Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
aber darauf aufmerksam gemacht, daß die Zeit dafür nicht günstig sei. »Das sind schöne Stücke hier«, hatte er erklärt, »und der Markt wird wieder besser werden. Falls Sie nicht das Geld unbedingt sofort brauchen, rate ich Ihnen dringend, nicht zu verkaufen.«
    Sie hatte die Sachen nicht verkauft. Mit der Verpfändung des gesamten Bestands bei Provident Loan erzielte sie wenigstens genug, um die vierteljährlichen Steuern für den Gasthof bezahlen zu können. Doch in drei Monaten würden sie erneut fällig sein. Auf ihrem Schreibtisch lag eine Notiz eines aggressiven, auf Gewerbe-Immobilien spezialisierten Maklers. »Haben Sie vielleicht Interesse, Ihren Gasthof zu verkaufen? Wir haben möglicherweise einen Käufer.«
    Ein Notverkauf ist genau das, was dieser Aasgeier will, sagte sich Catherine, als sie über den Schotter zur Ausfahrt des Parkplatzes fuhr. Und ich muß vielleicht darauf eingehen. Für eine Weile hielt sie an und blickte auf den Gasthof zurück. Ihr Vater hatte ihn im Stil eines Herrenhauses aus Natursteinen in Drumdoe erbaut, das er als Junge für so edel gehalten hatte, daß es nur Leute von Stand wagen würden, dort einzutreten.
    »Ich war über jeden Botendienst froh, wegen dem ich dorthin geschickt wurde«, hatte er Catherine erzählt. »Und von der Küche aus hab’ ich dann reingelinst, um noch mehr mitzukriegen. Einmal war die Familie nicht da, und die Köchin hat sich meiner erbarmt. ›Willst du gern den Rest des Hauses sehen?‹ hat sie gefragt und mich an der Hand genommen. Catherine, diese gute Frau hat mir damals das ganze Haus gezeigt. Und jetzt haben wir selbst genau so eins.«
    Catherine spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenzog, als sie das anmutige Herrenhaus in seinem georgianischen Stil mit den schönen Flügelfenstern und der massiven, geschnitzten Eichentür betrachtete. Es kam ihr immer so vor, als hielte sich Pop drinnen versteckt, ein wohlwollender Hausgeist, der noch immer herumstolzierte, noch immer vor dem Kaminfeuer im Wohnzimmer seine Ruhepause einlegte.
    Er würde mich wirklich als Geist heimsuchen, wenn ich es verkaufen würde, dachte sie und gab Gas.

    Das Telefon klingelte, als sie die Haustür aufschloß. Sie hastete hinüber und nahm den Hörer ab. Es war Meghan.
    »Mom, ich muß mich beeilen. Das Flugzeug nimmt schon Passagiere an Bord. Ich hab’ heute morgen wieder Annies Mutter getroffen. Sie und ihr Anwalt fliegen heute abend nach New York, um Annies Leiche zu identifizieren. Ich erzähl’ dir davon, wenn ich heimkomme. Das sollte so gegen zehn sein.«
    »Ich bin dann hier. Ach, Meg, entschuldige. Dein Chef, Tom Weicker, wollte, daß du ihn anrufst. Ich hab’ gestern, als wir miteinander geredet haben, einfach nicht dran gedacht, es dir zu sagen.«
    »Es wär’ sowieso zu spät gewesen, um ihn im Büro zu erwischen. Warum rufst du ihn nicht eben an und sagst ihm, daß ich mich morgen melde. Ich bin sicher, daß er mir keinen Auftrag erteilen will. Ich geh’ jetzt lieber. Ich hab’ dich lieb.«
    Dieser Job ist Meg so wichtig, dachte Catherine voller Selbstvorwürfe. Wie konnte ich nur vergessen, ihr von Mr.
    Weickers Anruf zu erzählen? Sie blätterte ihr Adreßbuch auf der Suche nach der Nummer von Channel 3 durch.
    Komisch, daß er mir nicht seine Durchwahl gegeben hat, überlegte sie, während sie darauf wartete, daß sie mit Weickers Sekretärin verbunden wurde. Dann aber fiel ihr ein, daß Meg ja die Nummer wußte.
    »Er will bestimmt mit Ihnen sprechen, Mrs. Collins«, sagte die Sekretärin, nachdem sie sich gemeldet hatte.
    Catherine hatte Tom Weicker etwa ein Jahr zuvor kennengelernt, als Meg sie durch den Sender führte. Sie hatte ihn gemocht, doch, wie sie danach feststellte, »ich hätte keine Lust, vor Tom Weicker erscheinen zu müssen, wenn ich irgendeinen ernsten Schnitzer gemacht hätte«.
    »Wie geht’s Ihnen, Mrs. Collins, und wie geht’s Meg?«
    sagte Weicker, als sie durchgestellt wurde.
    »Uns geht’s gut, danke.« Sie erklärte, warum sie anrief.
    »Ich hab’ gestern nicht mit Ihnen geredet«, sagte er.
    Du liebe Zeit, dachte Catherine, ich werde doch nicht noch verrückt neben all dem anderen, oder?
    »Mr. Weicker, jemand hat angerufen und Ihren Namen benutzt. Haben Sie jemandem den Auftrag zu diesem Anruf gegeben?«
    »Nein. Was hat dieser Mann im einzelnen zu Ihnen gesagt?«
    Catherines Hände wurden feucht. »Er wollte wissen, wo Meg ist und wann sie wieder zurückkommt.« Mit dem Hörer in der Hand ließ sie sich auf

Weitere Kostenlose Bücher