Das fremde Gesicht
Frühstück und später Lunch bestellte.
Er schloß dann jedesmal die Tür auf und sprang, sobald der Kellner klopfte, ins Bett und rief: »Herein!« Die Vorstellung, daß er Meghan womöglich wieder verpaßte, während der Mann mit dem Tablett herumhantierte, machte ihn rasend.
Als das Zimmermädchen klopfte und die Tür mit dem Hauptschlüssel zu öffnen versuchte, wurde sie von der Kette am Schloß aufgehalten. Er wußte, daß ihr die Sicht versperrt war.
»Kann ich eben die Handtücher auswechseln?« fragte sie.
Es war besser, wenn er sie wenigstens das tun ließ, überlegte er. Er wollte keinen Verdacht erregen.
Doch als sie an ihm vorbeiging, merkte er, daß sie ihn merkwürdig ansah, so, wie es Leute tun, die einen zu taxieren versuchen. Bernie gab sich alle Mühe, sie anzulächeln, versuchte, überzeugend zu wirken, als er sich bei ihr bedankte.
Es war Spätnachmittag, als Meghans weißer Mustang in die Einfahrt einbog. Bernie drückte seine Nase an die Fensterscheibe, um einen Blick auf sie werfen zu können, als sie den Pfad zum Haus hinaufging. Ihr Anblick machte ihn wieder froh.
Gegen halb sechs sah er, wie der Junge bei Meghans Haus abgesetzt wurde. Gäbe es diesen Bengel nicht, dann hätte Bernie sich wieder in dem Wäldchen verstecken können. Dann könnte er Meg näher sein. Er würde sie mit der Kamera aufnehmen, damit er sie bei sich haben konnte. Dann könnte er sie beobachten und mit ihr Zusammensein, wann immer er wollte. Wenn nicht dieser blöde Bengel wäre. Er haßte den Jungen.
Er dachte nicht daran, sich etwas zum Abendessen zu bestellen. Er war nicht hungrig. Endlich gegen halb elf machte sich sein Warten bezahlt. Meghan knipste das Licht in ihrem Schlafzimmer an und zog sich aus.
Sie war so schön!
Um vier Uhr am Freitag nachmittag fragte Phillip Jackie:
»Wo ist Orsini?«
»Er hatte einen Außentermin, Mr. Carter. Er hat gesagt, daß er so um halb fünf zurück ist.«
Jackie stand unschlüssig in Phillip Carters Büro herum.
Wenn Mr. Carter verärgert war, war er ein bißchen zum Fürchten. Mr. Collins war nie aus der Haut gefahren.
Aber Mr. Carter war jetzt der Boß, und gestern abend hatte Bob, ihr Mann, zu ihr gesagt, daß sie es ihm schuldig sei, ihm mitzuteilen, daß Victor Orsini nachts all die Akten durchging.
»Aber es kann doch auch Mr. Carter sein, der das macht«, hatte sie eingewendet.
»Wenn es Carter ist, wird er’s zu schätzen wissen, daß du aufpaßt. Vergiß nicht, wenn die beiden irgendwelche Auseinandersetzungen miteinander haben, dann muß Orsini gehen, nicht Carter!«
Bob hatte recht. So erklärte Jackie jetzt entschlossen:
»Mr. Carter, es geht mich ja vielleicht nichts an, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß Mr.
Orsini nachts
hierherkommt und die ganzen Akten durchschaut.«
Phillip Carter war eine kleine Ewigkeit lang sehr still, dann verhärtete sich seine Miene, und er sagte: »Danke, Jackie. Geben Sie Mr. Orsini Bescheid, er soll zu mir kommen, sobald er zurück ist.«
Ich möchte nicht in Mr. Orsinis Haut stecken, dachte sie.
Zwanzig Minuten später taten sie und Milly nicht länger so, als hörten sie nicht hin, als Phillip Carters laute Stimme durch die geschlossene Tür seines Büros drang, wo er mit Victor Orsini abrechnete.
»Ich habe Sie schon lange im Verdacht, daß Sie Downes and Rosen heimlich Aufträge zuspielen«, fuhr er ihn an.
»Wir haben hier große Probleme, und Sie wollen sich bei denen ins gemachte Nest setzen. Sie scheinen aber zu vergessen, daß Sie einen Vertrag haben, der Ihnen ausdrücklich verbietet, unsere Kundenkonten anzuzapfen.
Jetzt verschwinden Sie, und packen Sie erst gar nicht. Sie haben sich vermutlich schon reichlich bei unseren Akten bedient. Wir schicken Ihnen Ihre persönlichen Sachen nach.«
»Das war’s also, was er gemacht hat«, flüsterte Jackie.
»Das ist wirklich übel.« Weder sie noch Milly blickten auf, als Orsini an ihren Schreibtischen vorbei hinausging.
Anderenfalls aber hätten sie sehen können, daß sein Gesicht weiß vor Wut war.
Am Samstag morgen ging Catherine für den Frühstücksbetrieb zum Gasthof hinüber. Sie überprüfte ihre Post und Anrufe, unterhielt sich dann lange mit Virginia. Sie beschloß, nicht bis zur Lunchzeit zu bleiben, und kehrte um elf Uhr nach Hause zurück. Sie stellte fest, daß Meg die Akten jetzt Stück für Stück mit ins Arbeitszimmer ihres Vaters nahm und sie dort einzeln studierte.
»Im Eßzimmer ist so ein Durcheinander, daß ich mich
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