Das fremde Gesicht
kannte. Die Frau am Empfang bei Manning hat sie zusammen im Restaurant gesehen. Als ich Dr. Williams danach fragte, hat er behauptet, daß er generell neue Kollegen als freundliche Geste zum Essen einlud.«
»Meg, ich glaube, wir haben eine heiße Spur, aber wir können noch nicht sicher sein, daß es tatsächlich Helene Petrovic war, die Williams bei seinen Besuchen am Krankenbett seiner Frau begleitet hat«, mahnte Mac sie zur Vorsicht.
»Mac, es paßt genau. Williams und Helene müssen etwas miteinander gehabt haben. Wir wissen, daß sie sich unglaublich für die Arbeit im Labor interessiert hat. Er ist genau der Richtige, der ihr bei der Fälschung ihres Lebenslaufs und dann bei ihrer Einarbeitung in der Manning Clinic geholfen haben kann.«
»Williams ist aber sechs Monate, nachdem Helene Petrovic dort angefangen hat, weggegangen. Wieso würde er das tun, wenn er ein Verhältnis mit ihr hatte?«
»Ihr Haus liegt in New Jersey, nicht weit von Philadelphia. Ihre Nichte sagte, sie wäre oft stundenlang am Samstag oder Sonntag weggewesen. Sie kann doch diese Zeit weitgehend mit ihm verbracht haben.«
»Wie läßt sich dann der Empfehlungsbrief deines Vaters damit zusammenreimen? Er hat Williams an Manning vermittelt, aber wieso sollte er der Petrovic zu der Stelle dort verhelfen?«
»Ich habe eine Theorie, was das betrifft, und sie hat mit Victor Orsini zu tun. Es ergibt allmählich im Zusammenhang einen Sinn, alles miteinander.«
Sie lächelte zu ihm hoch, mit einem überzeugenden Lächeln, wie er es schon lange nicht mehr auf ihrem Gesicht gesehen hatte.
Sie standen vor dem Kamin. Mac legte seine Arme um sie.
Meg erstarrte sofort und versuchte, seiner Umarmung zu entkommen, aber er ließ sie nicht los. Er drehte sie, so daß sie ihn anschauen mußte.
»Jetzt hörst du zu, Meghan«, erklärte Mac. »Du hast recht gehabt vor neun Jahren. Ich wünschte nur, ich hätte es damals kapiert.« Er hielt inne. »Du bist die einzige für mich. Ich weiß es jetzt, und du weißt es auch. Wir können nicht noch länger Zeit verschwenden.«
Er küßte sie leidenschaftlich, ließ sie dann los und trat zurück. »Ich lass’ es nicht mehr zu, daß du mich ständig wegschubst. Sobald dein Leben wieder normal verläuft, werden wir uns gründlich über uns unterhalten.«
Kyle bettelte darum, die Kassette mit Megs Interview vorführen zu dürfen. »Es dauert bloß drei Minuten, Dad.
Ich will Meg zeigen, daß ich jetzt selbst Sachen aufnehmen kann.«
»Ich glaube, das ist ein Vorwand«, sagte Mac zu ihm.
»Übrigens, Dannys Mutter hat mich zu Hause erwischt, als ich gerade die Notiz von Mrs. Dileo las. Du hast Stubenarrest. Zeig Meg das Video, aber dann denke nicht einmal ans Fernsehen, für eine Woche.«
»Was hast du angestellt?« flüsterte Meg, als Kyle sich neben sie setzte.
»Sag’ ich dir gleich. Schau, da bist du.«
Die Aufzeichnung lief. »Das hast du gut gemacht«, versicherte ihm Meg.
In dieser Nacht lag Meg lange im Bett, ohne schlafen zu können. In ihrem Kopf spielte sich ein Aufruhr ab: all die neuen Entwicklungen, die Verbindung von Dr. Williams mit Helene Petrovic, ihr eigener Verdacht gegen Victor Orsini. Mac. Ich habe den Leuten von der Kripo gesagt, wenn sie bloß aufhören würden, sich auf Dad zu konzentrieren, dann kämen sie auf die richtigen Antworten, dachte sie. Aber Mac? Sie wollte jetzt nicht länger über ihn nachdenken.
Das alles – aber da war doch noch etwas anderes, wurde ihr bewußt, etwas, das sich ihr entzog, etwas schrecklich, schrecklich Wichtiges. Was war es nur? Es hatte etwas mit dem Video ihres Interviews im Franklin-Institut zu tun.
Morgen bitte ich Kyle, die Kassette herüberzubringen, dachte sie. Ich muß mir das noch einmal anschauen.
Freitag war ein langer Tag für Bernie. Er hatte bis halb acht geschlafen, wirklich spät für seine Verhältnisse. Ihm kam sofort der Verdacht, daß er Meghan verpaßt hatte, daß sie schon früh weggefahren war. Ihre Rollos waren oben, und er konnte sehen, daß ihr Bett gemacht war.
Eigentlich mußte er ja Mama anrufen. Sie hatte gesagt, daß er anrufen sollte, aber er fürchtete sich davor. Wenn sie auf die Idee käme, daß er nicht in Chicago war, würde es Ärger geben. Sie würde ihn zwingen, nach Hause zu kommen.
Er saß den ganzen Tag am Fenster und beobachtete Meghans Haus, wartete auf ihre Rückkehr. Er zog das Telefon so nahe heran, wie es die Schnur zuließ, damit er das Haus nicht aus den Augen verlor, während er
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