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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Sie musterte ihn liebevoll. Kyle war so ein nettes Kind, blitzgescheit, lustig und mit natürlichem Charme.
    Der Ausschnitt mit Meg ging zu Ende, und er stellte den Apparat ab. »Meg ist doch wirklich eine gute Reporterin, finden Sie nicht?«
    »Ja, finde ich auch.«
    Mit Jake im Schlepptau folgte Kyle Marie in die Küche.
    Sie spürte, daß etwas nicht stimmte. »Bist du nicht ein bißchen früh von Danny zurückgekommen?« erkundigte sie sich.
    »Ah-hm.« Er versetzte die Obstschüssel in Kreiselbewegung.
    »Laß das! Du schmeißt sie noch um. Irgendwas bei Danny passiert?«
    »Seine Mutter war ein bißchen sauer auf uns.«
    »Ach so?« Marie blickte von dem Hackbraten auf, den sie gerade vorbereitete. »Dafür gab es doch sicher einen Grund.«
    »Sie haben sich eine neue Wäscherutsche ins Haus geholt. Wir wollten sie mal ausprobieren.«
    »Kyle, ihr beide paßt doch nicht auf eine Wäscherutsche.«
    »Nein, aber Penny schon.«
    »Ihr habt Penny auf die Rutsche gesetzt!«
    »Es war Dannys Idee. Er hat sie raufgesetzt, und ich hab’ sie unten aufgefangen, und wir haben eine große Steppdecke und Kissen hingetan, falls ich daneben greife, hab’ ich aber nicht, kein einziges Mal. Penny wollte gar nicht mehr aufhören, aber Dannys Mutter ist richtig sauer.
    Wir dürfen die ganze Woche nicht zusammen spielen.«
    »Kyle, wenn ich du wäre, hätte ich meine Hausaufgaben fertig, wenn dein Vater nach Hause kommt. Er wird bestimmt nicht erfreut über diese Sache sein.«
    »Ich weiß.« Mit einem schweren Seufzer ging Kyle seinen Schulranzen holen und kippte seine Bücher auf den Küchentisch. Jake rollte sich zu seinen Füßen auf dem Boden zusammen.
    Dieser Schreibtisch, den er zum Geburtstag bekommen hat, war reine Geldverschwendung, dachte Marie. Sie wollte gerade den Tisch decken. Nun, das konnte auch warten. Es war erst zehn nach fünf. Es war üblich, daß sie das Abendessen zubereitete und dann ging, wenn Mac gegen sechs nach Hause kam. Er schätzte es nicht, sofort zu essen, wenn er nach Hause kam, deshalb trug er immer selbst das Essen auf, nachdem Marie gegangen war.
    Das Telefon läutete. Kyle sprang auf. »Ich geh’ schon.«
    Er meldete sich, hörte zu, reichte dann den Hörer an Marie weiter. »Es ist für Sie, Mrs. Dileo.«

    Es war ihr Mann mit der Nachricht, daß ihr Vater aus dem Pflegeheim ins Krankenhaus eingeliefert worden sei.
    »Ist irgendwas los?« fragte Kyle, als sie auflegte.
    »Ja, mein Dad ist schon lange krank. Er ist sehr alt. Ich muß sofort ins Krankenhaus. Ich setz’ dich bei Danny ab und lass’ eine Notiz für deinen Vater da.«
    »Nicht bei Danny«, protestierte Kyle erschreckt. »Seine Mutter hätte etwas dagegen. Lassen Sie mich bei Meg raus. Ich ruf sie an.« Er drückte auf den automatischen Wählknopf am Telefon. Megs Nummer war direkt unter den Knöpfen für die Polizei und die Feuerwehr eingespeichert. Einen Augenblick später verkündete er strahlend: »Sie hat gesagt: Komm gleich rüber!«
    Mrs. Dileo kritzelte eine Nachricht für Mac. »Nimm deine Hausaufgaben mit, Kyle.«
    »Okay.« Er rannte ins Wohnzimmer und griff nach der Videokassette, die er von Megs Interview gemacht hatte.
    »Vielleicht will sie’s ja mit mir anschauen.«

    Meg hatte etwas Energisches an sich, das Catherine nicht verstand. In den zwei Stunden, seit sie aus Trenton zurückgekehrt war, hatte Meg Edwins Unterlagen durchgesehen, einige Papiere herausgefischt und mehrere Anrufe vom Arbeitszimmer aus gemacht. Danach saß sie an Eds Schreibtisch und schrieb wie wild vor sich hin. Es erinnerte Catherine an die Zeit, als Meg noch Jura studierte. Wann immer sie zum Wochenende nach Hause kam, saß sie damals fast die ganze Zeit an diesem Schreibtisch, völlig in ihre Fallbeispiele vertieft.
    Um fünf Uhr schaute Catherine bei ihr herein. »Ich hab’
    mir überlegt, ich mache Hühnchen mit Pilzen zum Essen.
    Wie gefällt dir das?«

    »Sehr gut. Setz dich einen Moment her, Mom.«
    Catherine wählte den kleinen Lehnstuhl neben dem Schreibtisch. Ihr Blick wanderte über Edwins kastanienbraunen Ledersessel und Polsterschemel. Meg hatte ihr erzählt, daß es exakte Ebenbilder davon in Arizona gab. Früher hatte Catherine bei ihrem Anblick voller Liebe an ihren Mann gedacht, heute schienen die Originale sie zu verhöhnen.
    Meg legte die Ellenbogen auf den Tisch, faltete die Hände und stützte ihr Kinn darauf. »Ich hatte heute morgen ein interessantes Gespräch mit Pater Radzin. Er hat die Gedenkmesse für Helene

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