt für Schritt, was ich mir zurechtgelegt hatte. Mari müsse, wie gesagt, die Zugangsdaten von Friedberts Rechner und Konten herausfinden, das hieß: Wie viele Konten hatte er und welche PIN-Nummern gehörten dazu, schließlich musste sie ihm, wenn sie ihn aus dem Haus lockte, die Checkkarten möglicherweise aus dem Portemonnaie stibitzen – ich fand, dieses Wort traf es doch eher, als stehlen – und sie für mich in der Wohnung greifbar hinterlegen. Das Geld würde transferiert – auch dieser Ausdruck gefiel mir – auf das Konto von Ruth, sodass überhaupt keine Verbindung zu Mari hergestellt werden könnte. Sie würde, wenn Friedbert die Transaktion bemerkte, nicht in Verdacht geraten, ja, selbst wenn eine Anzeige wegen Betrugs von Friedbert in Erwägung gezogen würde, käme Mari überhaupt nicht ins Blickfeld.
»Warum sollte denn Mari das überhaupt tun?«, unterbrach mich Ruth nun und schaute auf mich. Sie schien es zu vermeiden, Mari anzusehen.
Aber Mari fiel ein, bevor ich weitersprechen konnte. »Es wäre möglich, wenn ich eine … Beziehung mit Friedbert Hansen einginge, was er mir ja anträgt, dass er nicht unerheblich zu meinem Lebensunterhalt beitragen würde.« Sie ließ ihren Blick auf Ruth ruhen und wartete auf eine Reaktion.
Ruth sah Mari nun direkt und lange an. Angesichts des Verhaltens ihres Ex-Mannes ihr gegenüber, was die Teilung des Vermögens und ihren Unterhalt anging, hatte sie mit Friedbert ja entschieden andere Erfahrungen gemacht. Mari sagte ihr gerade unmissverständlich, dass der gleiche Friedbert bereit wäre, ihr »etwas« abzugeben. Ruth musterte Mari eine Weile, eher sachlich als kritisch, und stimmte unvermittelt zu. »Ja, das ist möglich.«
Mari hielt Ruths Blick mit ihrer freundlich unnahbaren Art stand und beide schwiegen. Die schöne Mari hatte wieder den distanzierten, kühlen Zug um den Mund und Ruth bestaunte sie wie ein seltenes Exemplar aus der Vogelwelt, dem man nicht zu nahe kommen sollte, damit es nicht verscheucht würde. Dann lächelte Ruth und wollte sich an mich wenden, damit ich weitersprechen sollte. Doch Mari setzte sich nun gerade hin, stellte ihre vorher übereinandergeschlagenen Beine nebeneinander und rückte ein wenig an den Tisch, um ihre Ellbogen aufzustützen und ihr Kinn auf die Handflächen zu legen.
»Ja, das ist möglich. Aber ich möchte das nicht.« Sie dachte einen Moment nach und schaute mich an. »Wir haben bis jetzt, also ich meine Karoline und ich, noch gar nicht direkt darüber gesprochen. Aber ich habe Karoline gesagt, dass ich mich mit Herrn Hansen«, Ruth zuckte mit den Mundwinkeln, als sie das hörte, »nicht einlassen werde, wenn es nur meinen eigenen … finanziellen Interessen nützen wird.« Sie blickte auf Ruth und dann auf mich.
Damit es zwischen uns endlich klar würde, ob wir alle drei vom selben Tatbestand sprachen, versuchte ich mich noch einmal an einer Übersetzung. »Mari will damit sagen, dass sie nicht deshalb mit Friedbert etwas anfangen will, um an das Geld, das eigentlich dir zusteht, zu kommen und davon zu profitieren …« Mir wurde, während ich sprach, klar, dass diese Art der Übersetzung nicht nur nicht weiterhelfen würde, sondern die Sache eher verkomplizierte, und zögerte, um die Richtung zu ändern.
Da führte Ruth den kruden Satz weiter und zeigte uns, dass sie die Richtung durchaus mitgehen konnte. »Ich möchte aber nicht, Mari, dass du dich mit meinem Ex-Mann einlässt, damit ich davon profitiere. Das geht doch nicht!« Ruths Gesicht zeigte Verwunderung und gleichzeitig eine gespielte Rührung darüber, dass die schöne Mari sich hier opfern wollte.
»Das wollte Mari, glaube ich, auch nicht sagen. Sie meinte ja, es müsse in unser aller Interesse sein! Deshalb müssten Mari und du gleichermaßen davon profitieren, finde ich!«, fuhr ich in die kleine Pause, denn ich wollte doch die Überlegungen wieder ein wenig in pragmatische Bahnen lenken, bevor der falsche Eindruck aufkäme, Mari würde das hier umsonst machen.
»Mari sollte von dir eine Art Provision, sagen wir mal, Transferprovision bekommen, Ruth!«, schob ich ein, hob keck meine Nase, sah von rechts nach links zu den beiden und wartete auf Reaktionen. Mari blieb sitzen, das Kinn auf ihre Hände gelegt, und blickte auf den Waldrand, dessen Konturen sich nur noch schwach vom Himmel abzeichneten. Es war dunkel geworden, aber der Abend war so lau wie im Juni.
»Du hast
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